Anzeige
Geologie/physische Geographie

Kohlendioxid ist der Schlüssel

Gründe für den "lake overturn"

Die Chemie des Seewassers und der Sedimente, die einheitlich niedrige Temperatur des Sees und das Fehlen von neuen Aschepartikeln und Lavafetzen in und um das Gewässer sprechen letztlich dafür, dass ein Vulkanausbruch als Ursache für die Katastrophe am Lake Monoun ausscheidet.

Todesursache Gas

Ein internationales Wissenschaftler-Team um Haraldur Sigurdsson, J.D. Devine and F. Tchoua, das im März 1985 die Katastrophe näher untersucht, bringt endlich Licht in das Dunkel. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass es wahrscheinlich eine gewaltige CO2-Gasblase war, die die Menschen in aller Stille umgebracht hat. Explosionsartig, so die Hypothese der Wissenschaftler, sei sie aus dem See aufgestiegen und habe dann den Schleier des Todes über die Region gedeckt.

Wie aber war das Gas in den See gekommen? Und warum ereignete sich die Katastrophe gerade jetzt? Sigurdsson vermutet, dass ein kontinuierlicher Einstrom von CO2 aus vulkanischen Schloten im Laufe der Zeit zu einem gewaltigen Depot an gelösten Gasen vor allem am Seegrund geführt hat.

Unordnung im See

Ein Erdbeben oder andere schwerwiegende Ereignisse, so der Forscher weiter, könnten dann die ansonsten stabile Schichtung im See in Unordnung gebracht haben. Die Folge wäre ein Umkippen des Sees, ein „lake overturn“, wie Sigurdsson es nennt, bei dem große Mengen an CO2 in die Atmosphäre gelangten.

Da das CO2 dichter und daher schwerer als die normale Luft ist, hätte sich dann das Gas vor allem in den tiefer gelegenen Regionen ausgebreitet und dort alles menschliche und tierische Leben ausgelöscht. Bevor jedoch derartige Überlegungen wissenschaftlich überprüft werden können, lauert bereits der nächste Killersee auf Opfer.

Anzeige

1.400 Meter lang, 900 Meter breit und 209 Meter tief – Dieser für einen See geradezu unspektakuläre Steckbrief des Lake Nyos, lässt in keiner Weise erahnen, welche enorme Gefahr von diesem Gewässer ausgeht. Nur etwa 100 Kilometer entfernt von ähnlich Lake Monoun liefert er im August 1986 eine Kostprobe seines explosiven Potentials.

Verendetes Vieh © Michel Halbwachs

200 Millionen Kubikmeter CO2 – so ermitteln Wissenschaftler später – werden mitten in der Nacht unter gewaltigem Getöse und einem Feuerwerk an Blitzen schlagartig aus dem See freigesetzt. Diese CO2-Menge würde ausreichen, um mehr als tausend Luftschiffe mit Gas zu füllen. Die riesige Wolke breitet sich auch hier schnell wie ein todbringender Nebel über die Seeoberfläche aus und strömt dann in die tieferliegenden Täler und Schluchten der Umgebung. Die Folgen für Mensch und Natur sind dramatisch: Mehr als 1.700 Menschen und viele tausend Stück Vieh ersticken an dem giftigen Gas. Die letzten Opfer werden noch in einer Entfernung von mehr als 25 Kilometern Entfernung zum See gefunden.

Wie die diesmal vorgenommenen Autopsie der Leichname ergibt, müssen die Opfer schnell das Bewusstsein verloren haben und sind anschließend an einer Überdosis CO2 gestorben.

Welche Parallelen bestehen zum Ereignis am Lake Monoun? Und vor allem: Existieren in Kamerun oder anderswo noch mehr Seen, die eine ähnliche Gefahr darstellen? Dies sind die wichtigsten Fragen, die die Wissenschaftler in den nächsten Wochen und Monaten zu beantworten haben.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. 8
  18. |
  19. 9
  20. |
  21. 10
  22. |
  23. weiter


Stand: 20.04.2003

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Killerseen
Gefahr aus der Tiefe

Mehr als nur Eine von Vielen?
Naturkatastrophe Killerseen

Heimlich, still und leise...
37 Tote am Lake Monoun

Kohlendioxid ist der Schlüssel
Gründe für den "lake overturn"

Tödliche Fracht
CO2 und Methan im Lake Kivu

Von Magmakammern und stabilen Schichten
Wie entstehen die Gasblasen im See?

Ein See wird "entkorkt"
Per Kettenreaktion in die Katastrophe

Rettung durch ein Rohrsystem
Lake Nyos wird entgast

Pumpe und Perpetuum mobile
Die Modellanlage am Lake Nyos

Keine Entwarnung für die Killerseen
Gefahr von Katastrophen noch nicht gebannt

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

News zum Thema

keine News verknüpft

Dossiers zum Thema

keine Dossiers verknüpft