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Ökologie

Kleiner als die Natur erlaubt?

Streit um die Existenz der Nanobakterien

Sie sind so klein, dass es sie eigentlich gar nicht geben dürfte – und trotzdem sind einige Forscher fest von ihrer Existenz überzeugt. Entdeckt wurden die Winzlinge nicht von Mikrobiologen sondern zu Beginn der 90er Jahre von einem Geologen der Universität von Texas, Robert Folk. Bei der elektronenmikroskopischen Untersuchung von Gesteinsproben eines italienischen Kalksteingebiets fand der Forscher nicht nur erstaunliche Mengen von „normalen“ Schwefelbakterien sondern auch seltsame, nur 50 bis 250 Nanometer große Kügelchen.

Nanobakterien © University of Texas

Da Folk zunächst keine Idee hatte, um was es sich dabei handeln könnte, suchte er in der Literatur nach Hinweisen und stieß dabei auf Veröffentlichungen, in denen Mikrobiologen über ihre Entdeckung von so genannten Ultramikrobakterien berichteten. Zwar waren die von ihm entdeckten Kügelchen noch um einiges winziger als die dort beschriebenen Zwergbakterien und mehr als 15 Mal kleiner als das Modellbakterium Escherischia coli, aber Folk war dennoch davon überzeugt, dass es sich auch bei seinen Kügelchen um eine Lebensform handeln müsse. Entsprechend taufte er sie „Nanobakterien“ nach einem schon früher von einem anderen Forscher geprägten Ausdruck.

Die Veröffentlichung seiner Funde sorgte zunächst für einigen Wirbel: Konnte es tatsächlich so kleine Organismen geben? Bisher hatte man allgemein die Existenz von Lebensformen kleiner als 200 Nanometer für eine biologische Unmöglichkeit gehalten. Nehmen doch allein die wesentlichsten Zellbestandteile, die Erbinformation und die Moleküle und Organellen des Stoffwechsels bereits so viel Raum ein, dass sie schlicht nicht in eine so kleine Zellen passen würden. Aber wenn es keine Bakterien waren, was war es dann?

Immerhin konnte einige Jahre später eine australische Geologin, die ihrerseits Nanobakterien in Tonmineralien entdeckte hatte, nachweisen, dass die winzigen Kügelchen sowohl wichtige organische Verbindungen als auch DNA enthielten. Dennoch blieben die Nanobakterien weiter umstritten. Folk und andere Verfechter der Nanobakterien suchten nichtsdestotrotz emsig nach weiteren Belegen für ihre Existenz – und fanden plötzlich fast überall Spuren dieser Minibakterien. Im Blut, im Zahnschmelz und in unzähligen Gesteinsformationen wollten sie die winzigen Kügelchen entdeckt haben.

Marsmeteorit mit Bakterien-ähnlichen Strukturen © NASA

Für Aufsehen sorgte im September 1996 die Veröffentlichung von Bildern des Marsmeteoriten ALH84001, auf denen, so glaubten einige Wissenschaftler, deutliche Anzeichen für fossile Nanobakterien zu erkennen seien. Ein möglicher Beleg dafür, dass Minibakterien auch auf dem Mars existiert haben oder sogar noch existieren? Für viele Mikrobiologen sind solche Spekulationen blanker Unsinn. Solange nicht eindeutig beweisen ist, dass diese Minikugeln auch wirklich leben, bleibt die Mehrheit von ihnen skeptisch und wartet ab. Die „Nanobakteriengemeinde“ gibt unterdessen nicht auf und forscht unverdrossen weiter. Noch ist das letzte Wort nicht gesprochen….

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Stand: 26.05.2001

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Extremophile
Grenzgänger im Reich der Kleinsten

Überlebenskünstler unter den Mikroben
Dem Geheimnis der Extremophilen auf der Spur

Who's Who der Extremophilen
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Brodelndes Inferno statt lauer Ursuppe?
Am Beginn der Evolution steht ein Fragezeichen

Arche Noah unter der Erde?
Sind Extremophile die letzten Überlebenden der Urorganismen?

Manche mögen's heiß...
Die Entdeckung einer biologischen Unmöglichkeit

Wo sind die Grenzen des Lebens?
Rätsel um die Tricks der Thermophilen

Thermophile als CO2-Filter
Wenn Algen in Schornsteinen wachsen...

Thermus aquaticus und die PCR
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