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Technik

Mit Klebeband und Küchenmixer

Wie sich Graphen herstellen lässt

Geims Klebebandmethode ist noch immer eine weit verbreitete Quelle für Graphen-Proben zu Forschungszwecken – sie erfordert schließlich keinerlei schweres Laborgerät. Die Qualität der damit erhaltenen Graphenproben ist jeder anderen Methode überlegen, andere Techniken erzeugen eine höhere Menge von Fehlstellen im Graphengitter. Für die industrielle Produktion ist diese Technik jedoch viel zu langwierig. Außerdem sind die damit erhaltenen Graphenstückchen für die meisten Anwendungen viel zu klein – einen ganzen Touchscreen damit zu pflastern wäre viel zu aufwändig.

Schichten abblättern oder aufbauen?

Die Methode, einzelne Schichten vom Graphit abzublättern um Graphen zu erhalten, bezeichnet man als Exfoliation. Dies kann auf mechanischem Weg geschehen wie mit Klebeband, lässt sich aber auch chemisch bewerkstelligen. Bei bestimmten Reaktionen schieben sich andere Atome zwischen die Kohlenstoffschichten und lösen sie so voneinander ab. Verwendet man Sauerstoff, so erhält man zunächst eine Lage Graphen-Oxid. Dieses muss anschließend wieder ebenfalls auf chemischem Weg in Graphen zurückverwandelt werden.

Rastertunnelmikroskopie von Graphen auf Siliziumkarbid. Der Fleck in der Mitte ist eine Fehlstelle im Gitter des Nanomaterials. © Nathan Guisinger, Argonne National Laboratory / (CC BY-NC-SA 2.0)

Den entgegengesetzten Weg geht die sogenannte Gasphasenabscheidung: Anstatt einzelne Graphenlagen aus dem Graphit zu gewinnen, wird bei dieser Methode eine dünne Schicht von Vorläufer-Molekülen auf eine Trägersubstanz aufgedampft. Dort verbinden sie sich miteinander und bilden das Graphen. Vorteil dieser „Bottom-Up“-Methode: Die Form der Graphenschicht kann gezhielter beeinflusst werden.

Verschiedene elektronische Bauteile aus anderen Materialien wie Siliziumcarbid, aber auch Kohlenstoff-Nanoröhrchen und Industriediamanten lassen sich mit dieser Technik bereits heute herstellen. Graphen, etwa für Anwendungen wie die bereits erwähnten Touchscreens, ließe sich so ebenfalls in ausreichender Qualität produzieren. Die größten so bislang produzierten Graphen-Blätter haben eine Breite von bis zu 70 Zentimetern.

Allerdings ist für diese Herstellungsmethode des Graphens eine Kupferfolie oder ein ähnliches Metall als Träger notwendig. Solang das Graphen auf einer Metallfläche weiter verwendet werden soll, ist das kein Problem. Das dünne Nano-Kohlenstoffgitter auf eine Glas- oder Kunststoffplatte zu übertragen oder gar eine pure Membran aus dem Material zu erhalten, ist dagegen schon deutlich schwieriger – bislang zu schwierig für die Massenproduktion.

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Graphenherstellung im Mixer: Laborgerät (links) und Industriemixer (rechts) © CRANN

Graphenflocken aus dem Küchenmixer

Eine mögliche Lösung für dieses Problem ist fast schon lächerlich einfach und folgt wiederum der mechanischen Exfoliation: Der irische Wissenschaftler Jonathan Coleman und seine Kollegen stellten fest, dass sich Graphen mit einem normalen elektrischen Mixer auch im großen Maßstab herstellen lässt. Zusammen mit einem geeigneten Lösungsmittel, aber auch schon mit einfachem Spülmittel, lässt sich Graphit im Mixer in Einzelschichten aufspalten. Die Forscher waren selbst überrascht, dass die einzelnen Schichten sich eher voneinander lösen, als durch die Scherkräfte zertrümmert zu werden – die Härte des Graphens macht es möglich.

Bedeutend ist, dass diese Produktion in praktisch jeder Größenordnung funktioniert, vom Küchenmixer bis hin zu großen Industriemaschinen. Die so erhaltenen Graphenflocken sind zwar, wie bei der Klebebandmethode, sehr klein. Coleman und Kollegen zeigten jedoch, dass sie als Ausgangsstoff für Transistoren und Verbundmaterialien hervorragend geeignet sind.

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Ansgar Kretschmer
Stand: 16.05.2014

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Inhalt des Dossiers

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