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Phänomene

Die Frage des Lebens

Wie viele außerirdische Zivilisationen gibt es in unserer Galaxie?

Wahrscheinlich gibt es allein in unserer Galaxie Milliarden lebensfreundliche Planeten. Doch wie hoch ist dann die Chance, dass auf ihnen intelligentes Leben oder sogar eine fortgeschrittene Zivilisation gibt?

Drake-Gleichung
Die Drake-Gleichung gibt anhand von sieben Parametern an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für die Entdeckung von intelligentem außerirdischem Leben ist. © HG: Sololos/ Getty images

Die zweite Hälfte der Drake-Gleichung

Diese Frage stellt der zweite Teil der berühmten Drake-Gleichung. Seine Parameter beschreiben die Wahrscheinlichkeit, dass auf einem habitablen Planeten biologisches Leben entsteht (fl), dass dieses Leben eine Intelligenz entwickelt (fi) und dass dieses intelligente Leben zu einer technologisch fortgeschrittenen Zivilisation wird (fc), die imstande wäre, mit uns zu kommunizieren oder die zumindest potenziell detektierbare Signale aussendet. Der letzte Faktor (L) beschreibt die Überlebensdauer ein solchen Zivilisation.

Für alle vier Parameter gibt es bisher keine klare Antwort, dafür umso mehr teils widersprüchliche Vermutungen. „Wir kennen bisher nur ein einziges Beispiel für das Vorkommen von Leben, Intelligenz und Technologie im Universum – uns“, konstatiert Adam Frank von der Rochester University in New York. Alle Modelle und Theorien können sich nur auf diesen einen Präzedenzfall gründen. „Wir haben daher keine Ahnung, wie wahrscheinlich es ist, dass sich auf einem beliebigen lebensfreundlichen Planeten intelligentes Leben entwickelt“, so Frank.

Gute Chancen für biologisches Leben

Im Jahr 2020 hat der Astronom David Kipping von der Columbia University in New York dennoch eine Einschätzung gewagt. Mithilfe statistischer Verfahren testete er, wie oft sich die irdische Evolution wiederholt, wenn man die Erdgeschichte bei gleichen Ausgangsbedingungen wieder und wieder durchspielt. „Diese Methode ist vergleichbar mit den Wahrscheinlichkeiten beim Wetten“, erklärt Kipping. „Sie erlaubt ein wiederholtes Testen ausgehend von bestehenden Daten.“

Auf Basis dieser Simulationen kommt Kipping zu dem Schluss, dass die Chancen für außerirdisches Leben relativ gut stehen. Demnach müsste auf mindestens jedem dritten Planeten mit erdähnlichen Bedingungen einfaches biologisches Leben vorkommen. Geht man von unserem eigenen Beispiel aus, könnten die ersten Zellen schon wenige hundert Millionen Jahre nach der Entstehung des Planeten entstehen. „Die Wette auf ein Universum voller Leben steht daher ganz gut“, so Kipping.

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…aber enges Zeitfenster für Intelligenz

Für das intelligente Leben sieht es allerdings anders aus – und das hat vor allem mit dem Faktor Zeit zu tun: Nimmt man unsere eigene Evolution als Vorbild, dauert es mindestens 3,5 Milliarden Jahre, bis sich aus den ersten Zellen intelligentes Leben und erste Zivilisationen entwickeln. Damit haben wir die Bühne erst „kurz vor Toresschluss“ betreten. Denn schon in einer Milliarde Jahren wird die Sonne so heiß und groß geworden sein, dass die Erde nicht mehr in der habitablen Zone liegt – unsere grün-blaue Welt wird zum lebensfreundlichen Wüstenplanet.

Das bedeutet: Bei einem sonnenähnlichen Stern bleibt nur ein enges Zeitfenster für die Entwicklung von intelligentem Leben und außerirdischen Zivilisationen. Die Chance dafür beziffert Kipping auf 3:2. Das bedeutet: Den Sprung von einfachen biologischen Lebensformen zur intelligenten Zivilisation schaffen nur zwei von drei bewohnten Planeten. „Die Annahme, dass Intelligenz im Kosmos selten ist und die Erde einfach Glück hatte, bleibt daher gültig“, sagt Kipping. Allerdings: Masseärmere Sterne wie die Roten Zwerge haben eine deutlich längere Lebensdauer als unsere Sonne. Ihre Planeten hätten daher mehr Zeit für die Evolution zu intelligentem Leben.

Milchstraße
Allein in der Milchstraße könnte es zwischen 10.000 und einer Million außerirdische Zivilisationen geben. © NASA/JPL-Caltech/ESO/R. Hurt

Wie viele Zivilisationen gibt es in der Milchstraße?

Eine konkretere Schätzung zu intelligenten Außerirdischen stellte der Astronom Seth Shostak vom SETI-Institute im Jahr 2018 auf. Er ging in seinen Berechnungen auf Basis der Drake-Gleichung davon aus, dass auf einem von 100 belebten Planeten irgendwann auch intelligentes Leben entstehen könnte – und dass zumindest einige dieser Kulturen lange genug überleben, um eine Zivilisation zu begründen. Shostaks Schätzungen nach müsste es daher in einem von 100 Millionen Sternensystemen technisch hochstehende Bewohner geben. „Allein in unserer Galaxie könnte es damit rund 10.000 außerirdische Zivilisationen geben – von anderen Galaxien ganz zu schweigen“, so der Astronom.

Zu einem noch optimistischeren Ergebnis kam der Astronom Carl Sagan im Jahr 1979: Er und seine Kollegen gingen von rund einer Million technologischer Zivilisationen in der Milchstraße aus. „Das ist eine atemberaubend große Zahl und es ist begeisternd, sich die Vielfalt, Lebensweisen und Handelsbeziehungen dieser Millionen Welten vorzustellen“, so Sagan in einem Vortrag.

Es gibt allerdings auch deutlich pessimistischere Schätzungen. Die „Rare-Earth“-Hypothese geht beispielsweise davon aus, dass es in einer Galaxie viele Bereiche gibt, in denen die Bildung lebensfreundlicher Planeten mit komplexem Leben nicht möglich ist. Zu diesen „Todeszonen“ gehören unter anderem Gebiete mit hoher Dichte an massereichen Sternen und Supernovae, weil dort energiereiche Sternenwinde und Explosionen zu viele Turbulenzen und Strahlung erzeugen. Auch das galaktische Zentrum mit seinem supermassereichen Schwarzen Loch und den damit verbundenen Strahlenemissionen und Schwerkrafteffekten scheidet demnach aus.

Kugelsternhaufen
Könnten Kugelsternhaufen, wie hier Messier 13, geeignete Bedingungen für alien-Zivilisationen bieten? © Sid Leach, Adam Block/ Mount Lemmon SkyCenter, CC-by-sa 4.0

Kugelsternhaufen: Hort des Lebens oder Todeszone?

Ebenfalls erschwerte Bedingungen herrschen der „Rare-Earth“-Hypothese zufolge in Kugelsternhaufen. Diese kompakten Stern-Ansammlungen liegen in den Außenbezirken der Milchstraße und umfassen bis zu 100.000 meist alte, metallarme Sterne. Das jedoch bedeutet, dass diese Sternhaufen kaum schwere Elemente enthalten und damit auch nicht genügend Baumaterial für Planeten.

Noch dazu stehen die Sterne sehr dicht: Läge die Sonne in einem solchen Kugelsternhaufen, wäre ihr nächster Nachbar nicht vier Lichtjahre entfernt, sondern nur rund 0,2 Lichtjahre. Bei massereicheren Sternen kann dies zu Schwerkrafteinflüssen führen, durch die gerade Planeten aus ihrer Bahngeschleudert werden. – keine sehr guten Voraussetzungen für intelligentes Leben, sollte man meinen.

Doch das sehen Rosanne DiStefano vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und ihre Kollegen anders: Ihrer Ansicht nach könnten gerade Kugelsternhaufen beste Voraussetzungen bieten – nicht nur für Erdzwillinge, sondern auch für die Entwicklung fortgeschrittener Zivilisationen. Dies gelte dann, wenn ein Kugelsternhaufen vorwiegend aus Roten Zwergsternen besteht. Diese sind klein, leuchtschwach und haben dicht am Stern liegende habitable Zonen. Lebensfreundliche Planeten wären daher nahe genug am Stern, um nicht von den Schwerkrafteinflüssen der Nachbarsterne gestört zu werden.

Noch wichtiger aber: Rote Zwerge werden deutlich älter als unsere Sonne, daher hätten außerirdische Intelligenzen viel Zeit, sich zu entwickeln und fortgeschrittene Zivilisationen zu bilden. Für solche Aliens wäre dann ein Flug zum nächsten Planetensystem wegen der geringeren Entfernungen viel einfacher als für uns. Und auch das Argument der fehlenden Rohstoffe für die Planetenbildung lässt das Forschungsteam so nicht gelten: Inzwischen wurden schon mehrere Exoplaneten entdeckt, deren Sterne ebenfalls zehnfach metallärmer sind als unsere Sonne. Gerade für kleinere Gesteinsplaneten könnte das Baumaterial demnach auch in den Kugelsternhaufen ausreichen.

„Ein Kugelsternhaufen könnte daher sogar der erste Ort in unserer Galaxie sein, an dem intelligentes Leben entdeckt wird“, sagt DiStefano. Dieser Meinung war auch der Astronom Frank Drake, der deswegen im Jahr 1974 mit dem Arecibo-Radioteleskop eine Botschaft an extraterrestrische Intelligenzen sendete. Ihr Ziel: der gut 25.000 Lichtjahre entfernte Kugelsternhaufen Messier 13. Eine Antwort ist allerdings frühestens in rund 50.000 Jahren zu erwarten…

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wo sind die Aliens?
Das Fermi-Paradoxon und die Suche nach außerirdischen Intelligenzen

Sind wir allein?
Die Drake-Gleichung und extraterrestrisches Leben

Die Frage des Lebens
Wie viele außerirdische Zivilisationen gibt es in unserer Galaxie?

Das Fermi-Paradox
Warum haben wir noch keine Aliens entdeckt?

SETI aus Sicht der Aliens
Würden Außerirdische uns finden?

ET antwortet nicht
Wollen Außerirdische überhaupt gefunden werden?

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