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Geologie/physische Geographie

Killersee im Himalaya?

Der Tsho Rolpa

Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele Gletscherseen wie im Himalaja. Darauf deutet zumindest eine Studie hin, die Wissenschaftler der United Nations Environment Programme (UNEP) und des International Centre für Integrated Mountain Development (ICIMOD) im Jahr 2002 vorgestellt haben. Mithilfe von Satelliten- und Luftbildaufnahmen und bei Expeditionen vor Ort spürten sie allein in Bhutan und Nepal rund 5.000 dieser Naturphänomene auf – einige von ihnen haben sogar das Potenzial von Killerseen.

Gletscherzungen und Gletscherseen im Himalaya. © NASA

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich 20 Gletscherseen in Nepal und 24 in Bhutan aufgrund des Klimawandels zu einer potenziellen Bedrohung entwickelt haben“, sagte Surendra Shrestha, der Asienkoordinator der UNEP Abteilung für Early Warning and Assessment bei der Präsentation der Ergebnisse der dreijährigen Untersuchung. Der gefährlichste von allen: der Tsho Rolpa.

Er ist 132 Meter tief, mehr als drei Kilometer lang und liegt auf rund 4.580 Meter Höhe an der Quelle des Flusses Rolwaling Khola im Nordosten Nepals. Der See bedeckt eine Fläche von 1,5 Quadratkilometern und hat damit eine Größe von mehr als 200 Fußballfeldern. Vor rund 50 Jahren sah dies noch ganz anders aus. Damals war der Tsho Rolpa mit 0,23 Quadratkilometern vergleichsweise winzig.

Doch in den letzten 30 Jahren sind die Temperaturen auf dem Dach der Welt um rund ein Grad Celsius (° C) gestiegen – mehr als im weltweiten Durchschnitt. Und jedes Jahr kommen nach den Messungen der UNEP etwa 0,06 °C hinzu.

10.000 Tote und Sachschäden in Millionenhöhe

Kein Wunder, dass sich der Tradkarding-Gletscher, der den Tsho Rolpa speist, um bis zu 100 Meter pro Jahr zurückzieht. Durch den enormen Schmelzwasser-Nachschub hatte der Wasserspiegel bereits Ende der 1990er Jahre bedrohliche Ausmaße angenommen. Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme vor Ort ergab, dass der See jederzeit den Moränendamm sprengen könnte. Rund 30 Millionen Liter Wasser würden sich dann in die umliegenden Rolwaling- und Tama Koshi-Täler ergießen.

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„Eine Flut aus diesem See könnte schwere Schäden im 108 Kilometer flussabwärts liegenden Dorf Tribeni anrichten. Etwa 10.000 Menschenleben, tausende Stück Vieh, landwirtschaftliche Nutzflächen, Brücken und andere Infrastrukturobjekte sind hierdurch bedroht“, schildert ICIMOD-Wissenschaftler Pradeep Mool 2004 in der Publikation „Gletschersee-Ausbrüche in Nepal und der Schweiz“ von Germanwatch einige der möglichen Auswirkungen der drohenden Katastrophe.

Energiekrise auf dem Dach der Welt?

Doch damit nicht genug. Empfindlich treffen würde ein Ausbruch des Tsho Rolpas auch die ohnehin kränkelnde Energieversorgung des Landes, die sich zu mehr als 90 Prozent auf Wasserkraft stützt. Sorgen macht den Wissenschaftlern und Energieexperten in erster Linie das Khimti-Wasserkraftwerk, das unmittelbar im Einzugsbereich einer möglichen Flutwelle liegt. Dem mehr als zehn Millionen Euro teuren 60 Megawatt-Bauwerk droht im Katastrophenfall die vollständige Zerstörung.

Mittlerweile sind die Menschen unterhalb des Tsho Rolpa besser auf die Gefahren vorbereitet. Grund dafür sind zwei Notfallmaßnahmen, die die nepalesische Regierung zusammen mit unternationaler Hilfe in den letzten Jahren auf den Weg gebracht hat…

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Stand: 30.03.2007

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Gletscherseen
Imposante Naturphänomene oder tickende Zeitbomben?

Tod aus dem See
Gletscherseeausbrüche und ihre Folgen

Fragile Dämme mit Halbwertszeit
Geburt und Sterben von Gletscherseen

Alarm auf dem Dach der Welt
Erdbeben als Auslöser

Killersee im Himalaya?
Der Tsho Rolpa

Ein Frühwarnsystem für den Gletschersee
Internationale Hilfe sorgt für mehr Sicherheit am Tsho Rolpa

Der Kanton der Gletscher
Das Wallis und seine Naturgefahren

Gefahr aus dem Gletscher
Auf der Suche nach versteckten Seen

Tauchen im Herz des Gletschers
Carsten Peter im Interview

Verheerende Gletscherseeausbrüche
Ausgewählte Katastrophen der letzten 400 Jahre im Überblick

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