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Astronomie/Kosmologie

Die „schönsten Galaxien“

Lord Rosse entdeckt die erste Spiralgalaxie

Es war ein kühler April-Abend, die Nacht sternenklar – sehr seltene Bedingungen für King’s County in Irland. Denn für gewöhnlich herrschen dort nur zwei Arten von Wetter, so sagt man. Entweder kommt bald Regen auf – oder aber es regnet bereits. Jene wolkenlosen Stunden waren also wirklich eine Besonderheit. Als es dunkel wurde, setzte sich auf dem alten Adelssitz Birr Castle ein bizarr anmutender Mechanismus in Gang.

Zwischen zwei mächtigen, mit Efeu umrankten Mauern surrten alle möglichen Räder, Seile und Gegengewichte los, um ein ausladendes Teleskoprohr auf den Himmel zu richten. Die schwerfällige Konstruktion ließ nur einen sehr eingeengten Blick zu, doch der 1,80-Meter-Spiegel lieferte fantastische Ergebnisse. Er war damals, im Jahr 1845, das größte Fernrohr der Welt.

Lord Rosse © Starobserver; NASA/StScI

In jener besonderen Nacht machte sein Eigentümer Lord Rosse, ein wohlhabender Privatmann, seine vielleicht erstaunlichste Entdeckung. Die Deichsel des Großen Wagens stand zu mitternächtlicher Stunde im Zenit, und der dritte Earl of Rosse nutzte die hervorragende Blickposition, um einen seit 1773 bekannten schwachen Nebelflecken anzupeilen, Messier Nummer 51. Langsam rückte das perlgrau schimmernde Gebilde ins Gesichtsfeld, und Lord Rosse erkannte ein Spiralmuster, das sich auf dem schwarzen Hintergrund des Himmels abzeichnete. Der irische Lord hatte erstmals einen Spiralnebel identifiziert.

Rosses Zeichnung von M51 und ein frühes Foto © Starobserver; NASA/StScI

Nur, was war das? Etwa ein Materiewirbel, aus dem neue Planetensysteme entstehen? Zunächst schien dies die naheliegendste Erklärung zu sein. Doch in der ersten Hälfte des 20sten Jahrhunderts erkannten Astronomen, dass diese spiraligen Nebel außerhalb unseres Milchstraßensystems liegen und als völlig eigenständige Sternsysteme durchs All ziehen. Die Riesen-Teleskope der großen kalifornischen Sternwarten lösten die berühmte Andromeda-Spiralgalaxie bis ins Zentrum in Einzelsterne auf. Damit war ihr eigener »Milchstraßen-Status« bewiesen.

M51 vom Weltraumteleskop Hubble gesehen © Starobserver; NASA/StScI

Plötzlich wusste man, dass unser Sternsystem nur eine von Myriaden ähnlicher Welteninseln ist. Das Universum nahm damit noch fantastischere Dimensionen an. Spiralgalaxien sind groß und hell, daher machen sie sich auch am deutlichsten bemerkbar. So zählen rund drei Viertel aller beobachteten Systeme zu den Spiralen. In Wirklichkeit sind sie aber nicht so häufig. Nur jede dritte zählt zu diesen »schönsten aller Galaxien«. Auch unsere eigene Milchstraße ist bekanntlich eine davon. Ihre Struktur wurde mühsam ermittelt und ist bis heute noch nicht exakt bestimmt.

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Stand: 26.09.2003

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Kosmische Wirbel
Geheimnisse der Spiralgalaxien

Die "schönsten Galaxien"
Lord Rosse entdeckt die erste Spiralgalaxie

Unsere Heimat - ein kosmischer Zyklon
Die Milchstraße und ihre Form

Die kosmische Stimmgabel
Edwin Hubbles Klassifikation der Galaxienformen

Spiralarme geben Rätsel auf
Ein Wellenphänomen im Sternensee der Galaxis?

Ein Teilchenjet sorgt für Überraschungen
Eine Entdeckung in der »falschen« Galaxie

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