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Anthropogeographie

Die Ursachen

Pest, Meer und Torfabbau

Sturmfluten waren und sind an der Nordseeküste nichts Neues. Die Bewohner von Rungholt und den umliegenden Ortschaften kannten die Kraft des Wassers und hatten längst gelernt, mit Überschwemmungen zu leben. Für die Jahre zwischen 1200 und 1300 finden sich allein in den historischen Aufzeichnungen 31 schwere Sturmfluten – doch immer war Rungholt von den schlimmsten Folgen verschont geblieben.

Warum also hatte gerade die Flut von 1362 so dramatische Auswirkungen? Auch wenn die Sage im Untergang des Ortes ganz klar ein Gottesgericht sieht, ist dies kaum als wissenschaftlich fundierte Erklärung anzusehen. Tatsächlich war es wohl erst das Zusammentreffen mehrerer Faktoren, die die Katastrophe auslösten.

Deichbau-Darstellung im Sachsenspiegel aus dem 13. Jahrhundert © historisch

Fatale Kombination

Zum einen veränderte sich bereits seit 1000 n.Chr. das Klima: Es wurde wärmer und der Meeresspiegel stieg allmählich an. Der Druck auf Deiche und Warften wuchs dadurch, Wattströme flossen schneller und drangen tiefer ins Watt hinein. Vom Meer her rasten nach wie vor Stürme heran, die das ohnehin höher auflaufende Wasser immer weiter ins Land hinein trieben.

Zum anderen verursachten die ständigen Überschwemmungen Missernten und ließen die Bauern verarmen. Als Folge wurden die Deiche kaum erhöht oder gepflegt und waren viel zu niedrig für die anstürmenden Wassermassen. Doch ein Rückzug weiter ins Festland hinein konnte ebenfalls tödliche Folgen haben: Denn zwischen 1347 und 1353 wütete der „Schwarze Tod“ in Europa und raffte ein Drittel der damaligen Bevölkerung, 20 bis 25 Millionen Menschen, dahin. Für die Küstenregionen blieb das nicht folgenlos: Durch die Entvölkerung standen nach den Sturmfluten kaum Menschen oder Mittel zur Verfügung, um die Flutschäden rechtzeitig vor der nächsten Sturmflut wieder zu beheben und die Deiche zu reparieren.

Aber der Mensch trug auch sehr viel direkter zur Katastrophe bei: Der Abbau von Salztorf ließ die eingedeichten Marschflächen in vielen Gebieten entlang der Küsten absinken. Stellenweise deutlich unter dem mittleren Tidenhochwasser liegend, waren sie dem Meer nahezu schutzlos ausgeliefert, wenn der Deich einmal gebrochen war. In der Edomsharde allerdings, der Gegend, in der Rungholt lag, wurde kaum Salztorf abgebaut, das Land hatte sich hier nicht so stark gesenkt. Warum versank die Region trotzdem?

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Stand: 25.04.2008

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Rungholt
Rätsel um das Atlantis der Nordsee

Trutz, Blanke Hans!
Rungholt in Sage und Gedicht

Küstendorf oder Handelsstadt?
Streit um Existenz und Bedeutung von Rungholt

Spurensuche
Wo lag Rungholt?

Fundstücke und Raubgräber
Der Streit der Archäologen um die „richtige“ Lage

Der Untergang
Die Grote Manndränke

Die Ursachen
Pest, Meer und Torfabbau

Warum gerade Rungholt?
Antworten aus dem Untergrund

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