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Phänomene

Das Fermi-Paradox

Warum haben wir noch keine Aliens entdeckt?

Wenn es intelligentes Leben im All gibt und wir selbst in unserer Milchstraße nicht die einzigen sind – warum haben wir bisher nichts von den Außerirdischen gehört oder gesehen? Lässt man zweifelhafte UFO-Beobachtungen und Berichte über Begegnungen der dritten Art mal außer Acht, ist die Alien-Bilanz bisher mehr als mau: Trotz aller Suche konnten wir bisher weder einfaches außerirdisches Leben noch extraterrestrische Intelligenzen finden.

SETI
Bisher haben Fahndungen nach außerirdischen Signalen mithilfe von Radioteleskopen keine eindeutigen Technosignaturen gefunden. © ferrantraite/ Getty images

Zwar gab es einige wenige Signale, die mögliche Kennzeichen eines extraterrestrischen und künstlichen Ursprungs aufwiesen. Einige stellten sich aber im Nachhinein doch als irdisch heraus, wie das BLC1-Signal von Proxima Centauri. Andere sind nur einmal aufgetreten, wie das berühmte „WOW“-Signal des SETI-Projekts oder die acht erst kürzlich identifizierten Signal-Kandidaten von fünf nahen Sternen. Diese Radiopulse sind aber viel zu kurz und unspezifisch, um einen außerirdischen Ursprung klar belegen zu können.

„Wo sind die alle?“

Aber warum haben wir noch nichts gefunden? Diese Frage stellte sich der Physiker Enrico Fermi schon im Jahr 1950, als er im Los Alamos National Laboratory während einer Mittagspause mit Physikerkollegen über die Alien-Frage diskutierte. Wenn es wirklich hochentwickelte außerirdische Zivilisationen in der Milchstraße geben sollte, dann hätten diese eigentlich mehr als genug Zeit gehabt, um die halbe Galaxie zu kolonisieren oder zumindest klare Anzeichen ihrer Präsenz zu hinterlassen, so sein Argument. Doch davon gibt es keine Spur.

Fermi stellte daher die naheliegende Frage: „Wo sind die alle?“. Warum detektieren wir keine außerirdischen Radiosignale oder andere Technosignaturen im All? Denn zumindest den optimistischen Auslegungen der Drake-Gleichung nach könnte die nächstgelegene außerirdische Zivilisation nur rund 1.000 bis 2.000 Lichtjahre von uns entfernt leben. Auch wenn dies für uns eine unüberbrückbare Entfernung ist, weil uns die Technologie zur interstellaren Raumfahrt noch fehlt – nach astronomischen Maßstäben ist dies ein Katzensprung.

Ähnliches würde für eine technologisch fortgeschrittene Zivilisation gelten, die Raumschiffe für interstellare Reisen entwickelt hat. Selbst wenn diese nicht über den fiktionalen Warp-Antrieb verfügen, sondern „nur“ mit einem oder zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit durch die Milchstraße tuckern, könnten sie ihre galaktische Umgebung im Laufe mehrere Millionen Jahre zumindest erkunden, wenn nicht sogar kolonisieren. Umso merkwürdiger ist es daher, dass wir bisher keinerlei Hinweise auf Technosignaturen im All entdecken konnten.

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Der Astronom Seth Shostak erklärt das Fermi-Paradox.© SETI-Institute

Tausende Jahre für eine Antwort

Dieser Widerspruch – das „Fermi-Paradoxon“ – sorgt bis heute für Diskussionen und verschiedenste Erklärungsversuche. Einige davon konzentrieren sich auf den letzten Parameter der Drake-Gleichung – das für die Überlebensdauer einer Zivilisation stehende L. Dieses gibt an, wie lange außerirdische Intelligenzen mit fortgeschrittener Technologie im Schnitt existieren und wie viel Zeit ihnen demnach für eine interstellare Kommunikation und interstellare Reisen bleibt.

Geht man davon aus, dass die nächste extraterrestrische Zivilisation mehrere tausend Lichtjahre entfernt lebt, wäre ein Radiosignal mehrere tausend Jahre zu uns unterwegs und umgekehrt. Um die Radiosignale von der nächsten Alien-Zivilisation zu detektieren, müsste diese daher tausende Jahre vor uns unseren heutigen technischen Stand erreicht haben und entsprechende Radiosignale ausgesendet haben. Wenn diese Signale heute bei uns eintreffen und wir eine Antwort senden, müssen diese Außerirdischen noch einmal genauso lange überleben, um die Antwort zu empfangen. „Um eine andere aktive technologische Zivilisation im All zu finden, muss diese daher weit länger bestehen als wir jetzt“, erklärt Woodruff Sullivan von der University Washington.

Atomkrieg
Löschen sich Zivilisationen zu schnell selbst aus? © mesut zengin/ Getty images

Die Gefahr der Selbstauslöschung

Doch wie lange kann eine technologisch entwickelte Zivilisation überleben? Nach einer gängigen Erklärung für das Fermi-Paradox muss eine intelligente Lebensform im Verlauf ihrer Entwicklung erst eines oder mehrere „Nadelöhre“ überwinden – Phasen, in der sie sich durch soziale, politische oder technische Ereignisse selbst auszulöschen droht. Erst wenn diese instabilen Phasen überwunden sind, könne eine planetarische, zur interstellaren Kommunikation und Ausbreitung fähige Zivilisation entstehen, so die Annahme der „Great Filter“-Hypothese.

Auch Carl Sagan hielt es für durchaus wahrscheinlich, dass sowohl uns Menschen wie auch Außerirdischen eine solche Selbstauslöschung droht: „Es gibt einige, die auf unsere globalen Probleme hier auf der Erde schauen und zu dem Schluss kommen, dass wir in einem System leben, das instabil geworden ist und das zu einem baldigen Kollaps verdammt ist“, erklärte der Astronom. Gehe man davon aus, dass sich die Menschheit erst in ihrer Kindheit befände, stelle sich die Frage, ob sie jemals den Sprung zum Erwachsensein schaffe.

„Die wahrscheinlichste Erklärung für negative Ergebnisse einer umfassenden und gut ausgestatteten Suche ist, dass Gesellschaften sich selbst zerstören, bevor sie weit genug fortgeschritten sind, um einen Hochleistungs-Funkverkehr einzurichten“, sagt Sagan.

Zu großer Aufwand

Doch selbst wenn eine außerirdische Zivilisation lange genug überlebt, muss sie deswegen noch lange kein Interesse an einer interstellaren Kommunikation oder Kolonisation haben. Denn sollte es in ihrem eigenen Planetensystem genügend kolonisierbare Planeten und Ressourcen geben, würden die Aliens möglicherweise den Aufwand für eine darüber hinaus gehende Raumfahrt und Erkundung scheuen – so eine weitere Hypothese zum Fermi-Paradox.

RAdiosignal
Das Aussenden starker Radiosignale zur interstellaren Kontaktaufnahme kostet Energie. Ob Außerirdische diese investieren wollen, wissen wir nicht. © Andrey Suslov/ Getty images

Denn die Kosten für die Erkundung und Besiedlung von Planetensystemen um fremde Sterne sind immens. Schon ein einziges für interstellare Reisen geeignetes Generationenschiff würde eine Zivilisation beträchtliche Anteile ihrer Ressourcen kosten. Der US-Astrophysiker Freeman Dyson kalkulierte die Kosten für eine 200 Jahre dauernde Reise zu unserem nächsten Nachbarn Proxima Centauri auf die Größenordnung des gesamten US-Bruttoninlandsprodukts.

„Es ist daher durchaus plausibel anzunehmen, dass nicht alle außerirdischen Zivilisationen daran interessiert sind, eine so große Investition in eine ferne, unsichere Zukunft zu machen“, sagt Geoffrey Landis vom Lewis Research Center der NASA. Das könnte bedeuten, dass es dort draußen zwar außerirdische Zivilisationen gibt, sie uns aber nie nahe genug kommen werden, dass wir sie oder ihre Radiosignale entdecken.

Klumpige Verteilung

Hinzu kommt, dass geeignete Sterne und Planeten in der Milchstraße nicht gleichmäßig verteilt sind. Selbst wenn Außerirdische sich dazu entschließen, Erkundungssonden oder sogar Kolonisierungsschiffe zu benachbarten Sterne zu schicken, werden sie dies vermutlich eher dort tun, wo vielversprechende Ziele nahebei liegen. Unser Sonnensystem liegt allerdings nicht gerade in einem galaktischen Ballungsraum – eher in einem Außenbezirk mit vergleichsweise spärlicher Sternendichte. Noch dazu liegen wir mitten in einer rund tausend Lichtjahre großen lokalen Blase, einem von urzeitlichen Supernovae weitgehend freigewehten Raum.

Für die Wahrscheinlichkeit eines Kontakts mit Aliens könnte das bedeuten, dass wir vielleicht einfach zu weitab liegen – entsprechend gering ist unsere Chance auf das Aufspüren außeririscher Technosignaturen oder sogar einen extraterrestrischen Kontakt. Das SETI-Institute vergleicht diesen Ortseffekt mit einem irdischen Phänomen: Obwohl es in Nordamerika Millionen Bären gibt, sind sie nicht überall gleich wahrscheinblich anzutreffen. Nur weil man noch nie einen Bären vor seinem Wohnzimmerfenster gesehen hat, heißt das aber noch lange nicht, dass es sie nicht gibt.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wo sind die Aliens?
Das Fermi-Paradoxon und die Suche nach außerirdischen Intelligenzen

Sind wir allein?
Die Drake-Gleichung und extraterrestrisches Leben

Die Frage des Lebens
Wie viele außerirdische Zivilisationen gibt es in unserer Galaxie?

Das Fermi-Paradox
Warum haben wir noch keine Aliens entdeckt?

SETI aus Sicht der Aliens
Würden Außerirdische uns finden?

ET antwortet nicht
Wollen Außerirdische überhaupt gefunden werden?

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