Anzeige
Medizintechnik

Der Schwarze Tod kehrt wieder

Pest (Yersinia pestis)

Die Pest gilt als eine der großen Plagen der Menschheitsgeschichte. Immer wieder hat die Seuche große Epidemien ausgelöst und Millionen von Menschenleben gefordert. Die erste bekannte Pandemie der Pest begann 541 vor Christus in Ägypten und breitete sich über Nordafrika, Europa bis nach Zentral- und Vorderasien aus. Nach heutigen Schätzungen fielen ihr 50 bis 60 Prozent der gesamten Bevölkerung zum Opfer. Den zweiten großen Siegeszug trat die Pest im Jahr 1346 an. Der Schwarze Tod dehnte sich langsam, aber unaufhaltsam über Asien und Europa aus. Als die Pandemie 130 Jahre später zu Ende ging, waren allein in Europa 20 bis 30 Millionen Menschen an der Seuche gestorben – mehr als ein Drittel der gesamten Bevölkerung des Kontinents.

Auch wenn verbesserte hygienische Bedingungen, Gesundheitssysteme und Antibiotika solche Schreckensszenarien heute unwahrscheinlich machen, kleinere Ausbrüche der Pest gibt es nach wie vor. Noch 1997 trat in Madagaskar ein Fall von Lungenpest auf und steckte 18 weitere Menschen an, bevor er entdeckt wurde. Acht Menschen starben. Der Einsatz der Pest als Biowaffe könnte jedoch durchaus dramatische Folgen haben, die Todesrate der unbehandelten Lungenpest liegt bei nahezu 100 Prozent.

Aufgrund der weltweit leichten Verfügbarkeit des Erregers, verbunden mit einer hohen Kapazität für eine Massenproduktion, einer leichten Ausbreitung als Aerosol und der hohen Todesrate der resultierenden Lungenpest stufen Experten die Pest heute als ernstzunehmende Bedrohung im Falle eines Einsatzes ein. Nach heutigen Erkenntnissen haben in der früheren Sowjetunion mindestens zehn Labore und tausende von Wissenschaftlern an der Entwicklung von waffenfähigen Peststämmen gearbeitet. Inwieweit auch andere Länder und unabhängige Terrorgruppen über das Pestbakterium verfügen ist nicht nachgewiesen, es gilt aber als sehr wahrscheinlich.

Nach Schätzungen der WHO könnte nach einer Freisetzung von 50 Kilogramm eines Pesterreger-Aerosols über einer Stadt mit fünf Millionen Einwohnern bis zu 150.00 Menschen an der Lungenpest erkranken, 36.000 davon könnten an der Seuche sterben. Noch eine Stunde nach Freisetzung und noch in Entfernungen von bis zu zehn Kilometern wären die Bakterien im Aerosol zu finden.

Steckbrief:

Erreger:
Verursacher der Pest ist das Bakterium Yersinia pestis. Es gehört zur Familie der Enterobacteriden. Es bildet keine Sporen und wird durch direktes Sonnenlicht und Hitze leicht zerstört.

Anzeige

Übertragung:
Normalerweise erfolgt die Ansteckung durch den Biss von infizierten Flöhen, verbreitet wird die Seuche von infizierten Ratten. Die dabei meist auftretende Krankheitsform, die Beulenpest, ist nicht vom Mensch zu Mensch übertragbar. Anders dagegen die Lungenpest: Sie ist hochinfektiös und durch Tröpfcheninfektion übertragbar. Bei natürlichem Krankheitsverlauf entwickelt nur ein geringer Prozentsatz der Erkrankten diese Verlaufsform, bei einer Infektion durch das Aerosol einer Biowaffe stellt sie jedoch die Hauptkrankheitsform dar.

Symptome/Diagnose:
Die Symptome und der Krankheitsverlauf nach einer Freisetzung von Pesterregern durch Aerosol unterscheiden sich deutlich von der normalen Verlaufsform der Pest. Nach einer Inkubationszeit von einem bis zu sechs Tagen treten zunächst lungenentzündungsähnliche Symptome wie Fieber und Husten auf, die sich innerhalb kurzer Zeit rapide verschlechtern und schon wenige Stunden bis Tage später zum Tode führen können. Zur Zeit gibt es keine Schnelltests, um eine Pestdiagnose sicherzustellen. Das erste Anzeichen eines Anschlags mit Pestbakterien wäre vermutlich eine ungewöhnlich starke Häufung von vermeintlichen schweren Lungenentzündungen.

Vorbeugung:
In den USA wurde bis zum Jahr 1999 ein Impfstoff mit abgetöteten Erregern hergestellt, mit dem Laborbeschäftigte und Soldaten, die in Pestgebieten eingesetzt werden sollten, geimpft wurden. Dieser Impfstoff immunisierte jedoch nur gegen die Beulenpest, gegen eine von Biowaffen verursachte Lungenpest war er unwirksam.

Behandlung:
Eine Behandlung der Lungenpest mit Antibiotika ist prinzipiell möglich, es gibt bislang jedoch nur wenig Erfahrungen oder Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Therapie. Studien zeigen jedoch, dass eine Antibiotikagabe später als 24 Stunden nach Einsetzen der

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. 8
  18. |
  19. 9
  20. |
  21. 10
  22. |
  23. 11
  24. |
  25. 12
  26. |
  27. 13
  28. |
  29. 14
  30. |
  31. weiter
Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Biowaffen
Wie groß ist die Gefahr?

Panikmache oder begründete Angst?
Die Wahrscheinlichkeit einer Bioterrorattacke

...und der Irak?
Saddam, Biowaffen und der Bioterror

Man nehme...
Was braucht ein Bioterrorist?

Januskopf Bioforschung
Mehr Kontrolle - aber wie?

Ein zahnloser Tiger...
Die Biowaffenkonvention

Was wäre wenn?
Das Problem der Erkennung...

Sind wir vorbereitet?
Das Problem der Zuständigkeiten und Strukturen

Totgesagte leben länger...
Renaissance der Pockenimpfung?

Killeragenzien von A bis C
Die Gefahrenkategorien der CDC

Von der Kuhseuche zum Kampfstoff
Anthrax (Bacillus anthracis)

Der Schwarze Tod kehrt wieder
Pest (Yersinia pestis)

Das tödlichste Gift der Welt
Botulinum Toxin (Gift von Clostridium botulinum)

Ausgestorben, aber nicht tot
Pocken (Variola)

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Mikroskop hilft beim Aufspüren von Biowaffen
Fluoreszenzmikroskop für Einsatz in Entwicklungsländern entwickelt

Botulismus-Toxin: Doppelschritt macht Gift erst tödlich
Struktur der Bindung zwischen Toxin und Nervenzelle aufgeklärt

Pocken: Als Biowaffe gefährlicher denn je?
Simulation zeigt unzureichende Schutzmaßnahmen bei Freisetzung

Anthrax-Toxin neutralisiert
Neuer Immuntherapie-Ansatz gegen Anthrax

Gen macht anfällig für Anthrax-Gift
Forscher finden große Spannbreite der Toxin-Empfindlichkeit innerhalb der Bevölkerung

Dossiers zum Thema

Das Supervirus - Influenza, Artschranken und die Angst vor einer Biowaffe aus dem Forschungslabor