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Zoologie

Duftende Eier machen unfruchtbar

Königin erhält Fortpflanzungsmonopol per „Dekret“

Rossameise © Jürgen Liebig / Universität Würzburg

Im Ameisenstaat geht es zu wie im menschlichen Leben. Genau wie in Politik und Wirtschaft, wo sich die Bosse auf die angeblich wirklich wichtigen Aufgaben beschränken oder einfach nur repräsentieren und die Angestellten die eigentliche Arbeit machen, läuft es auch bei den sozialen Insekten.

Die Königin ist vor allem für die Fortpflanzung zuständig. Sie produzieren große Mengen an Eiern, die dann von den Untertanen versorgt und beschützt werden müssen. Die Arbeiterinnen selbst sind unfruchtbar. Und das macht durchaus Sinn. Würden sie sich durch Eierlegen von ihren Aufgaben ablenken lassen, hätte die gesamte Kolonie darunter zu leiden.

Doch warum hat die Königin ein Monopol auf die Fortpflanzung? Und wie verhindert sie, dass die Arbeiterinnen auch selbst Eier legen? Annett Endler und Jürgen Liebig vom Biozentrum der Universität Würzburg haben im März 2004 darauf eine Antwort gefunden. In Laborexperimenten mit Rossameisen stellten sie fest, dass die Königin eine Art „Dekret“ erlässt, das den Arbeiterinnen verbietet sich zu vermehren.

Cocktail aus Kohlenwasserstoffen

Wie sieht dieses „Dekret“ aber nun aus und wie erfährt jedes Tier im Ameisenstaat von dieser Verordnung? Auch darauf haben die Wissenschaftler eine Antwort parat. Die Königin nutzt einfach ihre Eier als „Duftpost“, um das Signal „Königin vorhanden, Eier legen verboten“ an die weiblichen Bewohner des Staates weiterzugeben und sie so unfruchtbar zu halten. Sie versieht dazu die königlichen Produkte mit einem besonderen Chemiecocktail, der vor allem Kohlenwasserstoffe beinhaltet.

„Das Gemisch besteht aus mehr als 30 Komponenten, 15 davon kommen ausschließlich bei der Königin vor“, sagt dazu Jürgen Liebig. Die chemischen Signale gelangen mit den Eiern auch in die zahlreichen Außenposten des Nestes, die bis zu einem Meter vom Hauptnest entfernt liegen können. Selbst in diesen Zweigniederlassungen sind die Arbeiterinnen so immer über die Existenz einer Königin informiert und unterlassen jegliche Fortpflanzungsaktivitäten. Dank dieses cleveren Manövers muss die Königin also selbst gar nicht anwesend sein, um die Untertanen vom Kinderkriegen abzuhalten.

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Arbeiterinnen unterjochen sich selbst

Doch dies ist noch nicht alles. Wie die Wissenschaftler in anderen Experimenten nachweisen konnten, fördern die Arbeiterinnen ihre sexuelle Unterdrückung sogar selbst. In künstlich angelegten Nestern ohne Regentin deponierten die Verhaltensforscher sowohl Eier, die von einer Königin stammten als auch Eier von Arbeiterinnen. Zum Erstaunen der Forscher fraßen die Untertanen die eigenen Eier samt und sonders auf, während die herrschaftlichen Gelege unbehelligt blieben.

Doch dieses Ergebnis reichte den Verhaltensforschern nicht. Um zu überprüfen, ob es tatsächlich die Signalstoffe sind, die das Monopol der Königin Nachkommen zu produzieren festlegen, markierten sie gewöhnliche Arbeiterinneneier mit dem besonderen Duftsignal der Regentin. Anschließend legten sie diese in den Kolonien aus und siehe da: Die Eier wurden von den Ameisen nicht angerührt…

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Stand: 30.04.2004

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Ameisen
Eine für alle, alle für eine

Riesenameisen und Riesenkolonien
Zwischen Realität und Fiktion

Wimmelndes Leben im Kastensystem
Ameisen als soziale Insekten

Eine Welt der Düfte
Ameisenstraßen

Von Schwertransporten und Bodenhaftung
Ameisen als Lastenschlepper

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