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Botanik

Licht und Schatten

Die Produktionsschritte in der grünen Fabrik

Die Fotosynthese ist ein enorm komplexer Prozess aus vielen kleinen Arbeitsschritten und Kreisläufen von Haupt- und Nebenreaktionen. Sie lässt sich aber in zwei Hauptschritte unterteilen: die Lichtreaktion und die Dunkelreaktion.

Wasser spalten durch Licht

Der erste Hauptschritt ist die Lichtreaktion oder lichtabhängige Reaktion. Sie findet an der Thylakoid-Membran im Inneren der Chloroplasten statt. Dort bildet der Lichtsammelkomplex zusammen mit anderen Proteinen eine Art biologische Maschine, die als Photosystem II bezeichnet wird, oder kurz PS II. Diese Maschine greift sich Wassermoleküle und nutzt die Energie des Lichtsammelkomplexes, um sie zu spalten. Dabei produziert sie Sauerstoff-Moleküle, welche die Pflanze als „Abgas“ entlässt, sowie positiv geladene Wasserstoff-Ionen, also Protonen, die im Inneren des Thylakoids gesammelt werden.

Zudem werden bei der Wasserspaltung Elektronen frei, die sich in einem energetisch angeregten Zustand befinden. Ihre Energie nutzt die Pflanze, um weitere Reaktionen der Lichtreaktion in Gang zu setzen, die an anderen Orten auf der Thylakoid-Membran ablaufen. Über spezielle „Vehikel“ werden die Elektronen an die entsprechenden Stationen weitergereicht, wo sie jeweils ein bisschen von ihrer Energie abgeben.

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Ein Generator zur Energiespeicherung

An einer Station pumpt die Pflanze beispielsweise mit Hilfe der Elektronen weitere Protonen ins Innere des Thylakoids. Zusammen mit den Protonen, die durch die Wasserspaltung am PS II entstanden sind, lädt sich der Innenraum des Thylakoids positiv auf, ähnlich wie der Pluspol einer Batterie. Dadurch baut sich eine Art Druck auf, der die Protonen nach außen streben lässt. Doch durch die Membran kommen sie nicht hindurch. Der einzige Ausweg für sie ist ein spezieller Tunnel: das Enzym ATP-Synthase.

Die ATP-Synthase ist aber kein einfacher Tunnel, sondern vielmehr der „Generator“ der Zelle. Sie entlässt die Protonen einzeln aus dem positiv geladenen Thylakoid – doch nicht umsonst: Auf dem Weg nach draußen nimmt sie jedem Proton ein wenig Energie als „Gebühr“ ab. Dies geschieht, indem sie ihren Rotor-ähnlichen Kopf mit jedem durchgelassenen Proton ein Stückchen dreht. Die Energie der Protonen wird so als mechanische Spannung zwischengespeichert, ähnlich wie bei einem Aufziehspielzeug. Regelmäßig verwendet der Mini-Generator diese Energie zur Herstellung von biologisch verwertbaren Energieeinheiten, sogenanntem Adenosintriphosphat, kurz ATP.

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Pflanzen wandeln Lichtenergie in die biologischen ATP-Energieeinheiten um. Diese können diverse biochemische Prozesse antreiben. © gemeinfrei

Die Energiewährung der Zellen

ATP ist sozusagen der Biokraftstoff in den Zellen aller Lebewesen und kann besonders leicht von ihnen verarbeitet werden. Das lebenswichtige Molekül hat an einem Ende drei Phosphatgruppen. Durch Abspalten einer dieser Gruppen wird Energie frei, die Zellen für diverse Aufgaben benötigen. Mit nur noch zwei Phosphatgruppen wird das Molekül als Adenosindiphosphat, ADP, bezeichnet.

Das energieärmere ADP ist aber kein Abfall. Durch den „Generator“ ATP-Synthase kann es unter Energieaufwand mit einem Phosphor-Baustein wieder zu ATP recycelt werden. Bei Menschen und Tieren rührt die dafür benötigte Energie aus der Zellatmung. Bei Pflanzen wird hingegen die Energie aus dem Sonnenlicht genutzt und über mehrere Schritte innerhalb der Lichtreaktion für die ATP-Synthese nutzbar gemacht.

Das Finale der Lichtreaktion

ATP ist nicht die einzige Energiewährung, die im Laufe der Lichtreaktion hergestellt wird. Auf einer der letzten Stationen gelangen die Elektronen aus der Wasserspaltung zum Photosystem I (PS I) Dies ist eine weitere biologischen Maschine, die wie PS II mit Lichtenergie, aber auch mit den freigesetzten Elektronen, betrieben wird.

Mit Hilfe des Proteinkomplexes PS I wird das Molekül NADPH hergestellt, welches eine ähnlich wichtige Rolle in biologischen Prozessen hat wie ATP. Bei seiner Synthese nimmt es die Elektronen auf, die zu Beginn der Lichtreaktion am PS II freigesetzt wurden. Es kann diese Elektronen besonders leicht wieder abgeben und so chemische Reaktionen ermöglichen.

Damit ist der erste Hauptschritt, die Lichtreaktion, abgeschlossen. Aus Wasser und Lichtenergie hat die Pflanze energiereiche ATP-Einheiten und elektronenspendende NADPH-Moleküle produziert, sowie Sauerstoff als „Abgas“. Der entscheidende Schritt, die Zuckerherstellung, erfolgt in der Dunkelreaktion.

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Christian Lüttmann
Stand: 28.04.2017

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Lichtwandler
Wie Pflanzen durch Fotosynthese das Leben auf der Erde ermöglichen

Grüne Pioniere
Die Entstehung der ersten Pflanzen

Die Wurzel des Lebens
Pflanzen als Ernährer des Planeten

Die Zutaten der Fotosynthese
Wie Pflanzen Licht für die Zuckerproduktion sammeln

Licht und Schatten
Die Produktionsschritte in der grünen Fabrik

Endlich: Zucker
Die Dunkelreaktion ist das Finale der Fotosynthese

Der Natur auf der Spur
Die Herausforderung der künstlichen Fotosynthese

Frankensteins Pflanze
Künstliche Dunkelreaktion als Klimaretter?

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