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Medizin/Genetik

Mutation oder Infektion?

Seltene Erkrankungen haben verschiedene Ursachen

Die Symptome von seltenen Erkrankungen treten meist schon kurz nach der Geburt auf, da 80 Prozent dieser Leiden genetisch bedingt sind. Häufig sind sie damit chronisch und halten ein Leben lang an. Manche können sogar lebensbedrohlich sein. Doch die Gene sind nicht immer verantwortlich. In einigen Fällen werden die seltenen Krankheiten auch durch Infektionen beispielsweise mit Viren ausgelöst.

DNA-Sequenzierung
Wissenschaftler untersuchen das Genom eines Patienten auf der Suche nach der Ursache seiner Krankheit. © nicolas / iStock.com

Genetische Mutationen

Die meisten Ursachen seltener Erkrankungen lassen sich auf nur ein einziges Gen im Erbgut zurückführen. Oft wurde in diesem Gen nur eine der DNA-Basen durch eine sogenannte Punktmutation gelöscht oder ausgetauscht. In manchen Fällen wird sogar eine Base hinzugefügt. Eine einzige solche Basen-Veränderung kann jedoch schon bewirken, dass der Bauplan für ein Protein fehlerhaft wird. Dies hat zur Folge, dass das Protein entweder gar nicht mehr oder in defekter Form produziert wird und das kann weitreichende Auswirkungen im Körper haben.

Ein Beispiel dafür ist die Muskeldystrophie des Typs Duchenne, an der etwa eine von 3.500 Personen leidet. Bei den Erkrankten ist der Abschnitt auf der DNA, der für das Muskelstrukturprotein Dystrophin codiert, von einer Basenmutation betroffen. Diese Mutation sorgt für eine Verschiebung des Leserasters, so dass der Bauplan für das Dystrophin-Protein nicht richtig abgelesen wird, was schlussendlich zum kompletten Verlust des Muskelproteins führt. Die Skelett- und Herzmuskulatur der Betroffenen bildet sich dadurch schon im Kindesalter stark zurück, was die Lebenserwartung deutlich verkürzt.

Typische Infektionserreger

Es kommt zwar nicht so häufig vor, doch auch nach Infektionen mit Erregern können Krankheiten entstehen, die zu den seltenen zählen. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Tollwut: Bei dieser einst häufigen viralen Zoonose, wird beispielsweise nach dem Biss eines infizierten Hundes ein Virus auf den Menschen übertragen. Dieser löst eine Gehirnentzündung aus, die meist tödlich verläuft. Weil heute nach solchen Bissen prophylaktisch ein passiver Impfstoff verabreicht wird, ist die Tollwut inzwischen rar geworden.

Bakterien
Auch bakterielle Infektionserreger können seltene Krankheiten auslösen. © Jezperklauzen / Getty images

Eine weitere seltene Erkrankung ist der Botulismus, an dem Menschen nach einer Infektion mit dem Bakterium Clostridium botulinum erkranken. Die Sporen dieses Bakteriums werden hauptsächlich über verunreinigte Lebensmittel wie verdorbene Konserven oder verunreinigtem Honig aufgenommen und können das starke Nervengift Botulinumtoxin freisetzen. Dieses hemmt im Menschen den Neurotransmitter Acetylcholin und blockiert damit die Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln. Ohne eine Behandlung mit Gegengift führt der Botulismus in 90 Prozent der Fälle zum Tod. Bei einer schwachen Vergiftung ist die Diagnose aufgrund der vielen scheinbar zusammenhanglosen Symptomen hingegen oft schwierig.

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Umwelt als ungewöhnlicher Auslöser

Im Laufe ihres Lebens stoßen Menschen nicht nur auf eine Vielzahl von Infektionserregern, sondern auch auf natürlich vorkommende oder industrielle Substanzen, die eine seltene Erkrankung auslösen können. Dazu gehören beispielsweise faserartige Minerale, besser bekannt als Asbest. Wenn die mikroskopisch kleinen Asbestfasern eingeatmet werden, können sie Mesotheliome auslösen. Diese seltene Krebsart ist schwer behandelbar und tritt inzwischen nur noch bei etwa ein bis 30 Personen von einer Millionen auf.

Auch eine Quecksilber-Vergiftung zählt heute zu den „Orphan diseases“. Nach einer Aufnahme von Quecksilber über die Lunge oder den Magen kann dies in die Blutlaufbahn gelangen und auch die Blut-Hirn-Schranke überwinden, welche normalerweise das Gehirn vor Krankheitserregern und Toxinen aus der Blutbahn schützt. Das Quecksilber-Molekül kann Proteine zerstören, indem es Bindungen aufspaltet, die für den Aufbau und die Funktion der Proteine essentiell sind. Damit können wichtige Funktionen in der Zelle nicht mehr ausgeführt werden, wobei vor allem Nervenzellen betroffen sind.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Seltene Erkrankungen
Massenphänomen und trotzdem unbekannt

Selten und doch ein Massenphänomen
Der lange Weg zur Diagnose

Mutation oder Infektion?
Seltene Erkrankungen haben verschiedene Ursachen

Die seltensten unter den Seltenen
Vom Steinmann-Syndrom bis zur Progerie

Selten… und dennoch bekannt
Einige seltene Krankheiten erlangen weltweite Bekanntheit

Gentherapien für Orphan Diseases
Wie können seltene Erkrankungen behandelt werden?

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