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Klima

Irdische Tiefkühltruhe

Was ist das Besondere am Permafrost?

Ob in der arktischen Tundra Sibiriens, den eisigen Weiten des arktischen Kanadas oder in den Hochlagen der Gebirge: Große Teile der irdischen Landflächen werden von Permafrost dominiert – dauerhaft gefrorene Böden, von denen selbst im Sommer nur die obersten Zentimeter antauen. Der Rest bleibt bis in mehrere hundert Meter Tiefe das ganze Jahr hindurch gefroren.

Permafrost NOrdhalbkugel
Verteilung und Temperatur des Permafrosts auf der Nordhalbkugel. © Obu et al,

22 Prozent der irdischen Landfläche

Wie riesig die Permafrostflächen unseres Planeten – noch – sind, hat im Jahr 2020 eine umfassende Kartierung neu ermittelt. Auf Basis von Daten der Aqua- und Terra-Satelliten der NASA ermittelte das Forschungsteam um Jaroslav Obu von der Universität Oslo dafür zunächst die Oberflächentemperatur der Landflächen. Dann nutzten sie ein Klima-Boden-Modell, um die Temperaturverteilung im Untergrund zu rekonstruierten.

Das Ergebnis ist die erste bis auf einen Kilometer genaue Karte des irdischen Permafrosts. Sie bestätigt, dass der mit Abstand größte Teil dieses Dauerfrostbodens im hohen Norden des Planeten liegt. Dieser arktische Permafrost umfasst 13,9 Millionen Quadratkilometer und macht damit rund 15 Prozent der gesamten irdischen Landflächen aus. Rechnet man den Permafrost der Antarktis und die kleineren Dauerfrostgebiete in Gebirgen dazu, kommt die Kartierung auf rund 21 Millionen Quadratkilometer weltweiten Permafrosts – 22 Prozent der Landfläche.

Uralte Schichten

Der Permafrost ist dabei allerdings nicht überall gleich: Die Kälte des gefrorenen Bodens kann sich je nach geografischer Lage und Klimabedingungen deutlich unterscheiden. Je weiter man beispielsweise in der Arktis nach Norden kommt, desto kälter ist der Untergrund. Der kälteste Permafrost der Nordhalbkugel findet sich im Nordosten Grönlands, hier erreichen die Bodentemperaturen minus 22 Grad. Der kälteste Dauerfrostboden unseres Planeten findet sich dagegen am anderen Ende der Welt: Auf dem Mount Markham im transantarktischen Gebirge ist der Untergrund bis zu minus 36 Grad kalt.

Batagai-Abbruch
Batagai-Permafrost-Abbruch in Sibirien. Die in 50 Meter tiefe ligeende Permafrostschicht ist hier schon rund 650.000 Jahre alt. © Thomas Opel / AWI

Je kälter und polnäher ein Permafrostgebiet ist, desto älter ist es meist auch. Diese Böden haben im Verlauf der Erdgeschichte oft schon mehrere Kalt- und Warmzeiten überdauert und überstanden dabei sogar Phasen, in denen es noch wärmer war als heute. Einige solche uralten Permafrostschichten haben Wissenschaftler erst kürzlich am Batagai-Abbruch im Nordosten Sibiriens entdeckt. Dort kam es durch Entwaldung und Minenarbeiten zu einer Bodenrutschung, bei der Permafrost aus 50 Meter Tiefe zutage gebracht wurde. Nähere Analysen ergaben, dass die untersten dieser Schichten schon seit rund 650.000 Jahren dauerhaft gefroren sind.

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Dieser Dauerfrostboden taute demnach selbst dann nicht auf, als die Temperaturen in der sommerlichen Arktis vor rund 130.000 Jahren rund vier bis fünf Grad Celsius höher lagen als heute. „Die Datierungsergebnisse von Batagai zeigen eindrucksvoll, wie stabil ein Permafrostboden sein kann und so Jahrhunderttausende überdauert“, sagt Thomas Opel vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Potsdam. Zumindest in einigen Regionen kann demnach sehr alter, tief begrabener Permafrost natürliche Wärmeperioden überdauern.

Archiv vergangener Lebenswelten

Unter anderem deshalb bildet der Permafrost auch eine natürliche Zeitkapsel – ein Fenster in die Vergangenen Lebenswelt dieser Regionen. Denn wie in einer riesigen Tiefkühltruhe hat dieser Frostboden Unmengen an organischem Material konserviert, darunter auch die Relikte unzähliger Mikroorganismen, Tiere und Pflanzen. Erst im Juni 2022 stießen Goldsucher im Yukongebiet durch Zufall auf ein fast perfekt erhaltenes, 30.000 Jahre altes Mammut-Baby.

Auch Viren, Bakterien und sogar die RNA und DNA vieler gefrorener Organismen lässt sich im Permafrost noch nachweisen. Im Jahr 2021 gelang es einem Forschungsteam erstmals, das Erbgut eines vor einer Million Jahren gestorbenen Mammuts zu bergen und zu lesen – es ist die älteste jemals sequenzierte DNA. Das eisige Archiv des Permafrosts liefert damit wertvolle Informationen darüber, wie sich das Leben in diesen Regionen vor Jahrtausenden und sogar Jahrmillionen entwickelte.

Doch diese Tiefkühltruhe des Lebens ist in Gefahr…

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Zeitbombe Permafrost
Die arktischen Dauerfrostböden im Klimawandel

Irdische Tiefkühltruhe
Was ist das Besondere am Permafrost?

Was sind die Folgen?
Warum Permafrost für uns alle wichtig ist

Die Zeitbombe tickt…
Wie schnell taut der Permafrost?

Drei Hotspots und ein schleichender Schwund
Zustand und künftige Entwicklung des Permafrosts

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