Mit dem wachsenden Angebot von kostenlosen Satellitenbildern im Internet ist eine Diskussion um die Grenzen der freien Verfügbarkeit detaillierter geographischer Informationen entstanden. Vor allem Regierungs-Einrichtungen, militärische Stützpunkte oder strategisch wichtige Objekte gelten als gefährdete Ziele für mögliche Übergriffe.
Sollen die Dachaufbauten des Weißen Hauses auf Luftbildern wirklich deutlich erkennbar sein? Ist es legitim, Luftwaffenstützpunkte und Landebahnen detailgetreu zu zeigen? Kann man es verantworten, Kernkraftwerke oder Sprengstofffabriken für jeden Interessierten auffindbar zu machen?
Kaum strategischer Nutzen
Alle diese strategischen Objekte können in traditionellen topographischen Karten entschärft dargestellt oder kurzerhand weggelassen werden, nur im Interesse des Staates versteht sich. Doch infolge der fotografischen Landesaufnahme und der weltweiten Verbreitung der Daten lassen sie sich nun lokalisieren und werden teilweise detailliert abgebildet.
Unter Sicherheitsexperten gilt der strategische Nutzen der von Google und Microsoft verwendeten Luftbilder als nicht besonders groß. Die Aufnahmen in allen Programmen sind bereits mehrere Jahre alt. Bauliche Veränderungen aus den letzten Jahren sind in den Satellitendaten nicht berücksichtigt. Beweise dafür, dass die neuen Programme zu kriminellen Zwecken herangezogen wurden, gibt es bisher nicht.
Satellitendaten manipuliert?
Doch während den einen die Details der durch Google oder Microsoft angebotenen Luftbilder bereits zu weit gehen, weil sie Missbrauch fürchten, sehen andere Nutzer die Gefahr bei den Anbietern der Dienste selbst und mutmaßen bereits über eine Zensur der kostenlosen Geo-Daten.
Tatsächlich finden sich Beispiele, die eine bewusste Verfälschung der Satellitenbilder oder zumindest die Verschleierung von Informationen vermuten lassen. Google versichert, seine Bilddaten nicht zu manipulieren. Möglicherweise wurden die Satelliten- und Luftbilder also schon durch die Urheber bearbeitet. Sowohl Google als auch Microsoft kaufen die Daten bei verschiedenen Anbietern wie dem USGS, der NASA oder privaten Unternehmen.
Pixel und Bildrauschen – aber warum?
So ist beispielsweise das US Naval Observatory in Washington, eine Einrichtung der US-Navy, die eng mit dem Verteidigungsministerium zusammenarbeitet, in allen Programmen bzw. Webanwendungen von Google und Microsoft verfremdet. Dass das zugrunde liegende Satellitenbild zufällig verpixelt wurde, ist unwahrscheinlich. Kurios: Auf der Homepage der US-Behörde selbst findet sich ebenfalls ein Luftbild des Areals – hochaufgelöst und unverpixelt.
Ähnlich merkwürdig ist die Abbildung des Perry-Kernkraftwerks in Cleveland am Südufer des Eriesees in den USA. Das entsprechende Luftbild in Google Earth ist an der Stelle des Kraftwerks mit einem Weichzeichner unscharf gemacht worden. In Google Maps und World Wind dagegen ist das Kraftwerk mit seinen zwei Kühltürmen deutlich zu erkennen, Windows Live Local bietet sogar ein
Luftbild in Schrägansicht, auf dem einzelne Menschen zu erkennen sind.Neben solchen Fällen finden sich auf den Satelliten- und Luftbildern immer wieder unscharfe Regionen oder schwarze Balken, die im Internet als mögliche Areale für dubiose Machenschaften verschiedener Regierungen gehandelt werden. Oft sind dies Artefakte, die beim Komprimieren der Bilddateien entstehen, oder „Löcher“ im Datensatz, das heißt, für die entsprechende Stelle liegt kein Satellitenbild vor. Die bewusste Manipulation der Satellitenbilder ist vermutlich wirklich eher die Ausnahme.
Stand: 13.01.2006