Anzeige
 

Der Fluch des Blutes

Risiken einer Bluttransfusion

Leider nutzen nicht nur Hormone, Sauerstoff und Nährstoffe das Blut als Transportmittel. Ebenso effektiv können Krankheitserreger über die Blutbahn im gesamten Körper verteilt werden, wenn sie erst einmal in das System gelangt sind. Spätestens seit dem Skandal um HIV-verseuchte Blutkonserven in den 80er Jahren weiß man, dass Bluttransfusionen zwar Leben retten, aber auch ein akutes Risiko bergen, wenn das zugeführte Blut nicht sorgfältig auf Infektionserreger und Verträglichkeit überprüft wird. Erst seit Ende der 90er Jahre gibt es beispielsweise standardmäßige Tests auf HI- und Hepatitis-Viren.

Hepatitis

Die DDR Ende der 70er Jahre. Als Vorbeugemaßnahme gegen Rhesusfaktor-Unverträglichkeiten bei nachfolgenden Schwangerschaften werden 7.000 Frauen nach der Geburt ihres Kindes mit dem Anti-D Immunoglobulin geimpft. Da ein Teil der Chargen jedoch mit dem Hepatitis-C-Virus verseucht ist, infizieren sich rund 2.500 Frauen mit der Krankheit.

Inzwischen haben routinemäßige Überprüfungen von Blutkonserven das Risiko einer Hepatitis-Infektion bei Transfusionen reduziert. Vor der Einführung von verlässlichen Tests auf Hepatitis-Viren ist es jedoch immer wieder zu Infektionen über verseuchte Blutkonserven gekommen. Wie konnte das passieren? Viele Blutspender wissen gar nicht, dass sie die Hepatitis-Viren in sich tragen, weil es gut zehn bis 20 Jahre dauern kann, bis sie die typischen Symptome wie Fieber und Gelbsucht verspüren.

Kommt die Krankheit dann zum Ausbruch, gibt es unterschiedlich kritische Formen. In den meisten Fällen einer Hepatitis B Infektion schafft es der Körper, Antikörper zu entwickeln, die in der Lage sind, die Viren zu bekämpfen und die Infektion von selbst wieder los zu werden. Bei fünf bis zehn Prozent der Fälle kommt es jedoch zu einer chronischen Entwicklung. Die Patienten produzieren zwar auch Antikörper gegen Hepatitis B, aber nicht genug, um die Viren erfolgreich aus den Leberzellen zu vertreiben.

Noch bedrohlicher sieht die Situation bei Hepatitis C aus, vor allem, weil es – im Gegensatz zu Hepatitis B – hierfür bisher noch keinen Impfstoff gibt. In akuten Fällen entwickelt sich eine Leberzirrhose. Forscher erhoffen sich neue Behandlungsmethoden, nachdem es im Februar 2005 gelungen ist, den Virus für Hepatitis C in einer Zellkultur zu züchten.

Anzeige

West-Nil-Virus

West-Nil-Virus © CDC/Cynthia Goldsmith

Schon Alexander der Große soll am West-Nil-Virus gestorben sein, da Berichten zufolge kurz vor seinem Tod angeblich Raben tot vom Himmel fielen. Ähnliches ereignete sich im Jahr 1999 im New Yorker Central Park. Das Virus war mit einem Flugzeug in die westliche Welt gelangt und breitete sich rasant auf dem amerikanischen Kontinent aus. In den letzten Jahren ist das Virus auch in Deutschland immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Der Name stammt vom West-Nil-Distrikt in Uganda, wo das Virus 1937 zum ersten Mal isoliert wurde. Es tritt sowohl in tropischen als auch gemäßigten Zonen auf und infiziert hauptsächlich Vögel. Aber auch Menschen und andere Säugetiere fallen ihm zunehmend zum Opfer. Allein in den USA wurden 2002 über 4.000 Fälle gemeldet, wovon 284 tödlich endeten. Bei 13 Fällen erfolgte die Ansteckung durch Bluttransfusionen.

Culex quinquefasciatus © Jim Gathany/CDC

Hauptüberträger für das West-Nil-Virus ist die Mückenart Culex pipiens. Die Forscher wunderten sich, warum sich das Virus in Nordamerika schneller ausbreitete als in Europa. Daher untersuchten sie die Mückenart genauer und fanden 2004 heraus, dass in Europa zwei Unterarten leben. Die eine sticht bevorzugt Vögel, die andere Menschen. In Amerika dagegen, existiert eine Zwischenform, die sowohl Vögel als auch Menschen sticht und so als hervorragender Überträger des Virus funktioniert.

Zunächst glaubte man, dass das Virus nicht von Mensch zu Mensch wandert. Seit 2002 haben sich jedoch Vermutungen bestätigt, dass es durchaus auch mit dem Blut bei Transfusionen und Organtransplantationen übertragen werden kann. Um das Risiko so gering wie möglich zu halten, dürfen Personen, die sich zwischen Juni und November in Nordamerika aufgehalten haben, nach ihrer Rückkehr vier Wochen lang kein Blut spenden. Da die Vermehrung des Erregers sowie seines Überträgers temperaturabhängig ist, kommt es hauptsächlich in den warmen Sommermonaten zu Epidemien.

Gehirngewebe eines Patienten mit West-Nil-Enzephalitis © CDC

Während eine Infektion bei 80 Prozent der Bevölkerung keine Symptome hervorruft, kommt es bei der Minderheit zu grippeähnlichen Erscheinungen. Gefährlich wird es dann, wenn das Virus die Blut-Hirn-Schranke passiert und eine Hirnhautentzündung auslöst. Bisher gibt es noch keine wirksamen Behandlungsmethoden, allerdings befindet sich seit April 2005 ein Impfstoff in einer Testphase.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. 8
  18. |
  19. 9
  20. |
  21. 10
  22. |
  23. weiter


Stand: 20.05.2005

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Lebenselixier Blut
„Ein ganz besondrer Saft“

Mythos Blut
Von Riten, Religionen und Aberglauben

Spezialisten im Einsatz
Die einzelnen Blutzellen

Blutgerinnung
Selbstheilung bei offenen Wunden

Blut ist nicht gleich Blut
Das System der Blutgruppen

Der Fluch des Blutes
Risiken einer Bluttransfusion

Tödliche Gene als Lebensretter
Mit Sichelzellenanämie gegen Malaria

Attacken auf das Immunsystem
Wenn harmlose Erreger tödlich wirken

„Weißes Blut“
Tödlicher Überschuss an weißen Blutkörperchen

Künstliches Blut
Die sichere Alternative

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

News zum Thema

keine News verknüpft

Dossiers zum Thema

Blutsauger - Zecken, Mücken und Co.: Kleiner Stich mit bösen Folgen

AIDS - Auf der Suche nach der Wunderwaffe