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Physik

Meilensteine der Kälteforschung

Vom ersten Thermometer zum Fermionen-Kondensat

1654

Ferdinand II. Medici, Großherzog der Toskana entwickelt das erste versiegelte Glasthermometer. Gefüllt ist das zugeschmolzene Messrohr mit destilliertem Alkohol.

1665

Der englische Forscher Robert Boyle führt hunderte von Experimenten zur Kälte durch und veröffentlicht 1665 seine Schrift „New Experiments and Observations touching Cold“ – die erste umfangreiche Abhandlung zum Thema.

1703

Der französische Physiker Guillaume Amontons untersucht das Verhältnis von Druck, Temperatur und Volumen und verbindet die drei Parameter in einer Gleichung. Aus dieser geht hervor, dass es theoretisch einen Punkt gibt, an dem eine absolute Abwesenheit von Wärme herrscht. Er ist das, was wir heute als absoluten Nullpunkt bezeichnen.

1724

Der polnisch-holländische Physiker Daniel Fahrenheit erfindet die nach ihm benannte Temperaturskala. Sie basiert auf drei Fixpunkten: der Temperatur einer Mischung aus Wasser, Eis und Salz (Null Fahrenheit), dem Gefrierpunkt des Wassers (32 F) und der Temperatur im Inneren des menschlichen Mundes (96 F).

1741

Der schwedische Astronom Anders Celsius entwickelt die heute nach ihm benannte Temperaturskala und teilt den Temperaturbereich zwischen dem Gefrier- und Siedepunkt des Wassers in hundert Grade ein.

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1810

Der schottische Physiker Sir John Leslie erzeugt zum ersten Mal künstlich Wassereis. Er senkt mit Hilfe einer Pumpe den Luftdruck in einem geschlossenen Gefäß mit Wasser, dadurch sinkt die Temperatur im Gefäß und es bildet sich Eis an der Wasseroberfläche.

1848

Der Brite William Thomson, später als Lord Kelvin geadelt, entwickelt die heute nach ihm benannte absolute Temperaturskala. Sie beginnt mit dem nur theoretisch ermittelten absoluten Nullpunkt.

1906

Der deutsche Chemiker Walter Nernst postuliert das Nernstsche Wärmetheorem, heute das dritte Gesetz der Thermodynamik. Nach diesem kann der absolute Nullpunkt, 0 Kelvin, niemals vollends erreicht werden.

1925

Albert Einstein und der indische Physiker Satyendra Bose prognostizieren, dass Materie nahe dem absoluten Nullpunkt einen speziellen Zustand einnehmen kann, bei den sich die Atome wie ein Superatom verhalten. Dieser neue Materiezustand wird heute nach den beiden Entdeckern als Bose-Einstein-Kondensat bezeichnet.

1941

Der sowjetische Physiker Lew Landau entwickelt die Theorie der Suprafluidität, die erklärt, wie Helium bei ultrakalten Temperaturen einen reibungslosen Zustand einnehmen kann. Landau erhält für seine Theorien zum flüssigen Helium den Physiknobelpreis des Jahres 1962.

1951

Der Physiker Heinz London erfindet ein Kühlverfahren, mit dem sich Temperaturen unterhalb von einem Kelvin erreichen lassen. Durch die Mischung der beiden Heliumisotope Helium-3 und Helium-4 wird dem System Wärme entzogen. Diese Methode ist noch heute eine der gängigsten in den Labors der Festkörperphysik oder Nanoforschung.

1985

Die Physiker Steven Chu, William Phillips und Claude Cohen-Tannoudji entwickeln die Methode der Laserkühlung, bei der Atome mit Hilfe von Laserlicht eingefangen und bis in den Mikrokelvin-Bereich heruntergekühlt werden. Die senkrecht aufeinander stehenden Laserstrahlen wirken wie eine zähe Flüssigkeit und bremsen die Bewegung der Atome ab. Dadurch sinkt auch die Temperatur des Gases. Die Forscher erhalten dafür 1997 den Physik-Nobelpreis.

1995

Die amerikanischen Physiker Carl Wieman und Eric Cornell erreichen erstmals eine Temperatur von 20 Nanokelvin. Mit ihrer Kombination aus Verdampfungs- und Laserkühlung gelingt ihnen dabei erstmals der experimentelle Nachweis eines Bose-Einstein-Kondensats. Wenige Woche später erzeugt auch der deutsche Physiker Wolfgang Ketterle ein Bose-Einstein-Kondensat. Alle drei erhalten dafür 2001 den Nobelpreis.

1998

Die amerikanischen Physiker Daniel Kleppner und Thomas Creytak erzeugen erstmals ein Bose-Einstein-Kondensat aus Wasserstoffatomen bei einer Temperatur von 40 Mikrokelvin. Mit 100 Millionen Atomen Größe ist dies das größte bisher realisierte.

1999

Die finnischen Physiker Juha Tuorniemi und seine Kollegen erreichen erstmals eine Temperatur von nur 100 Pikokelvin, dies entspricht gerade einmal einem Zehnmillardstel Kelvin über dem absoluten Nullpunkt. Als Verfahren nutzen sie die magnetische Manipulation der Kernmomente von Rhodium-Atomen.

2003

Der amerikanischen Physikerin Deborah Jin gelingt es erstmals, in einer Wolke von 500.000 Kalium-40-Atomen eine neue Form der Materie zu erzeugen, das so genannte Fermionen-Kondensat. Es ist neben Festkörpern, Flüssigkeiten, Gasen, Plasma und Bose-Einstein-Kondensaten der sechste heute bekannte Zustand der Materie.

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Nadja Podbregar
Stand: 29.10.2010

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wettlauf zum Nullpunkt
Annäherungsversuche an die absolute Kälte

Die tiefste Temperatur im Universum
Auf der Suche nach der absoluten Kälte

Kräftemessen im Kältelabor
Der Wettstreit von Dewar und Onnes

Kriechendes Helium und supraleitendes Quecksilber
Entdeckungen im Reich der Tiefsttemperaturen

Im Reich der Tieftemperaturmaschinen
Moderne Verfahren der Extrem-Kühlung

„Schockgefrieren“ von Atomkernen
Wie geht es weiter?

Meilensteine der Kälteforschung
Vom ersten Thermometer zum Fermionen-Kondensat

Diaschauen zum Thema

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