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Energie

Ressourcen schonen, CO2-Abgabe verringern, Netze stabilisieren

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen

Sieben internationale Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft arbeiten im europäischen Forschungsprojekt COOPERATE gemeinsam an der Entwicklung von energiepositiven Nachbarschaften (Energy Positive Neighbourhoods – EPN). Ziel des Projekts ist es, unterschiedlichste Arten der erneuerbaren Stromerzeugung und der Energienutzung auf lokaler Ebene so zu koordinieren, dass Ressourcen geschont, CO2-Emissionen verringert und gleichzeitig die Netze der Stromversorgung stabilisiert werden. Die RWTH Aachen University ist in diesem Forschungskonsortium mit drei Lehrstühlen vertreten. Die Federführung des Gesamtprojekts liegt bei Professor Antonello Monti, Direktor des Instituts Automation of Complex Power Systems (ACS) am Aachener E.ON Energy Research Center (E.ON ERC).

„Mit COOPERATE entwickeln wir zusammen mit sehr renommierten Partnern aus Industrie und Wissenschaft ein innovatives System, mit dessen Hilfe die Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien, beispielsweise in einem kleineren Stadtviertel, einer Siedlung oder auch einem Campusgelände optimiert wird“, beschreibt Professor Monti die wesentlichen Ziele des Projekts.

„Die maximale Nutzung lokaler Ressourcen und der effiziente Umgang mit Energie stehen dabei zwar im Vordergrund, doch gleichzeitig gilt es, das örtliche Verteilnetz zu stabilisieren, um eine jederzeit sichere Versorgung zu gewährleisten. Man könnte sagen, wir erweitern die Idee des Smart Home auf mehrere benachbarte Gebäude. Wir nennen das: die energiepositive Nachbarschaft.“

Möglich und angestrebt, so Monti weiter, sei aber auch die Entwicklung von zusätzlichen Dienstleistungen. Zu den zahlreichen Möglichkeiten gehörten lokale Parkleitsysteme ebenso wie ein Monitoring und die Steuerung von Ladestationen für Elektroautos. Auch die Integration von Überwachungsfunktionen zur Erhöhung der Sicherheit von Anwohnern oder das Angebot eines „Echtzeit-Mensanutzungsplaners“ zu besseren Verteilung der Nachfrage seien möglich.

Entwickelt wird zu diesem Zweck eine Service- und Management-Plattform mit integrierten Monitoring- und Kontrollfunktionen. Der Informationsaustausch zwischen einzelnen Gebäuden und einer Steuerungszentrale sowie mit dem Netzbetreiber geschieht über eine Cloud. Zusätzlich werden im Rahmen von COOPERATE auch neue Businessmodelle entwickelt und geprüft. Dazu gehört unter anderem die neu eingeführte Funktion des Neighbourhood Energy Managers. In dessen Aufgabenbereich fallen die Beobachtung und Koordination von Einspeisungen und Verbräuchen einer oder mehrerer Nachbarschaften. Der Neighbourhood Energy Manager überwacht und steuert die Kommunikation zwischen den Beteiligten, setzt bei Bedarf Anreize zur Senkung der Nachfrage, und er lokalisiert, beispielsweise durch den Vergleich aktueller mit historischen Daten, mögliche Fehler. Operativ eingreifen muss er dank überwiegend automatischer Abläufe allenfalls bei unvorhersehbaren Ereignissen.

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Automation of Complex Power Systems hat nicht allein die Projektkoordination übernommen, das Aachener Institut erarbeitet für COOPERATE insbesondere das Simulationskonzept, um die entwickelten Bausteine und Konzepte vor der praktischen Umsetzung zu überprüfen. Das von Professor Dirk Müller geleitete Institut Energy Efficient Buildings and Indoor Climate (EBC) des E.ON ERC übernimmt im Rahmen des Projekts thermische Berechnungen und Modellierungen von Gebäuden. Hier sehen die Projektverantwortlichen besonders große Sparpotenziale, da die Energieversorgung von Gebäuden – Heizen und Kühlen machen dabei den Löwenanteil aus – für rund 40 Prozent des Gesamtbedarfs und für gut ein Drittel aller CO2-Emissionen verantwortlich ist. Der dritte RWTH-Lehrstuhl, das Institut für Software Engineering (SE), erarbeitet in Kooperation mit dem Cork Institute of Technology (CIT) ein Datenmodell zur standardmäßigen Beschreibung von Nachbarschaften, das sogenannte Neighbourhood Information Model.

Praktische Umsetzung in zwei Test-Nachbarschaften

Die entwickelten Konzepte werden in zwei Test-Nachbarschaften umgesetzt. Ausgewählt wurden dafür der Office-Campus der Zentrale von Bouygues Construction und der Bishopstown Campus des Cork Institute of Technology.

Auf dem Gelände der Bouygues-Zentrale in Guyancourt in der Region Paris arbeiten rund 3.000 Angestellte. COOPERATE soll hier das Monitoring der Gebäude und Energiequellen (Photovoltaikanlagen mit 2 MW Leistung), des Energiespeichersystems sowie der verschiedenen Verbrauchstellen inklusive 20 Ladestationen für Elektroautos übernehmen. Es gilt, Optimierungspotenziale zu identifizieren und diese durch verbessertes Energiemanagement zu heben.

Der Bishopstown Campus umfasst Gebäude unterschiedlichster Art, Studentenwohnheime sowie eine Sport- und Erholungsreinrichtung. Die Test-Nachbarschaft wird in diesem Fall gebildet aus dem sogenannten Nimbus Centre und den LeisureWorld Sporteinrichtungen mit KWK-Anlagen, einer Windkraftanlage, einem Batteriespeicher, das alles kombiniert mit einem existierenden Building Management System, sowie einem Studentenwohnheim. In diesem Fall sollen mithilfe von COOPERATE energiebezogene Aktivitäten wie Lastmanagement oder Lastverschiebung, aber auch andere Dienstleistungen wie Gebäudesicherheit, Transport- und Verkehrsmanagementsysteme untersucht und verbessert bzw. neu entwickelt werden.

Die Realisierung von COOPERATE, davon sind die Projektbeteiligten überzeugt, wird dazu beitragen, dass die ehrgeizigen Ziele der Europäischen Union hinsichtlich Klimaschutz und nachhaltiger Energieversorgung erreicht werden können. Auch deshalb wird das auf einen Zeitraum von drei Jahren angelegte Projekt von der EU im Rahmen ihres 7. Forschungsrahmenprogramms mit 3,5 Millionen Euro finanziert.

(Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 11.06.2013 – NPO)

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