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Ökologie

Jäger über den Dächern

Gewinner Turmfalke - Verlierer Wanderfalke?

Vielen Tierarten gelang es deshalb, sich in den vermeintlich öden Betonwüsten der Innenstädte anzusiedeln, weil sie wichtige Voranpassungen mitbrachten. Viele von ihnen waren ursprünglich Felsbewohner, die unter natürliche Bedingungen in den felsigen Landschaften der Gebirge oder Mittelgebirge heimisch waren. Ein typisches Beispiel sind die Turmfalken, die seit Jahrhunderten in den Städten siedeln. Statt der Felsnischen und Bergklippen nutzen sie hier Brücken, Kirchtürme und Häuserfassaden als Nistplätze und Ansitzorte.

Turmfalke © USDA

Ihre Anpassung an den Lebensraum Stadt verlief schrittweise. Am Anfang stand die Änderung der Nistgewohnheiten, sie lernten es, ihre Nester auf Kirchtürmen, Dächern von Wohnblöcken oder Fabriken, Hochspannungsmasten oder Kränen zu bauen. Eine Verschiebung ihrer Nahrungsgewohnheiten von Wühlmäusen und Insekten hin zu Spatzen und kleinen Singvögeln, als einer in der Stadt häufigen Nahrungsresource begleitete diese Eroberung des Siedlungsraums. Untersuchungen von Turmfalkengewöllen in Manchester ergab für Vögel einen Nahrungsanteil von 76 Prozent, für Kleinsäuger nur von 22 Prozent.

Gleichzeitig mußten sie in den engen Straßenschluchten der Städte auch ihre Jagdtechniken umstellen: Turmfalken in den Städten jagen nicht mehr, indem sie rüttelnd in der Luft auf Beute lauern, sondern sie fliegen über die Hausdächer ab und suchen so gezielt nach Beutetieren. Ihre Anpassung war offensichtlich erfolgreich: in den meisten größeren Städten überziehen ihre Reviere inzwischen das Stadtgebiet fast lückenlos. Im Großraum von London leben mindestens 100 Brutpaare, im Münchener Stadtgebiet rund 60 Paare.

Wanderfalke © USDA

Die größeren Verwandten der Turmfalken, die Wanderfalken, waren früher in den Städten und Dörfern Europas ebenfalls relativ häufig. Die jahrzehntelange Bejagung durch Falkner, Taubenzüchter und Jäger hat sie heute allerdings an den Rand der Ausrottung gebracht. Hinzu kamen die Auswirkungen des Insektengifts DDT, das die Eierschalen der Falkeneier so dünn machte, daß sie zerbrachen und so die Nachkommen ausblieben.

Als natürlicher Feind der Stadttauben könnten sie dort regulierend eingreifen, wo ihre kleineren Verwandten dies nicht können, da die „Ratten der Lüfte“ nicht zu den Beutetieren der Turmfalken gehören. Gut wäre dies nicht nur für die durch den Taubenkot zerstörten Fassaden, sondern auch für die Taubenpopulationen selbst, denn die Falken fangen die kranke und schwachen Tiere heraus und erhalten damit denTaubenbestand gesund.. Inzwischen versucht man in einigen Städten, in Gefangenschaft gezüchtete Wanderfalken in der Stadt auszuwildern, um so eine langsame Wiederbesiedelung zu erreichen. Versuche dieser Art laufen zur Zeit in Köln und Göttingen.

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Stand: 06.10.2001

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Lebensraum Stadt
Artenarme Betonwüste oder lebendiger Flickenteppich?

Beton, Blütezeiten und Kälteinseln
Temperaturen in der Stadt

Stadtwetter = schlechtes Wetter?
Regen, Nebel und Sonnenscheindauer

Staub und Schadstoffe in der Stadtluft
Wenn die „Rush-Hour" ihre Spuren hinterläßt...

Klimaanlage Straßenbaum
Die biologische Leistung eines Baums in der Stadt

Artenarm und lebensfeindlich?
Pflanzen- und Tierarten in der Stadt

Zuflucht Stadt?
Wenn Konkurrenz und natürliche Feinde fehlen...

Lebendiger Flickenteppich
Von Inseln, Barrieren und Trittbretthabitaten...

Vielseitigkeit ist Trumpf...
Von Pionieren, Kulturfolgern und Generalisten

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Katzen, Krähen und Elstern in der Stadt
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