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Geologie/physische Geographie

Mehr als nur die Höhe

Der Versuch einer Typologie

Fast die Hälfte der kontinentalen Erdoberfläche ist höher als 500 Meter und immerhin 25 Prozent liegen mehr als 1.000 Meter über dem Meeresspiegel. Doch was genau unterscheidet eigentlich ein Hügelland von einem Hochgebirge? Möglicherweise die genannte absolute Höhe oder doch der relative Höhenunterschied? Typologien der Gebirge und Hügellandlandschaften wurden bereits häufig aufgestellt und doch ebenso häufig wieder verworfen.

Kopernikus hieß früher GMES (Global Monitoring for Environment and Security) © ESA

Denn die Tücke steckt wie so oft im Detail. Nach wie vor erfolgt die gängigste Einteilung über den Höhenunterschied zwischen Gebirgsfuß und höchstem Gipfel, die so genannte Reliefenergie. Demnach haben Hügelländer einen Reliefunterschied von maximal 200 Metern, Mittelgebirge hingegen bis zu 1.000 Metern. Erst ab einem Reliefunterschied von über 1.000 Metern wird ein Gebirge auch tatsächlich als „Hoch“gebirge bezeichnet.

Wer würde allerdings das über 5.000 Metern hohe Hochland von Tibet als Mittelgebirge bezeichnen? Denn das Plateau weist zwar alle klimatischen Merkmale eines Hochgebirges auf, doch sind Höhenunterschiede über 1.000 Meter eher die Ausnahme. Und nur wenige der aus dem Hochland aufragenden Berge könnten demnach als „echte“ Hochgebirgsgipfel bezeichnet werden. Wissenschaftler ziehen daher noch andere Merkmale zur Gliederung von Gebirgstypen hinzu, die Landschaftszonen.

Typischerweise sollte ein Hochgebirge im Gegensatz zu den Mittelgebirgen mindestens aus zwei Landschaftszonen bestehen. Prinzipiell kein Problem, denn in der Regel liegen diese nirgendwo so eng beieinander wie im Gebirge. Doch wären nach dieser Definition auch der Schwarzwald oder das Erzgebirge schon längst keine Mittelgebirge mehr. Sie durchstoßen ebenso wie der Harz die Waldgrenze – und zählen demnach eigentlich zu den Hochgebirgen. Hingegen ragt das Vinson Massiv in der Antarktis mehr als 1.500 Meter aus dem Inlandeis heraus, durchstößt allerdings nicht die Gletscherhöhenstufe und wäre demnach trotz seiner Gesamthöhe von fast 5.000 Metern kein Hochgebirge.

Was zeichnet also ein Hochgebirge sonst noch aus? Hangneigungen von über 30°, Auftreten von Wald- und Scheegrenze sowie Vergletscherungen und Bodenfließen, die so genannte Solifluktion. Doch auch hier wiederum keine Regel ohne Ausnahme. Denn die in ihrem Ursprung vom Wissenschaftspionier Carl Troll aufgestellten Kriterien beziehen sich fast ausschließlich auf humide Gebirge. Der Pamir, das Tibesti-Gebirge oder Teile des Karakorum werden hiervon nur unzureichend erfasst.

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Ist eine Gliederung der Gebirge also nur Haarspalterei oder doch ernsthafte Wissenschaft? Keineswegs, denn sicherlich können Wissenschaftler eine regionale Typologie der Gebirge unter Berücksichtigung von Höhe, Höhenunterschied, klimatischen Besonderheiten und Hangneigungen erstellen. Doch eine weltumspannende Einteilung in Hochgebirge, Mittelgebirge oder Hügellandschaft ist aufgrund der unterschiedlichen klimatischen und morphologischen Bedingungen nahezu unmöglich.

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Stand: 26.11.2004

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Gebirgsbildung
Wenn Berge in den Himmel wachsen

Ein geologischer Unfall
Kollision der Kontinente

Himalaja auf der Streckbank
Ein Faltengebirge sorgt für Aufregung

Zerbrechliche Giganten
Alte Berge neu verworfen

Feuriges Erwachen
Vulkanische Gebirge

Nur die Spitze des Eisberges
Gebirge unter Wasser

Falten, Sättel und Klüfte
Im Inneren der Kolosse

Sprechende Steine
Vom Alter der Gebirge

Gipfel am Boden zerstört
Nichts ist für die Ewigkeit

Mehr als nur die Höhe
Der Versuch einer Typologie

Gipfelstürmer
Die höchsten Berge der Kontinente

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