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Physik

Gebogenes Licht und gedehnte Zeit

Gravitation wirkt auf mehr als nur Massen

Richtig radikal wird Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie jedoch dort, wo sie über die Wechselwirkung von Masse und Schwerkraft hinausgeht. Denn in seinem Universum der gekrümmten Raumzeit sind selbst Licht und Zeit den Einflüssen der Gravitation unterworfen.

Atomuhren - hier eine nur chipgroße Ausgabe - sind inzwischen genau genug, um die gravitative Zeitdehnung zu messen. © NIST

Große Schwerkraft – gedehnte Zeit

Dass die Zeit keine absolute Größe sein kann, hat Einstein schon 1905 in seiner Speziellen Relativitätstheorie bewiesen. Die Zeitdehnung ist dabei eine direkte Folge der Lichtgeschwindigkeit als feststehender Naturkonstante. Damit sie immer gleich bleiben kann, unabhängig davon, ob ein Betrachter diesem Lichtstrahl entgegenrast oder stillsteht, muss für den jeweiligen Betrachter die Zeit unterschiedlich schnell vergehen. Je stärker seine Beschleunigung, desto ausgeprägter ist die Zeitdehnung für ihn.

Und hier kommt nun die Gravitation ins Spiel: Mit seinem Äquivalenzprinzip hat Einstein festgestellt, dass Beschleunigung und Gravitation die gleiche Wirkung haben. Wenn demnach eine Beschleunigung die Zeit dehnt, dann muss die Schwerkraft dies auch tun. In der Nähe großer Massen vergeht folglich die Zeit langsamer. Und tatsächlich: Genau dieser Effekt der gravitativen Zeitdehnung lässt sich heute mit Atomuhren messen – sogar auf der Erde. So vergeht auf einem Berggipfel von rund 3.000 Metern Höhe die Zeit um rund 30 Nanosekunden pro Tag schneller als auf Meereshöhe.

Die Krümmung der Raumzeit lenkt das Licht ab - große Massen krümmen das Licht auf sich zu. © scinexx

Abgelenktes Licht

Die Wirkung der Gravitation auf das Licht hat Einstein schon seinem Gedankenexperiment mit dem Fahrstuhl vorweggenommen. Die Erfindung der durch Massen gekrümmten Raumzeit erklärt nun auch, warum dies geschieht. Wenn die Schwerkraft die Raumzeit krümmt, dann muss auch ein Lichtstrahl dieser Krümmung folgen, argumentiert der Physiker. So etwas war in Newtons Universum noch völlig unvorstellbar. Weil Licht keine Masse besitzt, konnte sie nach dessen Gravitationsgesetz auch nicht von der Schwerkraft beeinflusst werden – so jedenfalls die einhellige Lehrmeinung zu dieser Zeit.

Einsteins gekrümmte Raumzeit macht damit Schluss. Nach ihr wirkt die Gravitation auf Licht genauso anziehend wie auf Massen. Rast ein Lichtstrahl an einem schweren Körper wie der Sonne vorbei, wird er daher in Richtung auf ihre Gravitations-„Kuhle“ abgelenkt. Dass dies im Kosmos tatsächlich der Fall ist, wollten Einsteins Zeitgenossen ihm allerdings zunächst nicht recht glauben. Erst ein astronomisches Experiment bestätigte diesen Effekt und bewies damit, dass große Massen sogar das Licht ablenken können.

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Nadja Podbregar
Stand: 20.11.2015

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Neuerfindung der Gravitation
Albert Einstein und die Allgemeine Relativitätstheorie

"Unmögliche" Fernwirkung
Das Problem mit der Gravitation

Ein Fahrstuhl im Weltraum
Einsteins Gedankenexperiment

Gravitation als Geometrie
Einstein erfindet die Krümmung der Raumzeit

Gebogenes Licht und gedehnte Zeit
Gravitation wirkt auf mehr als nur Massen

Zahlenspiele
Einsteins Kampf mit den Feldgleichungen

Der erste Beweis
Eine Sonnenfinsternis und verschobene Sterne

Und heute?
Warum Einsteins Theorie so aktuell und relevant ist

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