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Ökologie

Gemeinschaft als Urbedürfnis

…auch beim Menschen

Im Chor grölende Fans im Fußballstadion, Stammtische, Kegelclubs, Kaffeekränzchen, Vereine oder Pauschalurlauber bei gruppendynamischen Kennenlern-Spielen: Der Mensch ist ein Gesellschaftstier und fühlt sich in der Gruppe wohl.

Und nicht nur das: Menschlicher Kontakt ist sogar unerlässlich, um wichtige Verhaltensweisen und Fertigkeiten zu erlernen. Als der 16jährige Kaspar Hauser 1828 auf dem Nürnberger Unschlittplatz gefunden wurde, beherrschte er durch die lange Isolation weder die menschliche Sprache, noch war er mit menschlichen Verhaltensweisen vertraut. Ähnliches zeigen auch Experimente mit den uns verwandten Affen: Isoliert aufwachsend entwickeln auch sie schwerwiegende Verhaltensstörungen.

Fans - Mensch als Masse © Stuart Berwick / CC-by-sa 2.0

Ohne Sozialkontakte geht’s nicht

Eine Bindung einzugehen scheint ein grundlegendes menschliches Bedürfnis zu sein. Bereits im Kindergartenalter entwickeln sich in allen Kulturen Freundschaften und Beziehungen – vermutlich werden im gemeinsamen Spiel die Verhaltensweisen der Erwachsenen erprobt und geübt. Nicht zuletzt stellt die dauerhafte Isolation eine der erfolgreichsten Foltermethoden dar, selbst wenn die Betreffenden sich körperlich bester Gesundheit erfreuen. Offenbar bringt uns die Bildung von Gruppen Evolutionsvorteile.

Schon die frühen Menschen lebten in kleineren Verbänden oder Siedlungen. Vermutlich war dies eine Anpassung an die weiten savannenartigen Landschaften, in denen die Nahrung ungleichmäßig verteilt und weniger leicht aufzufinden ist. Eine Nahrungssuche zu mehreren war daher von Vorteil für die ganze Gruppe. Zusätzlich war die kooperative Jagd erfolgreicher. Ein einzelner Mensch, der ganz alleine ein großes Tier wie etwa ein Mammut angriff, brauchte schon großes Glück, um die Jagd erfolgreich abzuschließen.

Gruppenbildung bringt klare Vorteile

Mit der Bildung von Gemeinschaften setzte auch die Arbeitsteilung ein. Da nicht die gesamte Gruppe auf die Jagd ging, konnte sich der Rest um die Aufzucht der Kinder kümmern, Nahrung sammeln und die Älteren betreuen. Die Kinder, die auf diese Weise lange Zeit mit den Eltern zusammen waren, lernten so wichtige Fähigkeiten und das Wissen ihrer Eltern – etwa welche Pflanzen giftig waren oder wie eine Speerspitze angefertigt wurde – die sie wiederum an ihre Nachkommen weitergeben konnten.

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Diese frühen Verbände unserer Vorfahren waren meist kleine überschaubare Gruppen, jedes Mitglied kannte die anderen persönlich. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn wir uns heute in einer großen Ansammlung unbekannter Artgenossen mitunter unwohl fühlen, etwa bei Massenveranstaltungen wie Konzerten, Demonstrationen oder in überfüllten U-Bahnen. Viele unserer sozialen Verhaltensweisen – besonders in punkto Gruppenbildung, haben ihre Wurzeln aber noch viel früher – im Tierreich.

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Nadja Podbregar / Kerstin Fels
Stand: 30.08.2013

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Masse macht's
Das Erfolgsgeheimnis von Gruppen, Rudeln und Schwärmen

Gemeinschaft als Urbedürfnis
…auch beim Menschen

Leibwächter, Königin und Taxifahrer
Erfolgrezept Arbeitsteilung

Egoistisch oder selbstlos?
Gruppenbildung und Altruismus als Evolutionsvorteil

Schwesternbund statt Kindersegen
Warum das Aufopfern für Verwandte Sinn macht

Begnadete Ingenieure
Nur in der Gemeinschaft möglich: Komplexe Bauten

Gemeinsame Jagd
Die Gruppe als Fressgemeinschaft

Zielscheibe Einzelgänger
Die Gruppe als Schutz

Allein im Wald
Warum Tiger trotzdem einzeln jagen

Im Schwarm
Mit der Reisegruppe unterwegs

Alle für Eines
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