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Botanik

Mythen um Misteln

Medizinprodukt der Vergangenheit

Misteln faszinieren die Menschen schon seit Langem: Über kaum eine andere bei uns heimische Pflanze gibt es weltweit so viele Mythen und Sagen.

Sagen um die Wunderpflanze

Mistelzweige stehen in der Mythologie beispielsweise für den Sieg des Lebens über den Tod. In den nordischen Göttersagen galt der Mistelzweig als die heilige Pflanze der Liebesgöttin Frigga. Die Mistel soll zunächst für den Tod ihres Sohnes Balder verantwortlich gewesen sein. Daraufhin sollen die Tränen der trauernden Frigga in die weißen Beeren des Mistelzweiges gedrungen sein, wodurch die Göttin angeblich ihren Sohn von den Toten zurückholen konnte.

Zur Freude darüber küsste sie jeden, der unter Misteln entlang ging und die Misteln versprachen ihr, dass sie niemandem mehr schaden, sondern verliebten Paaren die Liebe verschönern würden – woran bis heute vor allem zu Weihnachten mit einem Kuss unter einem Mistelzweig gedacht wird.

Im Zaubertrank verwendet

Die antiken Germanen hielten die hoch oben in den Bäumen wachsenden Misteln für heilig, weil sie glaubten, sie seien vom Himmel gefallen. Sie schnitten die Mistelzweige so beispielsweise als Glücksbringer zur Wintersonnenwende. Manche hingen sie als „Hexenbesen“ an ihre Häuser – zum Schutz vor bösen Geistern und Feuer.

Die keltischen Druiden sollen die Misteln hingegen für ihre Zaubertränke genutzt haben. Darin galt die Mistel als Allheilmittel und sollte einen mutig und unbesiegbar sowie immun gegen Gifte machen – jedoch nur, wenn die Mistelzweige mit einer goldenen Sichel vom Baum geerntet wurden und dabei nicht auf den Boden fielen. Dieser Glaube wurde später auch in die beliebte Comicreihe um Asterix und Obelix aufgenommen.

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In der Antike glaubte man außerdem, dass man unsichtbar wird, wenn man einen Mistelzweig um den Hals trägt. Anderen Überlieferungen nach sollen Mistelzweige unterm Kopfkissen auch prophetische Träume ermöglichen. Räucherungen mit Mistel sollten zudem gegen Unglück jeder Art helfen.

Als Arznei bekannt

Bald wurde aus der Zauberpflanze aber ein Arzneimittel: Als einer der ersten Mediziner im Altertum nutzte der griechische Arzt Hippokrates die Mistel gezielt als Medikament für bestimmte Erkrankungen. Er empfahl sie unter anderem gegen eine damals als „Milzsucht“ bezeichnete Krankheit, bei der eine Erkrankung der Milz zu schlechter Laune führen sollte. Nach heutigem Wissen handelte es sich bei diesem Krankheitsbild um eine psychische Erkrankung.

Die Idee, die Mistel als Heilmittel zu benutzen, tauchte auch im Mittelalter wieder auf. Dort wurde sie zunächst vor allem Tierfutter untergemischt, weil sie die Gesundheit des Viehs fördern, Kraft liefern und unter anderem die Milchqualität von Rindern steigern sollte.

Mistelabbildung
Diese Abbildung der Mistel stammt von dem deutschen Arzt Hieronymus Bock aus seinem Kräuterbuch aus dem 16. Jahrhundert. ©Hieronymus Bock. Kreuterbuch/historisch

Aber auch beim Menschen sollte sie eine positive Wirkung erzielen. Zum Beispiel wendete die Heilkundlerin Hildegard von Bingen Misteln als Heilkraut in einem Trank gegen erfrorene Gliedmaßen oder zum Blutstillen an. Und als Pflanze, die hoch oben wächst und niemals zu Boden fällt, sollte sie damals gegen Epilepsie, die Fallsucht, oder Schwindelanfälle helfen. Der deutsche Arzt Hieronymus Bock hielt die Mistel zudem im 16. Jahrhundert für wirksam gegen Geschwülste.

Und auch im 19. Jahrhundert behielt das immergrüne Gewächs seinen guten Ruf: In einigen Teilen Deutschlands wurde die Mistel als Allheilmittel unter anderem gegen Epilepsie, Brustenge sowie Fruchtbarkeits- und Geburtsstörungen angewandt. Zudem nutzte beispielsweise der Pfarrer Sebastian Kneipp Misteln zur Blutstillung – so, wie es bereits einige Jahrhunderte vorher gemacht wurde.

Außerdem trugen manche Mediziner entweder die Mistelbeeren selbst oder nur den klebrige Schleim der Mistelsamen äußerlich als Pflaster bei leichten Verbrennungen, Erfrierungen oder etwa Entzündungen auf die Haut auf. Der Schleim galt nicht nur als heilend, sondern auch als sehr hautfreundlich.

Und die Idee, die Mistel als Heilmittel zu verwenden, ist bis heute geblieben…

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Misteln
Raffinierter Parasit und traditionsreiche Heilpflanze

Leben auf dem Baum
Entstehung und Verbreitung von Misteln

Halbschmarotzer Mistel
Misteln als „grüner Mitesser"

Folgen zunehmendes Mistelbefalls
Wie Misteln ihrem Wirt zum Feind werden

Mythen um Misteln
Medizinprodukt der Vergangenheit

Misteln als Heilmittel?
Heutige Anwendung des immergrünen Gewächses

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