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Ökologie

Fischfang für die Wissenschaft

Nur Bekanntes kann geschützt werden

Während die Notwendigkeit eines besseren Waldschutzes auf Madagaskar in den letzten Jahrzehnten gewachsen ist, bleiben andere Lebensräume der Insel beim Arten- und Lebensraumschutz bisher meist außen vor. Ein Beispiel dafür sind die aquatischen Lebensräume.

Madagaskar
Flüsse und ihre Bewohner werden beim Artenschutz auf Madagaskar bislang kaum berücksichtigt. © mihtiander/ Getty images

„Faszinierend und frustrierend zugleich“

„Fischforschung in Madagaskar ist faszinierend und frustrierend zugleich. Auf keinem Subkontinent der Erde gibt es Wirbeltiergruppen mit so hohen Endemiten-Anteilen wie in Madagaskar“, erläutert Wolfgang Mark. „Dies gibt uns nicht nur die Möglichkeit, eine Vielzahl neuer Arten zu entdecken, auch bei den bereits bekannten Arten ist meist nichts über Biologie, Lebensweise und Ansprüche bekannt. Hier tut sich ein riesiges Betätigungsfeld für Forscher auf. Gleichzeitig gibt es kaum eine Region, in der die Bedrohung der Lebensräume so akut sichtbar ist wie hier.“

Verstärkt wird dies durch die Folgen der Klimaerwärmung. Durch die immer später und seltener werdenden Regenfälle der letzten Jahre kommt es zunehmend zu Dürrekatastrophen. Dabei trocknen weite Landstriche komplett aus, sodass die Oberflächengewässer verschwinden und der Grundwasserspiegel soweit sinkt, dass Brunnen versiegen oder versalzen. Deren Veränderungen verlaufen schleichend und unbemerkt.

Auf Fischfahndung mit der Wathose

Nach Schätzungen von Biologen sind bisher nur rund 30 Prozent der Süßwasserfischarten Madagaskars bekannt. Aus diesem Grund standen diese Fische im Fokus der Untersuchungen des Innsbrucker Forschers, der seit 2015 mehrere Exkursionen mit Studierenden nach Madagaskar unternommen hat. Methodisch bedingt konnte das Innsbrucker Forschungsteam dabei nur Kleingewässer und die Uferregionen von Seen beproben.

„Wir haben mit verschiedenen Netztypen, Reusen und Keschern gefischt. Zusätzliche Informationen erhielten wir auf Fischmärkten und in den zahlreichen Gesprächen mit der lokalen Bevölkerung“, schildert Mark. Die gefangenen Fische wurden soweit als möglich vor Ort auf ihre Artzugehörigkeit bestimmt, vermessen und fotografiert und anschließend wieder ins Wasser entlassen.

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Ausgewählte Belegexemplare nahm das Innsbrucker Team zur späteren Bestimmung im Labor mit.  Gleiches galt für Gewebsproben, die für eine spätere genotypische Bestimmung konserviert wurden. „Sowohl die Belegexemplare als auch die Gewebeproben wurden der Universität in Antananarivo, der Hauptstadt Madagaskars, zur Verfügung gestellt. Zwischen den Universitäten in Antananarivo und Innsbruck besteht seit 2016 ein gegenseitiges Unterstützungsabkommen“, erläutert der Zoologe.

Guppys
Guppys (Poecilia reticulata) sind bei uns beleibte Aquariumsfische, auf Madagaskar wurden sie zur Moskitobekämpfung ausgesetzt. © slowmotiongli/ Getty images

Ein Drittel endemisch, ein weiteres heimisch

Insgesamt konnten im Rahmen von drei Forschungsaufenthalten mehrere tausend Süßwasserfische bestimmt und knapp 60 Arten zugeordnet werden, was sich als recht zeitaufwendig erwies, da es noch kaum Bestimmungsliteratur für Fische aus Madagaskar gibt. Einige dieser Arten wurden vom Mensch nach Madagaskar eingeführt, dazu gehört beispielsweise der Tilapia, eine Buntbarsch-Art, die in der Aquakultur von Bedeutung ist, oder der Guppy, eine Zahnkarpfenart, die bei uns als Aquariumsfisch bekannt ist und in Madagaskar zur Bekämpfung der Malaria eingesetzt wird.

Ein Drittel der bestimmten Arten war heimisch, sie können auch auf anderen Inseln beziehungsweise dem Festland des indopazifischen Raumes vorkommen. Ein weiteres Drittel der Arten gehörte dagegen zu den endemischen Fischarten. Diese Spezies kommen ausschließlich auf Madagaskar, oft nur in kleinräumigen Lebensräumen vor. Sieben Arten konnten bislang nicht zugeordnet werden. Ob es sich bei ihnen um bisher unbekannte Fischarten handelt, wollen die Innsbrucker Zoologen bei weiteren Forschungsaufenthalten untersuchen.

Weitere Forschungen geplant

Ziele der geplanten weiteren Untersuchungen der Innsbrucker Zoologen ist es, die verschieden Fischarten zu bestimmen, den Grad ihrer Gefährdung einzuschätzen und mögliche Schutzmaßnahmen zu erarbeiten. Die Ergebnisse dieser Arbeiten werden den lokalen Behörden und der Universität in Antananarivo zur Verfügung gestellt. Mittlerweile wurden die Untersuchungen auch auf Garnelen und Krebse ausgeweitet: „Hier scheinen die Kenntnisse noch rudimentärer zu sein als bei den Fischen“, so Mark.

Insgesamt wurden bisher elf Bachelorarbeiten an der Uni Innsbruck zu zoologischen Forschungen in Madagaskar abgeschlossen oder stehen kurz vor dem Abschluss. Da bedingt durch die Corona-Pandemie 2020 keine Reisen nach Madagaskar möglich waren, hofft Mark, zumindest im Herbst 2021 wieder nach Madagaskar reisen zu können, um seine Arbeit im Sinne des Umweltschutzes und der Erhaltung von Madagaskars einzigartiger Tierwelt fortführen zu können.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Purer Eigennutz beim Artenschutz?
Wie der anthropozentrische Blick den Schutz von Tierarten beeinflusst

Was ist schützenswert?
Artensterben und die selektive Wahrnehmung

Gefärbter Blick
Wie Artenschutz unsere Sicht auf das Tier widerspiegelt

Spurensuche auf Madagaskar
Artenschutz in einem Hotspot der Biodiversität

Fischfang für die Wissenschaft
Nur Bekanntes kann geschützt werden

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