Anzeige
Anthropogeographie

Mythos Wikinger

Morden, plündern und in Brand setzen

Die Ruinen des Klosters von Lindisfarne heute © Russ Hamer / CC BY-SA 3.0

Die Schiffe tauchten vor der kleinen Insel Lindisfarne auf, als kämen sie aus dem Nichts. Fremde Krieger drängten schwer bewaffnet durch die Dünung an Land. Die Horde plünderte das Kloster des heiligen Cuthbert, tötete alle Bewohner und setzte die Gebäude in Brand.

Die Kämpfer beluden ihre Schiffe mit Beute und verschwanden ebenso schnell, wie sie kurz zuvor an die Küste Nordostenglands gekommen waren, zurück ließen sie eine Stätte der Verwüstung: Wie mit einem Paukenschlag erschienen die Wikinger mit diesem Tag erstmals auf der europäischen Bühne. Die Chronisten verzeichnen den 8. Juni 793 als ein Datum, das die christliche Welt erschütterte.

Wikinger landen auf Island © Oscar Wergeland / gemeinfrei (historisch)

Viel Beute, wenig Gegenwehr

Das brutale Ende der Mönche von Lindisfarne sollte kein Einzelfall bleiben. In den drei Jahrhunderten danach – der „Wikingerzeit“ – mussten die Bewohner der europäischen Küstenregionen mit der Gewissheit leben lernen, dass nichts und niemand vor den mordenden, plündernden und brandschatzenden Kriegern sicher war. Selbst große und befestigte Städte wie London, Köln, Paris, Cadiz und Pisa suchten die Wikinger heim. Doch überfielen sie bevorzugt kleinere Siedlungen und Klöster – Ziele, bei denen sie mit guter Beute und wenig Gegenwehr rechnen konnten.

Als Wikinger gelten heute meist alle Vorfahren der Skandinavier, obwohl zu jener Zeit – wie der Name wohl auch andeutet – nur „Seekrieger“ so genannt wurden. Das waren jene Nordmänner, die in ihren schnellen und extrem wendigen Drachenbooten auf Raubzug gingen.

Mit ihren Stammesgenossen und der restlichen Bevölkerung Skandinaviens verband sie weder die Lebensweise noch ein geeintes Reich, jedoch eine gemeinsame Sprache, die Runenschrift und der Glaube an Odin, Thor und den Rest der nordischen Götterschar.

Anzeige
Wikinger-Symbol © Shadowgate / CC-by-sa 2.0

Vom Schreckensbild zum Mythos

Das Schreckensbild des waffenstarrenden Wikingers muss sich tief in das kollektive Gedächtnis eingebrannt haben. Es ist noch heute lebendig, hat in der Zwischenzeit aber eine Romantisierung erlebt. Der Wikinger gilt nun vielfach als ehrbewusster und tapferer Kämpfer – und ist populärer denn je.

Kein Wunder also, dass die Lebensweise der meisten frühen Skandinavier darüber leicht in Vergessenheit gerät. Dabei erwiesen sich diese Menschen angesichts ihrer kargen Heimat als wahre Realisten: Not machte auch in der Wikingerzeit erfinderisch.

  1. zurück
  2. 1
  3. |
  4. 2
  5. |
  6. 3
  7. |
  8. 4
  9. |
  10. 5
  11. |
  12. weiter


Stand: 08.03.2012

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die zivilen Verwandten der Seekrieger
Ein echter Knochenjob

Mythos Wikinger
Morden, plündern und in Brand setzen

Händler statt Seekrieger
Die Wikinger-Siedlung Haithabu in Schleswig

Forschungszweig Archäometrie
Dem Leben der Siedler auf der Spur

Ein neues Image für die Wikinger
Wissenschaftler enträtseln Haithabu und seine Umgebung

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Wikinger nutzten transparentes Mineral als Sonnenkompass
Doppelspat ermöglicht gradgenaue Bestimmung des Sonnenstands selbst bei Dämmerung

Klima vertrieb Wikinger früher aus Grönland
Wissenschaftler entdecken Hinweise auf lokale Kältewelle noch vor der „kleinen Eiszeit“

Dossiers zum Thema

Rungholt - Rätsel um das Atlantis der Nordsee

Indianer - Riten, Mythen und Rätsel einer geheimnisvollen Kultur