Anzeige
Anthropogeographie

Erdbeben oder innere Unruhen?

Rätsel um den Untergang von Tiryns

Trotz seiner starken Befestigung und rituellen Bedeutung geht auch Tiryns um 1200 vor Christus unter. Spuren von Bränden deuten darauf hin, dass eine Feuersbrunst die Stadt zerstörte. Was die Brände auslöste, ist aber bisher umstritten. Einige Forscher machen ein großes Erdbeben für den Untergang der Paläste verantwortlich, das auch an anderen Stellen der Argolis schwere SCHäden auslöste.

Wurde die Burg durch ein Erdbeben zerstört? © Jeanhousen / CC-by-sa 3.0

Erdbeben mit Zweifeln

Ob wirklich ein solches Beben die Ursache für den Utnergang von Tiryns war, untersuchen derzeit Archäologen des DAI unter Leitung von Joseph Maran von der Universität Heidelberg in einem von der Gerda Henkel-Stiftung und Fritz Thyssen-Stiftung geförderten Projekt zusammen mit Alkestis Papadimitriou und dem Seismologen Klaus-Günter Hinzen von der Universität zu Köln.

Maran hat dabei durchaus Zweifel an der herrschenden Forschungsmeinung: „In historischen Zeiten jedenfalls gehörte die Argolis nicht zu den gefährlichsten Erdbebenzonen Griechenlands – anderes als zum Beispiel Korinth, das mehrfach zerstört wurde.“ Er hät es auch für möglich, dass innere Unruhen, angefacht durch Ausbeutung und soziale Ungleichheiten, zur Brandkatastrophe führten.

Zwischen Pflicht und Übermaß

„Vielleicht haben sich die mykenischen Könige durch das Feuerwerk an Baumaßnahmen in den letzten Jahrzehnten ihrer Herrschaft vielmehr ihr eigenes Grab geschaufelt“, überlegt der Archäologe. Eine Chance, es anders zu machen, hätten sie allerdings kaum gehabt, wenn sie Könige bleiben wollten. „Schließlich taten sie, was die Götter verlangten und gerieten so in einen Teufelskreis aus wirtschaftlicher Ausbeutung und sakraler Fürsorge – die von ihnen erwartet wurde.“

Dieser mykenische Damm sollte einst Schutz vor Überschwemmung bieten. © DAI

Zu den Pflichten der mykenischen Könige gehörte auch die Abwehr von Naturgewalten. Ein kleiner Fluss überschwemmte und zerstörte immer wieder die Felder, so dass man – noch 50 Jahre vor der Katastrophe – einen gewaltigen Damm baute. „Es war der erste Damm, der das Flussbett komplett versiegelte“, erklärt Maran. „Am Konvergenzpunkt verschiedener Bäche fanden die Baumeister genau den richtigen Punkt, an dem sie den alten Wasserlauf schließen mussten. Parallel dazu leiteten sie den Fluss durch ein neues Bett weit an Tiryns vorbei.“

Anzeige

Seitdem blieben die Felder unbeschadet und es konnte Bauland erschlossen werden – alles in allem eine ingenieurstechnische Meisterleistung. „Aber womöglich war der Bau dieses gewaltigen Damms auch der Sargnagel, der den Untergang des Palastes besiegelte, als die Katastrophe schließlich hereinbrach“, so der Archäologe.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. weiter

Archäologie weltweit / DAI
Stand: 24.01.2014

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Tiryns – die Burg der Könige
Untergang und Wiederauferstehung einer mykenischen Ausnahme-Stadt

Eine versunkene Hochkultur
Die Zivilisation von Mykene und ihr rätselhafter Untergang

Rituelle Expedition
Der Weg in die Königsburg von Tiryns war Teil des Rituals

Erdbeben oder innere Unruhen?
Rätsel um den Untergang von Tiryns

Ein neuer Anfang
Tiryns Wiederaufbau gibt bis heute Rätsel auf

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Klima brachte Hochkulturen am Mittelmeer zu Fall
Eine 300 Jahre dauernde Trockenperiode löste den Niedergang bronzezeitlicher Zivilisationen aus

Ältester Hinweis auf Schriftverwendung im mykenischen Tiryns
Neuer Tafelfund stammt aus dem späten 14. Jahrhundert v. Chr

Dossiers zum Thema