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Medizin

Gefahr Tier

Die meisten Emerging Diseases sind Zoonosen

Ob die Pest, die Spanische Grippe oder HIV: Viele der tödlichsten Pandemien der Menschheit waren und sind Emerging Diseases – Infektionskrankheiten, die beim Menschen neu auftreten und auf die wir deshalb nicht vorbereitet sind. Doch woher kommen diese neuen Erreger so plötzlich?

Tierische Reservoire

Das größte Reservoir neuer Krankheitserreger verbirgt sich im Tierreich. 60 bis 75 Prozent aller Emerging Diseases wurden und werden von Erregern ausgelöst, die von einem Tier auf uns Menschen überspringen. Solche Zoonosen entstehen vor allem dort, wo Mensch und Tier in engem Kontakt beieinander leben – beispielsweise in der bäuerlichen Nutztierhaltung. Aber auch die Jagd auf Wildtiere und der Verzehr von nicht ausreichend durchgegartem „Bushmeat“ können die Infektion mit einem Tierpathogen erleichtern.

Fledermäuse und Flughunde sind die häufigsten Träger von potenziell für uns gefährlichen Viren. © Panda3800/ iStock.com

Gefährlich wird es zudem überall dort, wo wir Menschen in zuvor unberührte Gebiete eindringen oder den Lebensraum von wilden Tieren zerstören. Denn dies schafft dann plötzlich neue Kontakte zwischen Mensch und Wildtier, die auch dessen Parasiten und Erregern die Chance zum Überspringen bieten. „Dinge wie die Waldrodung, der Bau von Straßen oder die Jagd sind Beispiele für Interaktionen, die Krankheiten aus ihren natürlichen Habitaten bringen können – und ihnen zum Sprung in die menschliche Population verhelfen“, erklärt Kevin Olival von der EcoHealth Alliance in New York.

Welche Tiere sind besonders risikoträchtig?

Aber längst nicht jede Tierart ist gleich gefahrenträchtig. Vergangene Ausbrüche zeigen, dass die meisten Zoonosen ihren Ursprung in Vögeln und vor allem in Säugetieren haben. Doch was macht ein Tier zu einem besonders guten Reservoir für potenzielle Humanpathogene? Olival und sein Team haben dies 2017 für 754 Säugetierarten untersucht. Bei jeder Spezies ermittelten sie, wie viele Viren diese in sich tragen können – und welche davon bereits mindestens einmal beim Menschen nachgewiesen worden sind.

Das Ergebnis: Ganz weit vorn in der Liste der Risikotiere liegen die Fledermäuse. „Fledermäuse beherbergen einen signifikant größeren Anteil zoonotischer Viren als jede andere Säugetierordnung“, konstatieren die Forscher. Tatsächlich stammen die Erreger einiger der tödlichsten Infektionskrankheiten aus den Flattertieren, darunter Ebola, das Marburg-Virus, SARS oder das Nipah-Virus.

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Die Rötelmaus (Myodes glareolus): niedlich, aber ein potenzieller Überträger von Hantaviren. © Andreas Eichler/ CC-by-sa 3.0

Maus, Ratte, Schwein und Co

Aber auch andere Tiere sind risikoträchtige Reservoire. So stehen die Nagetiere den Fledermäusen als potenzielle Zoonosen-Quellen kaum nach, wie ein Team um Barbara Han vom Cary Institute im Jahr 2016 ermittelte. Vor allem in den gemäßigten Breiten – und damit auch in Europa – sind demnach Maus, Ratte und Co die Säugetiere mit den meisten zoonotischen Viren. Ein Beispiel für einen von Mäusen übertragenen Erreger ist das Hantavirus, das mittlerweile auch in Deutschland vorkommt.

Ebenfalls für uns nicht ungefährlich sind unsere Nutztiere. Im Schwein beispielsweise haben sich 2009 Influenzaviren zur „Schweinegrippe“ rekombiniert und erst vor kurzem haben Forscher in China ein ganz neues Coronavirus entdeckt, das Potenzial für den Sprung zum Menschen haben könnte. Im Nahen Osten waren es die Dromedare, durch die das MERS-Virus auf den Menschen übertragen wurde – auch wenn das eigentliche Reservoir dieser Viren Fledermäuse waren.

Die Stechmücke Aedes aegypti ist Überträger vieler Krankheiten - und kommt dank Klimawandel auch bei uns vor. © CDC

Vektoren: Blutsauger als Erreger-Fähren

Doch Gefahr droht nicht nur von den eigentlichen Virenreservoiren: Viele Zoonosen werden über einen Umweg auf uns übertragen – durch Stechmücken, Zecken und andere Blutsauger. Solche sogenannten Vektoren nehmen die Erreger in sich auf, wenn sie Blut an einem infizierten Tier saugen, beispielweise einer Waldmaus, einer Fledermaus oder einem Vogel. Die Mücke oder Zecke wird dabei selbst nicht krank, trägt aber nun die Erreger in sich.

Sticht oder beißt dieser Blutsauger dann einen Menschen, gelangen diese Erreger mit dem Speichel und anderen in die Wunde freigesetzten Sekreten in unseren Körper. Viele Emerging Diseases wurden und werden auf diesem Wege auf uns Menschen übertragen. Beispiele dafür sind unter anderem das Zika-Virus und das West-Nil-Virus, aber auch Chikungunya, Dengue und die Lyme-Borreliose.

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Nadja Podbregar
Stand: 02.11.2018

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wann kommt die nächste Pandemie?
Emerging Diseases und ihr Gefahrenpotenzial

Der Fall SARS
Die erste Pandemie des 21. Jahrhunderts

Gefahr Tier
Die meisten Emerging Diseases sind Zoonosen

Über die Artgrenze hinweg
Wie wird ein Erreger zum Humanpathogen?

Aus alt mach neu
Wenn aus bekannten Erregern eine neue Seuche wird

Was tun?
Welche Waffen hat die Medizin gegen neue Seuchen?

Seuchenherd Europa?
Mit dem Klimawandel kommen neue Erreger

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