Die Zahlen sind ernüchternd: Nur neun Prozent der über acht Milliarden Tonnen Kunststoff, die seit den 1950er Jahren produziert wurden, sind recycelt worden. Das zeigen Auswertungen von Experten der Heinrich Böll Stiftung für den Plastikatlas 2019. Aktuell liegt die Recyclingquote weltweit bei mageren 14 Prozent.
Obwohl wir uns selbst gerne als Recycling-Weltmeister bezeichnen, fällt die Bilanz auch für Deutschland nicht besser aus: Bei uns werden nur rund 15,6 Prozent der gebrauchten Plastikprodukte wieder dem Produktionskreislauf zugeführt – der Rest wird größtenteils verbrannt oder in Länder wie Malaysia exportiert.
Ziel Kreislaufwirtschaft
Grund für die schlechten Recyclingquoten sind vor allem wirtschaftliche und technische Hindernisse. So lassen sich Kunststoffabfälle am besten wiederverwerten, wenn sie sortenrein anfallen. Doch gerade im Hausmüll sammelt sich oft ein bunter Mix unterschiedlicher Plastiksorten an. Zudem bestehen auch einzelne Verpackungen meist aus komplexen Materialgemischen, die sich nur durch aufwändige und teure Verfahren in ihre einzelnen Komponenten zerlegen lassen.
Selbst mit der besten Technologie kann derzeit nur ein Teil des Plastiks als neuwertiges Material zurückgewonnen werden. Bei den übrigen Rezyklaten kommt es zwangsläufig zu Qualitätseinbußen – Experten sprechen daher auch vom „Downcycling“. Lediglich aus 2,8 Prozent der in Deutschland verarbeiteten Kunststoffprodukte entsteht eines Tages wieder mit Neumaterial vergleichbares Plastik. „Von einer Kreislaufwirtschaft kann kaum gesprochen werden“, heißt es im Plastikatlas der Heinrich-Böll-Stiftung.
„Plastikfresser“ als Lösung?
Doch es gibt Hoffnung: Bessere Recyclingmöglichkeiten hat 2016 die Entdeckung eines plastikfressenden Bakteriums versprochen. Die Mikrobe Ideonella sakaiensis spaltet PET-Plastik mithilfe spezieller Enzyme in seine Grundbausteine Ethylenglykol und Terephthalsäure. Beide Stoffe eignen sich hervorragend, um wieder hochwertiges PET zu synthetisieren.
Ließen sich diese molekularen Kunststoffscheren im großen Stil nutzen, wäre dies der Schlüssel für ein ideales Recyclingverfahren nach dem abfallfreien Cradle-to-Cradle-Prinzip (deutsch: Wiege zu Wiege). „Ein Teil des Plastikmüllproblems wäre damit lösbar“, glauben Gert Weber vom Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie in Berlin und seine Kollegen, die die Struktur und Funktionsweise der Enzyme erforschen.
Zweitleben in Beton oder als Treibstoff
Darüber hinaus entwickeln Wissenschaftler immer wieder kreative Ideen, wie Plastikmüll jenseits von Deponie und Verbrennungsanlage ein sinnvolles Zweitleben bekommen könnte. Denkbar ist demnach zum Beispiel der Einsatz von PET-Flaschen in der Betonherstellung. Die Beimischung von Plastikpulver macht den Beton nicht nur stabiler, sie spart sogar CO2-Emissionen bei der Produktion ein.
Auch als Sprit könnte sich das verbreitete Polyethylen eignen: Erst kürzlich haben Forscher einen Weg gefunden, aus dieser Plastiksorte Flugbenzin und Dieselkraftstoff zu erzeugen. Dafür wird das PET zermahlen, mit Aktivkohle als Katalysator erhitzt und dann geschmolzen. „Das ist eine sehr gute und relativ einfache Methode, um diese Kunststoffe zu recyceln“, meint der Miterfinder des Verfahrens Hanwu Lei von der Washington State University.