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Technik

Die Karte geht zum Militär

Kriegsführung mit unlauteren Mitteln

Während zu Zeiten Kolumbus’ und Magellans die Kartographie vor allem im Dienst der Entdeckung von Ländereien und deren „Eroberung per Landkarte“ stand, hatten sich im 17. und 18. Jahrhundert die meisten der europäischen Staaten konstituiert. Karten und geographische Informationen hatten, obwohl sie mittlerweile sehr viel einfacher zu reproduzieren waren, noch immer einen erheblichen Wert.

Ordnung muss sein

Der Soldatenkönig, Friedrich Wilhelm I., erkannte als einer der ersten, dass ihm die kartographische Landesaufnahme Vorteile bei der Kriegsführung einbringen würde. Im Jahr 1673 bekam der Generalquartiersmeisterleutnant von Preußen erstmals den Auftrag „von allen Orten einen richtigen und perfekten Abriss in Verwahrung und Bereitschaft“ zu haben und eine Kartenkammer einzurichten. Das Vermessungs- und Kartenwesen erhielt damit einen festen Platz in der preußischen Militär- und Zivilverwaltung.

Doch die Karten stehen auch in Preußen nur einem kleinen Kreis Auserwählter zur Verfügung. Friedrich der Große, Sohn des Soldatenkönigs, fürchtet den Verlust seiner Karten so sehr, dass er die wichtigsten Exemplare auf Reisen stets in einer Kiste mit sich führte. Die Plankammer im Stadtschloss Potsdam ließ er in das Stockwerk über seiner Wohnung verlegen. Der Zugang bestand aus einer knarrenden Stiege. So konnte der König die Kartensammlung persönlich überwachen.

Karte von Preußen, Gerhard Mercator, 1609 © www.mapsandducks.de

Ursache der Vorsicht war die Angst, militärischen Gegnern den Einmarsch ins Land zu erleichtern, wenn diesen die Karten in die Hände fielen. Aus demselben Grund durften genauere Karten mit großem Maßstab, die Ende des 18. Jahrhunderts angefertigt wurden, gar nicht oder nur mit verkleinertem Maßstab gedruckt werden.

Schlechte Erfahrung

Auch die Gegenspielerin Friedrichs des Großen, Maria Theresia, Herrscherin von Österreich, erkannte, dass gute Karten über den Ausgang von Kriegen entscheiden können. Nach schlechten Erfahrungen mit unzureichendem Kartenmaterial im Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1762) veranlasste auch sie eine systematische Landesaufnahme nach dem Vorbild Preußens.

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Beide Mächte standen sich einander in nichts nach, wenn es um die Bespitzelung des Gegners ging. So erließ Maria Theresia die Anordnung, ihre in preußische Kriegsgefangenschaft geratenen Offiziere nicht sofort gegen preußische Gefangene der österreichischen Armee einzutauschen. Von den gefangenen Österreichern erhoffte sie sich nach deren längerem Aufenthalt im Gebiet des Feindes verlässliche Informationen über die Festungen und die Topographie Preußens. Friedrich allerdings bemerkte ihre Taktik und schickte die Offiziere früher heim.

Spitzeleien und Täuschungsmanöver

Preußen hingegen sammelte gezielt Informationen über den Ausbau der Festungsanlagen von Wien. Im Kartenkontor des preußischen Generalstabs fand sich eine bemerkenswerte Sammlung von Karten, die den Umbau der Wiener Festung dokumentieren, der um 1740 begann, als sich Österreich bereits für einen Krieg rüstete.

Als Anfang der 1770er Jahre ein Stadtplan Wiens gedruckt werden sollte, behielt sich Maria Theresia die Kontrolle des Kartenmanuskripts vor und veranlasste diverse Änderungen, um die Festung auf dem Papier größer und uneinnehmbarer erscheinen zu lassen.

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Stand: 13.01.2006

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

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Die Karte geht zum Militär
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