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Geologie/physische Geographie

Der Methusalem unter den Bäumen

Die kalifornische Borstenkiefer

Borstenkiefer oder Bristlecone Pine © GymnospermDatabase, Universität Bonn

Es gibt einen Baum auf der Erde, der für die Altersbestimmung geradezu prädestiniert ist. Meist freuen sich Dendrochronologen schon über Bäume, die maximal einige Hundert Jahre alt sind. Doch in den White Mountains von Kalifornien gedeiht seit Jahrtausenden eine Kiefernart, die alle Baumveteranen unserer Breiten in den Schatten stellt.

Das älteste jemals gefundene Exemplar der Borstenkiefer oder Bristlecone Pine ist 4.778 Jahre alt. Der Baum erhielt den Namen Methusaleh und ist noch immer im National Bristlecone Forest zu bewundern. Selbst „gewöhnliche“ Borstenkiefern haben ein Alter von 3.000 Jahren, sie sind damit die ältesten lebenden Pflanzen der Erde.

Unwirtliches Klima

Dabei scheint die Umgebung der Bristlecone Pines lebensfeindlich wie keine andere. In über 3.000 Metern Höhe herrscht hier ein extrem trockenes Hochgebirgsklima. Die wenigen Niederschläge, in der Regel nicht mehr als 200 Millimeter pro Jahr, fallen bis in den Juni hinein meist als Schnee. Gerade einmal sechs Wochen bleiben den Bäumen im Sommer, um sich für den nächsten Winter zu rüsten. Borstenkiefern wachsen deshalb so langsam, dass einhundert Jahresringe oft nicht mehr als einen Zentimeter ausmachen.

Borstenkiefer © L. Miller

Doch das extreme Klima scheint zur Überlebensstrategie der Bristlecone Pines dazuzugehören. Denn Pilze, die das Holz zerstören könnten, überleben hier oben nicht. Andere Pflanzen oder Tiere gibt es kaum, das wenige Wasser müssen sich die Bäume deshalb nicht teilen. Der monatelang über die Berge wehende Wind hat aus den Bäumen knorrige, verwachsene Skelette gemacht, deren Rinde durch den Flugsand glatt poliert ist. Die Krone der Borstenkiefern besteht oft aus nur wenigen lebenden Ästen, die allein durch ein kleines Stück intakter Baumrinde auf der windabgewandten Seite ernährt werden. Die Nadeln werden bis zu 40 Jahre alt. Durch Blitzeinschlag oder extreme Trockenheit aufgerissenes Holz, können die Bäume abstoßen, so dass die bis zu sechs Meter dicken Stämme manchmal nur durch wenige Stränge funktionierenden Leitgewebes am Leben erhalten werden.

Lückenlose Chronologie bis 5.000 Jahre v. Chr.

Seit der Entdeckung der Borstenkiefern in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts haben Forscher vom Laboratory of Tree-Ring Research in Arizona eine Standardchronologie der Bristlecone Pines erstellt. Da selbst lebende Bäume mehr als 4.000 Jahrringe aufweisen, war es hier ein leichtes, die Jahrringsequenzen nur weniger Bäume zu einer beträchtlichen Chronologie zu verbinden, ganz im Gegensatz zu den mühsam zusammengesuchten Holzfunden aus Mooren, Pfahlbauten und Schwemmholz in Europa. Die Bristlecone-Chronologie ist eine der längsten und zuverlässigsten Referenzchronologien überhaupt und wird weltweit zu Altersbestimmungen herangezogen. Natürlich ist man auch bei dieser Jahrringreihe ständig bestrebt, sie zu erweitern. Derzeit reicht sie lückenlos bis 7.000 Jahre vor Christus zurück, an der Verlängerung auf über 10.000 Jahre wird gearbeitet.

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Stand: 05.11.2004

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Dendrochronologie
Der Baum-Code

Eine Sackgasse wird zur Pole-Position
Die Entdeckung der Baumringe als Klimaarchiv

Die Anasazi und ein Missing Link
Dendrochronologie - Die Geburt, Teil I

HH-39 – Der „Stein von Rosetta“ Nordamerikas
Dendrochronologie - Die Geburt, Teil II

Crossdating, ein unendliches Puzzle
Das Grundprinzip der Dendrochronologie

Ringzauber
Wie Bäume wachsen

Von Hochwässern, Lawinen und Buschfeuern
Baumringe als Datenspeicher

Der älteste Kalender der Welt
Der Hohenheimer Jahrringkalender

Der Methusalem unter den Bäumen
Die kalifornische Borstenkiefer

… Kontrolle ist besser
Baumringe als Eichmaß für die C14-Datierung

Wiederauferstehung eines Ur-Waldes
Der späteiszeitliche Paläowald Reichwalde

„Ein breiter Ring kann heißen ‚warm’, ‚kalt’ oder ‚kalt und Regen’“
Interview mit Ilse Boeren, Teil I

„Den Wäldern in Sibirien ähnlich“
Interview mit Ilse Boeren, Teil II

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