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Anthropogeographie

Huckepack zum Nordpol?

Nansens Expedition mit der Fram

Beim Studium von Arktisberichten über Eisströmungen und aus eigenen Beobachtungen am Treibeis vor Grönland ist Fridtjof Nansen zu der Überzeugung gelangt, dass das Eis im Polarbecken in ständiger Bewegung ist. Er vermutet deshalb, dass es einen starken Meeresstrom geben müsse, der von Sibirien über den Nordpol bis nach Grönland reicht. Dies belegen Funde von Schiffsteilen die aus sibirischen Gewässern stammen und in Grönland angelandet worden sind. Diese Theorie gilt es nun zu bestätigen.

Ein kurioser Plan nimmt Form an

Nansen plant deshalb, mit einem geeigneten Schiff bis zu den Neusibirischen Inseln auf 140° östlicher Länge zu reisen und sich dort im Packeis einfrieren zu lassen. Mit allen Besatzungsmitgliedern an Bord – so seine Hoffnung – sollte das Schiff dann huckepack auf dem driftenden Eis über den Nordpol bis nach Spitzbergen und Grönland wandern. Gegen alle Widerstände und ungeachtet der Skepsis anderer Polarforscher und auch der Royal Geographical Society in London zieht er die Vorbereitungen für diese historische Expedition durch.

Nach seinen Vorstellungen wird die Fram gebaut, ein Schoner, der aufgrund des abgerundeten, mit einem besonderen Hartholz geschützten Rumpf dem Eis möglichst wenig Angriffsfläche bietet. Nansen geht davon aus, dass das Schiff so bei starkem Eisdruck nicht zerquetscht sondern nach oben gedrückt wird – quasi auf dem Eis schwimmt.

Zahlreiche Rezeptoren sind aus sieben Proteinsegmenten aufgebaut. Das Bild zeigt die Struktur des Protonen-Schalters des Sehfarbstoffes Rhodopsin. Dessen schraubenförmige Grundstruktur liegt auch in dem synthetisch erzeugten Proteinsegment vor, das sich in eine Membran einbetten lässt (orange, mit einzelnen Lipidmolekülen). Am oberen Ende des Segments befindet sich eine negativ geladene Atomgruppe (rot), die durch Aufnahme eines Protons (H+) neutralisiert wird. © FZD

Ziel ist das große Unbekannte

Das Ziel aller Wünsche ist bei diesem Projekt aber keineswegs der Nordpol, wie man vermuten könnte: „…denn diesen Punkt zu erreichen, ist an sich von geringer Bedeutung. Unser Ziel ist, das große unbekannte Gebiet um den Nordpol zu erforschen.

Der wissenschaftliche Wert dieser Untersuchung ist völlig unabhängig davon, ob die Expedition schließlich genau über den Pol führt oder in einiger Entfernung daran vorbei“, so Nansen vor dem Aufbruch in die Arktis.

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Im Zickzackkurs durchs Eis

Im Juni 1893 ist schließlich der große Moment gekommen. Die Fram verlässt Norwegen und geht auf ihre abenteuerliche Reise ins ewige Eis. Am 20. September ist das Packeis nordwestlich der Neusibirischen Inseln erreicht. Von nun an gilt es dem Schicksal zu vertrauen und zu hoffen, dass sich Nansens Überlegungen als richtig herausstellen.

Fast zwei Jahre lang driftet die Fram anschließend mit ihrer Besatzung im Zickzackkurs langsam, aber unaufhörlich durch das vereiste Nordpolarmeer. Die grundsätzliche Richtung „Nordwest“ stimmt, trotzdem wird irgendwann klar, dass das Schiff den Nordpol deutlich verfehlen wird.

Weiter auf Skiern

Zusammen mit Hjalmar Johansen macht sich Nansen deshalb auf Skier auf zum Pol. Die restlichen Männer unter Führung von Otto Sverdrup bleiben an Bord zurück. Doch Nansens Angriff auf den Nordpol misslingt. Bis auf 86° 14′ nördlicher Breite können sie sich vorkämpfen. Dann müssen sie Wind, Kälte und ihrer Erschöpfung Tribut zollen. Zwar sind sie soweit nach Norden gekommen wie noch niemand vor ihnen, eines der wichtigsten Ziele ihrer Expedition haben sie aber trotzdem verfehlt.

Nach einem 500 Kilometer langen Marsch Richtung Süden verbringen sie dann einen Winter in einer spartanischen, selbstgezimmerten Hütte auf Franz-Josef-Land. Später werden sie von einem Expeditionsschiff aufgelesen und gelangen im August 1897 zurück nach Norwegen.

Auch der Fram ist das Schicksal günstig gesonnen. In der Nähe von Spitzbergen angekommen, kann sie sich aus dem Packeis befreien und kommt ebenfalls noch im August 1897 wohlbehalten in der Heimat an.

Die Reise war trotzdem nicht umsonst

Trotz des missglückten Angriff auf den Pol hat die Reise eine Menge wichtiger wissenschaftliche Erkenntnisse gebracht: Die von Nansen vorhergesagte östwestliche Meeresströmung und die damit verbundene Eisdrift gibt es tatsächlich und Land in Polnähe ist zumindest im europäisch-asiatischen Teil des Polarbeckens nicht zu finden.

Die Unmenge an Daten über Meeresströmungen, Wassertiefen, Windverhältnissen und arktischen Temperaturen, die Nansen und seine Männer von der mehrjährigen Reise mitbringen, erweitern das Wissen über die Arktis erheblich. Noch 1897 erscheint dann auch der Reisebericht von Nansen „Fram over polhavet“, der den Polarforscher in der ganzen Welt berühmt macht…

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Stand: 27.05.2002

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Vorstoß zum Pol
Die Eroberung der Arktis

Faszination Arktis
Polarlichter, Mitternachssonne und mehr...

Die frühen Entdeckungen
Von der Antike bis zur kleinen Eiszeit

Über den Nordpol zum Pazifik?
Briten und Niederländer auf der Reise ins Ungewisse

Magnetischer Pol erreicht!
Die Eroberung der Arktis schreitet voran

Franklin und die Folgen
Das fehlende Mosaiksteinchen der Nordwestpassage...

Petermanns Visionen
Der Nordpol in einem schiffbaren Meer

Kurs Ostgrönland
Die zweite deutsche Nordpolarexpedition beginnt

Kapitulation vor dem Eis
Der Vorstoß zum Pol misslingt

Kein offenes Polarmeer um den Pol...
Die österreichischen Arktis-Expedition von 1872 bis 1874

Auf Skiern durch Grönland
Fridtjof Nansens erste Mission

Huckepack zum Nordpol?
Nansens Expedition mit der Fram

Mit Amundsen durch die Nordwestpassage
"Polarforschung ist eine Sache für Profis..."

90° Nord im Visier
Peary und sein Weg zum Pol

Mit Alfred Wegener in Grönland
Der "schweigsame Mann mit dem liebenswürdigen Lächeln"

Rekordjagden in der Arktis
Von Luftschiffen, U-Booten und einem Marathon am Pol

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