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Ökologie

Endgegner Klimawandel?

Wie das Phytoplankton der Zukunft aussehen könnte

Auch wenn Algenblüten zu wirtschaftlichen Einbußen und Gesundheitsproblemen führen können, ist Plankton nicht aus unseren Meeren wegzudenken. Ohne das Phytoplankton würde uns der Sauerstoff zum Atmen und der Fisch auf dem Teller fehlen. Umso wichtiger ist es, genau zu beobachten, was der Klimawandel mit den kleinen Lebensspendern macht. Ihr Rückgang hätte Auswirkungen apokalyptischen Ausmaßes.

Steigende Temperaturen
Die steigenden Wassertemperaturen werden zum Aussterben einiger Phytoplankton-Arten führen. © Robert A. Rohde/ Global Warming Act

Artenverlust in tropischen Gewässern

Der Klimawandel beschert den Ozeanen verschiedene Probleme. Sie erwärmen sich, versauern und verändern ihre Zirkulation. Kann das Plankton solche Veränderungen händeln? Ja, sagt ein Team um Elena Litchman von der Michigan State University, doch nicht in seiner heutigen Form. Die Untersuchungen des Teams und weitere Studien legen nahe, „dass die Erwärmung zu einer Reduktion von Masse und Vielfalt des Phytoplanktons führen wird.“

Dabei wäre das Phytoplankton der warmen Meere vermutlich am empfindlichsten getroffen und würde mit Voranschreiten des Klimawandels am meisten Vielfalt einbüßen. Dieser Einschätzung schließt sich auch ein Team um Stephanie Henson vom britischen National Oceanography Centre an. In ihren Modellen sagen die Forschenden voraus, dass in den Tropen bis zu 30 Prozent der modellierten Phytoplanktonarten aussterben könnten.

Im Gegenzug dafür könnte in den Polarregionen durch das tauende Meereis und die Erwärmung des Wassers die Artenvielfalt um 30 Prozent zunehmen. Außerdem sagen Henson und ihre Kollegen voraus, dass in subtropischen Gebieten und im Südpolarmeer vorrangig kleine Planktonarten vorherrschen werden, weil diese besser in nährstoffarmen Gebieten zurechtkommen. In anderen Regionen, wie dem Nordatlantik, könnten sich hingegen größere Spezies ausbreiten.

Die Kuh verpasst das Gras

Graeme Hays von der University of Wales Swansea und seine Kollegen setzten in ihrer Forschung hingegen nicht auf Vorhersagen, sondern auf klimatische Auswirkungen auf das Plankton, die auch schon heute spürbar sind. Sie fanden heraus: Die Algenblüten, die dem Zooplankton als Nahrungsgrundlage dienen, finden im Schnitt immer früher statt. Die Forschenden vergleichen den Effekt damit, dass auch an Land immer früher im Jahr die Blumen blühen und Schmetterlinge herumflattern.

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Doch für das Plankton wird diese Verschiebung zum Problem: Phyto- und Zooplankton erreichen dadurch ihre höchsten Populationsdichten nämlich nicht mehr gleichzeitig. Das Phytoplankton blüht teilweise deutlich bevor das Zooplankton, das sich davon ernährt, überhaupt zur Stelle sein kann. Die Kuh verpasst also das Gras. Die Forschenden beobachteten zum Beispiel, wie eine nordatlantische Zooplankton-Art elf Tage früher als bislang ihren Populations-Höchststand erreicht. Seine phytoplanktonischen Nahrungsquellen blühen allerdings 27 bis 33 Tage früher als bisher, womit sich Nahrung und Konsument knapp verpassen.

Ein weiterer Aspekt ist die schon mancherorts beobachtete Verschiebung in der Artzusammensetzung des Phytoplanktons: In wärmerem, CO2-haltigerem Wasser gedeihen vor allem Cyanobakterien gut. Diese jedoch werden von vielen Zooplanktonarten und anderen kleinen Meerestieren nicht gefressen oder nur schwer verwertet. Dadurch bricht dem marinen Nahrungsnetz die Basis weg, es könnte sogar komplett kollabieren, wie Experimente nahelegen.

Südpolarmeer
Das vom Phytoplankton ausgestoßene Dimethylsulfid macht die Wolken über dem Südpolarmeer dichter. © NASA

Mehr als nur passive Leidtragende

Doch Plankton ist nicht nur Opfer des Klimawandels, sondern kann auch allerhand dagegen tun. So bindet Phytoplankton bei der Photosynthese Kohlenstoffdioxid, das zuvor im Meerwasser gelöst war und die Meere versauerte. Zooplankton unterstützt die Kohlenstoffsenke der Ozeane, indem seine Fäkalien und Kadaver zu Boden sinken und der darin enthaltene Kohlenstoff in den Sedimenten gebunden wird.

Darüber hinaus gibt es im Südpolarmeer Planktonarten, die Wolken dichter machen können, indem sie das Gas Dimethylsulfid ausstoßen. Dieses wandelt sich in der Atmosphäre zu Schwefelsäuretröpfchen, die wiederum dazu führen, dass die Wolken 60 Prozent dichter sind als ohne Plankton-Einfluss. Die Wolken reflektieren das Sonnenlicht und halten die Region des Südpolarmeeres dadurch kühl.

Doch aufhalten kann auch das Phytoplankton den Klimawandel nicht. Vor allem weil nicht alle Arten gleich klimafreundlich sind. Es gibt auch solche, die die CO2-Konzentration sogar erhöhen, statt zu senken. Dennoch: Der Superheld Plankton hat uns über Milliarden von Jahren nicht im Stich gelassen. Und das wird er auch jetzt im Angesicht des Klimawandels nicht tun.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Superheld Plankton
Die Basis für das Leben auf der Erde

Unscheinbare Lebensspender
Sauerstoffproduzenten im XXS-Format

Fressen und gefressen werden
Plankton als Basis mariner Nahrungsnetze

Wale als Gärtner der Ozeane
Die Gehilfen des Superhelden Plankton

Tödliche Blüten
Die dunkle Seite des Planktons

Endgegner Klimawandel?
Wie das Phytoplankton der Zukunft aussehen könnte

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