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Phänomene

Ein dauerhafter Stressfaktor

Wenn der Schutzreflex zum Problem wird

Es ist Nacht, alles ist still, doch plötzlich kommt von weit her das erste Donnergrollen. Selbst im Tiefschlaf dürften unsere Vorfahren bei solchen Geräuschen blitzartig wach geworden sein. Ob als Warnung vor Unwettern, herannahenden trampelnden Tierherden oder in Form eines Alarmschreis – Lärm frühzeitig wahrzunehmen war für unsere Ahnen überlebenswichtig.

Selbst im Schlaf wurden unsere Vorfahren, dank dem Gehör, vor trampelnden Tierherden gewarnt. © Bhakti2 / pixabay

Kämpfen oder Fliehen

Bis heute interpretieren wir Lärm intuitiv als Zeichen für Gefahren. Unser Körper schüttet Stresshormone aus und stellt sich auf Verteidigung oder Flucht ein. Deswegen schlägt unser Herz schneller, die Atmung beschleunigt sich und die Muskelspannung steigt. Damit unser Körper auf diese Weise in Stress versetzt wird, muss ein Geräusch nicht zwingend laut sein. Auch leisere aber dauerhafte Lärmquellen, haben diese Folgen.

Doch im Vergleich zu früher ist Lärm heute meist kein Hinweis mehr auf eine akute Gefahr. Wenn wir Straßenlärm hören oder eine Bohrmaschine, müssen wir weder kämpfen noch weglaufen. Trotzdem läuft im Körper die Stressreaktion an – und das wird zum Problem. Denn dadurch schädigt Lärm nicht mehr nur unser Gehör, sondern auch die Psyche und den Körper.

Höheres Herzinfarktrisiko durch Straßenlärm

Hören wir ständig Lärm, versetzt dies unseren Körper in Dauerstress – und diese Stressreaktionen können zu Veränderungen im Körper führen. Beispielsweise zu veränderten Blutfettwerten, Blutzuckerkonzentrationen oder Gerinnungsfaktoren wie Bluteiweißen. Selbst bei jungen Menschen kann nächtlicher Fluglärm langfristig die Blutgefäße messbar schädigen, wie Forscher vor einigen Jahren herausfanden. Damit steigt das Risiko, beispielsweise einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.

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Eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) hat gezeigt, dass männliche Herzinfarktpatienten häufiger an lauten Straßen wohnten als gesunde Altersgenossen. Der Zusammenhang zeigte sich insbesondere bei Menschen, die schon viele Jahre in einer lauten Wohnung lebten.

Je lauter die Umgebung, desto größer scheint demnach auch das Erkrankungsrisiko zu sein: Lag der Mittelungspegel außerhalb der Wohnung bei über 65 Dezibel, so stieg das Risiko schon um bis zu 20 – 30 Prozent. Dieser Schalldruckpegel entspricht ungefähr einem lauten Gespräch oder dem Lärm eines vorbeifahrenden Autos. Eine Auswertung verschiedener Lärmstudien legt nahe, dass rund drei Prozent aller Herzinfarkte in Deutschland auf Verkehrslärm zurückzuführen sein könnten.

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Hanna Diewald
Stand: 25.11.2016

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Umgeben von Lärm
Ein Leben unter permanenter Beschallung

Was ist Schall?
Wie wir Geräusche und Töne wahrnehmen

Geräusch oder Lärm?
Wie das Gehirn unsere Schallwelt ordnet

Krach im Ohr
Wenn das Hörzentrum überstrapaziert wird

Ein dauerhafter Stressfaktor
Wenn der Schutzreflex zum Problem wird

Unruhe im Kopf
Wie Lärm unsere Psyche belastet

Kampf gegen den Lärm
Was hilft gegen den Krach durch Auto und Co?

Hoffnungsträger Elektroauto
Wird die neue Technik unsere Fahrzeuge leiser machen

Unhörbarer Lärm
Infraschall in unserer Umwelt

Diaschauen zum Thema

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Studie zeigt Zusammenhang zwischen Lärm am Wohnort und depressiven Symptomen

Anhaltender Krach verändert die Gehörnerven
Signalübertragung zwischen Ohr und Gehirn passt sich an Dauerlärm an

Nächtlicher Fluglärm schädigt die Blutgefäße
Wiederholter Lärm löst selbst bei jungen, gesunden Menschen messbare Schäden aus

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