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Technik

Fahrenheit, Celsius, Boltzmann

Von den Anfängen der Thermometer bis zur heutigen Definition der Temperatur

Die Temperatur spielt für die Menschheit schon seit jeher eine große Rolle. Über Jahrhunderte hinweg beschäftigten sich Wissenschaftler deshalb mit der Frage, wie sich ein konkretes Maß für die Temperatur festlegen und bestimmen lässt. Wann und wo das erste Instrument gebaut wurde, das als Thermometer bezeichnet werden kann, ist heute nur schwer zu rekonstruieren –es war eher ein schleichender Prozess als ein einzelner Durchbruch.

Die ersten wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Thermodynamik werden Heron von Alexandria zugeschrieben. Der Grieche baute zwar kein Gerät zur direkten Temperaturbestimmung, erkannte aber bereits im ersten Jahrhundert nach Christus, dass es einen Zusammenhang zwischen Temperatur und Volumen geben muss. So entwarf er beispielsweise den Heronsball, eine lose aufgehängte Kugel mit seitlichen Ventilen, die durch im Inneren erhitzten und austretenden Wasserdampf zum Rotieren gebracht wird.

Thermoskop
So in etwa sah das Thermoskop von Galileo Galilei aus. © Chatsam /CC-by-sa 3.0

Thermoskope: Nah dran, aber nicht genug

Die nächsten dokumentierten Experimente, die sich mit dem Zusammenhang zwischen Temperatur und Volumen beschäftigten, ließen fast eineinhalb Jahrtausende auf sich warten. Im 16. und 17. Jahrhundert arbeiteten einige Gelehrte parallel an Geräten zur Temperaturbestimmung. So baute Galileo Galilei um das Jahr 1593 eines der ersten Thermoskope. Als solche bezeichnet man eine luftgefüllte Glasröhre, die am unteren Ende im Wasser steht. Wenn die Temperatur des Wassers steigt, dehnt es sich aus und der Pegel in der Glasröhre hebt sich.

Da Thermoskope im Gegensatz zu Thermometern keine Skala besitzen und zu diesem Zeitpunkt noch kein einheitliches Maß eingeführt wurde, eigneten sie sich allerdings wenig zur konkreten Temperaturbestimmung. Ein weiteres Problem der offenen Thermoskope war, dass sie vom Luftdruck ihrer Umgebung abhängig waren. Diesem nahm sich unter anderem Ferdinand II. aus dem Hause Medici an. Als einer der ersten nutzte er um das Jahr 1654 eine versiegelte Glasröhre als Thermoskop.

Ein weiteres Problem gab es aber noch zu lösen: Wasser dehnt sich temperaturbedingt nicht gleichmäßig aus. So erreicht es beispielsweise bei etwa vier Grad Celsius seine höchste Dichte und dehnt sich unterhalb davon wieder aus. Verschiedene Wissenschaftler experimentierten deshalb unter anderem mit Weinbrand oder Rotwein als Ersatz – jedoch ohne Erfolg.

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Das erste verlässliche Thermometer

Der große Schritt zum präzisen Thermometer kam letztlich von Daniel Fahrenheit. Im Jahr 1714 präsentierte er sein replizierbares und geschlossenes Quecksilber-Thermometer. Quecksilber hat den Vorteil, dass es sich sehr linear ausdehnt und bis minus 39 Grad Celsius flüssig ist.

Mit der Einführung der nach ihm benannten Skala machte Fahrenheit seine Erfindung zehn Jahre später schließlich perfekt. Als Nullpunkt setzte er die Temperatur eines Eis-Salz-Wasser-Gemisches fest, 32 Grad Fahrenheit sollten der Schmelzpunkt von Wasser und 96 Grad Fahrenheit die Körpertemperatur eines gesunden Menschen haben. Da die Abstände dieser drei Kalibrierpunkte jeweils Zweierpotenzen sind, konnte Fahrenheit seine Thermometer relativ einfach beschriften.

Weitere Skalen folgen

Im Jahr 1742 stellt der schwedische Astronom Anders Celsius eine Alternative zur Fahrenheit-Skala vor. Bei dieser wird der Nullpunkt durch den Siedepunkt von Wasser und die 100-Grad-Marke durch den Schmelzpunkt von Wasser festgelegt. Ein Jahr später schlägt Celsius‘ französischer Kollege Jean-Pierre Christin vor, die Skala umzudrehen. In dieser Form ist sie auch heute noch in Gebrauch – zumindest in alltäglichen Anwendungen.

Temperaturskalen
Ein Vergleich der heutigen Temperaturskalen nach Kelvin, Celsius und Fahrenheit. © Jan Fleischer / scinexx

Die heutzutage in der Wissenschaft verwendete Temperaturskala, die den absoluten Nullpunkt als Referenz nutzt, wurde schließlich im Jahr 1848 von William Thomson, Baron von Kelvin, vorgeschlagen. Bei seinen Überlegungen zur Umwandlung von Wärme zu mechanischer Arbeit erkannte er, dass es einen Punkt geben muss, an dem jegliche Wärmeenergie umgewandelt ist und der Stoff die absolut niedrigste Temperatur erreicht hat. Seine Skala sollte gleichgroße Schritte wie die Celsius-Skala besitzen, lediglich der Nullpunkt sollte verschoben sein.

Definition der SI-Einheit Temperatur

Ein Problem der Celsius- und Kelvin-Skala war jedoch noch, dass sie über den Siedepunkt des Wassers definiert waren. Da dieser druckabhängig ist, kam es in der Wissenschaft teilweise noch zu Messungenauigkeiten. Mit der Einführung der SI-Einheiten im Jahr 1960 sollte sich dies aber ändern. Dort wurde festgelegt, dass der Tripelpunkt von Wasser, ein Punkt an dem sich die drei Aggregatszustände fest, flüssig und gasförmig im thermodynamischen Gleichgewicht befinden, künftig als Fixpunkt gelten soll. Der Definition nach liegt er bei exakt 273,16 Kelvin oder 0,01 Grad Celsius.

Auch diese Definition existiert aber nur noch in den Geschichtsbüchern. Seit der Umstellung im Jahr 2019 wird die Temperatureinheit Kelvin über die Boltzmann-Konstante definiert. Diese hat einen Wert von exakt 1,38064852 x 10-23 Joule pro Kelvin, wobei die Energieeinheit Joule wiederum unter Zuhilfenahme von Lichtgeschwindigkeit und Caesium-Strahlung genau festgelegt ist.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Kunst der Temperaturmessung
Zwischen absolutem Nullpunkt und tausenden Grad Celsius

Fahrenheit, Celsius, Boltzmann
Von den Anfängen der Thermometer bis zur heutigen Definition der Temperatur

Zwischen Quecksilber und Dampfdruck
Berührungsthermometer als Standardmodell

Auf Abstand
Pyrometer messen auch ohne Kontakt zum Objekt

Kryometer
Temperaturmessung im Millikelvin-Bereich

Nützlich oder nur Deko?
Spezialthermometer mit eingeschränktem Anwendungsgebiet

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