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Physik

ALICE: zurück zum Urknall

Blick ins Quark-Gluon-Plasma

Das „A Large Ion Collider Experiment“ ist im Prinzip eine Zeitmaschine. Denn es soll nichts Geringeres leisten, als die Wissenschaftler mitzunehmen zur Geburt des Universums. In den winzigen, ultraheißen und energiereichen Feuerbällen, die bei den Kollisionen von Atomkernen entstehen, herrschen – wenn alles klappt – Bedingungen wie Millionstel Sekunden nach dem Urknall. In ihnen schmilzt und zersetzt sich sogar die Kernmaterie der Atome und wird zu einem Quark-Gluon-Plasma.

Die "Time Projection Chamber" des ALICE-Experiments, das Herz der "Urknall-Maschine". Hier werden Teilchenbewegungen aufgezeichnet © CERN

Erster Blick dank Goldkernen

Dass dieser „Zeitsprung“ per Teilchenbeschleuniger grundsätzlich möglich ist, haben in den vergangenen Jahren bereits Experimente am Schwerionenbeschleuniger RHIC des Brookhaven National Laboratory in den USA belegt. Hier schossen die Wissenschaftler Goldkerne aufeinander und beobachteten ein verräterisches Teilchenmuster nach der Kollision: Die Spuren verließen den Kollisionspunkt nur in einer Richtung, anstatt, wie eigentlich den Gesetzen der Physik folgend, zwei einander ausbalancierende Jets zu bilden.

„Dass wir nur einen Jet beobachten, hatten wir erwartet“, erklärt Peter Seyboth, Teilchenphysiker am Max-Planck-Institut für Physik in München und Teilnehmer an den RHIC-Experimenten. „Denn nur ein Jet, der am Rand des Plasmas entsteht, kann das Plasma verlassen. Die Teilchen des entgegengesetzten Jets bleiben dann sozusagen in der dichten Suppe des Plasmas stecken – sie verlieren ihre Energie und dringen nicht mehr als Jet nach außen.“

Das Myon-Spektrometer des ALICE-Experiments © CERN

Bleikerne für längeres Plasma

Doch die Energie des Brookhaven-Beschleunigers reichte nicht aus, um das Quark-Gluon-Plasma sehr lange aufrecht zu erhalten. Umso größer sind nun die Erwartungen an ALICE und das LHC, denn hier werden 30fach höhere Energien erzeugt. Um ein möglichst großes lang anhaltendes Plasma zu bekommen, schießen die ALICE-Forscher neben den Protonen auch die Schwergewichte unter den Projektilen aufeinander: Bleikerne, die immerhin zusammen 208 Protonen und Neutronen enthalten.

Ähnlich wie ATLAS besteht auch ALICE aus einem ganzen Ensemble von verschiedenen Subdetektoren. So registriert der Cherenkovzähler (HMPID) die Spuren von ultraschnellen Teilchen und das Photonenspektrometer misst über das entstehende Licht die Temperatur im Zentrum der Kollision. Das aus sechs Schalen bestehende innere Spurenerkennungssystem registriert die Spuren der auslaufende Teilchen mit Submillimetergenauigkeit. Herzstück des Detektors ist aber die Zeit-Projektionskammer. Sie trägt die Hauptlast bei der Spurerkennung, indem sie über die von geladenen Teilchen freigesetzten Elektronen die räumliche Spur der Partikel rekonstruiert und ihren Impuls berechnet. Aus der Kombination dieser Werte können die Forscher dann auf die Art der Teilchen schließen.

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ALICE in Zahlen

  • Abmessungen: Höhe 16 Meter, Länge 26 Meter
  • Gewicht: 10.000 Tonnen
  • Form: zylinderförmig mit einem nach vorne gerichtetem Arm des Myonspektrometers
  • Lage: 50 Meter tief, nahe dem Ort St. Genis-Pouilly in Frankreich.
  • Beteiligt am Experiment sind rund 1.000 Mitarbeiter von 90 Institutionen aus 27 Ländern
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Stand: 05.09.2008

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

LHC: Ein Riese erwacht
Startschuss für den größten Teilchenbeschleuniger der Welt

Fakten und Rekorde
Das Wichtigste zum LHC in Kürze

Ein Teilchenbeschleuniger als Superstar
Was macht den LHC Besonders?

Protonen im Schleudergang
Wie funktioniert der LHC?

Gottesteilchen und Dunkle Materie
Wozu das LHC?

Urknall, Antimaterie und Extradimensionen
Weitere Grundfragen für das LHC

Ring frei für den Weltuntergang?
Der LHC und die Sicherheit

ATLAS: das „Gottesteilchen-Experiment“
Der Detektor für das Higgs-Boson

CMS: Riesenmagnet auf Myonsuche
Myonen als Indizien für das Higgs-Boson

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Blick ins Quark-Gluon-Plasma

LHCb: Die Schönheit der Antimaterie
Dem „beauty“-Quark auf der Spur

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