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Medizin

Parasomnien: Wenn der Schlaf nicht so verläuft, wie er es soll

Qual statt Erholung durch unbewusste Verhaltensauffälligkeiten

Symbolbild Schlaf
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Wer nach einer unruhigen Nacht schon einmal erschöpft und übermüdet aufgewacht ist weiß, wie wichtig erholsamer Schlaf ist. Denn nur dann kann das Gehirn das Erlebte des Tages verarbeiten, das Immunsystem auf Hochtouren laufen und der Stoffwechsel alle lebenswichtigen Funktionen reibungslos erfüllen. Parasomnie-Patienten können von einer solch effektiven und stressfreien Nachtruhe nur träumen. Stattdessen werden sie unter anderem von Albträumen verfolgt – oder einer der zahlreichen weiteren Schlafstörungen, die mit dem nicht seltenen Krankheitsbild einhergehen.

Weshalb ist ruhiger Schlaf so wichtig?

Die Körpertemperatur sinkt, das Hungerhormon Ghrelin macht dem Sättigungsgefühl Platz, Melatonin wird ausgeschüttet. Dieser chemische Botenstoff wird bei Dunkelheit vom Körper produziert und signalisiert dem Körper Müdigkeit. Mit zunehmendem Alter oder in heller Umgebung verringert sich seine Anzahl, Schlafprobleme können die Folge sein. Doch auch Stress, Unruhe oder Erschöpfung führen dazu, dass rund 25 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland nach eigenen Angaben nachts nicht durchschlafen und am folgenden Tag in ihren Aktivitäten beeinträchtigt sind. Gegenüber diesen in der Fachsprache als Insomnien bekannten Störungen gelten Parasomnien als ernsthafte Krankheiten. Sie treten individuell in unterschiedlichen Schlafstadien, unterschiedlicher Art und Ausmaß auf und lassen sich je nach Verlauf medikamentös oder durch seelischen Beistand behandeln.

Unbewusste Verhaltensweisen

Neben dem Schlaf: so die freie Übersetzung des altgriechischen Begriffes „para“ sowie des lateinischen „somnus“. Und genau neben bzw. während des Schlafes ereignen sich auch die auffälligen Verhaltensweisen von Parasomnie-Patienten. Unter den medizinischen Fachterminus fallen bekannte Symptome wie Sprechen im Schlaf, Schlafwandeln oder Zuckungen, aber auch Zähneknirschen und Albträume. Sie können bereits beim Einschlafen, aber auch während der unterschiedlichen Schlafphasen sowie kurz vor dem Erwachen eintreten und münden in der Regel in Erschöpfungszuständen während des Tages. Während Parasomnien bei Kindern und Jugendlichen nicht unüblich sind und normalerweise im Laufe der Zeit wieder schwinden, kann sich die unzureichende Schlafqualität bei Erwachsenen zu einer ernsthaften Krankheit entwickeln.

Symbolbild Gehirn
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Von Albträumen bis Zittern

Menschen durchlaufen während ihres Schlafes verschiedene Phasen, die in die beiden Kategorien REM und NonREM und innerhalb des NonREM noch weiter unterteilt werden. Dabei steht REM als Abkürzung für das englische Rapid Eye Movement, während NonREM die Phasen des Einschlafens, leichten und Tiefschlafes vereinigt. Die einzelnen Phasen wiederholen sich zyklisch pro Nacht abhängig von der Schlafdauer und persönlichen Anlagen jeweils zwischen vier- und siebenmal.

NonREM-Parasomnien

Während ihrer NonREM-Schlafphasen sind Patienten besonders häufig von den folgenden Parasomnien betroffen:

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  • Schlafwandeln: Auch als Somnambulismus bekannt, zeigt das Schlafwandeln verschiedene Effekte: Zwar verlassen sämtliche Betroffene ihre Schlafstätte und nehmen ihre folgenden Handlungen ohne wirkliche Orientierung vor. Doch während einige zielgerichtet ihren Kleiderschrank sortieren, begeben sich andere unkontrollierbar ins Freie und laufen Gefahr, sich oder andere zu verletzen. Wer mit Schlafwandlern zusammenlebt, kann durch Alarmtöne beim Verlassen des Hauses oder das Versperren der Haustür Vorsorge leisten.
  • Nachtschreck: Auch dieser Fachbegriff kommt aus dem Lateinischen, und er bringt die Krankheit auf den Punkt: Wer an pavor nocturnus leidet, zittert während der Nacht vor Furcht. Zumeist richten sich die Leidenden mit einem lauten Schrei im Bett auf, der Atem geht schnell, der Puls rast, die Augen sind weit aufgerissen. In diesem Stadium lassen sie sich weder aus ihrer Starre erwecken noch ansprechen.
  • Schlaftrunkenheit: Trunken, berauscht – an fahrigen Bewegungen, heftigem Schluchzen und einer allgemeinen Verwirrung lassen sich Schlaftrunkene erkennen. Kein äußerer Einfluss trägt zu ihrer Beruhigung bei, betroffen sind in erster Linie Kleinkinder.

Bei keiner dieser drei Parasomnien besteht zunächst Anlass zur Beunruhigung: Im Normalfall reduzieren sich Häufigkeit und Ausmaß der Anfälle von alleine, es bedarf keiner medizinischen Therapie. In chronischen Fällen wird allerdings ärztliche Hilfe angeraten.

REM-Parasomnien

Die REM-Phase ist die letzte im Schlafzyklus, sie folgt auf eine Leichtschlafphase und ist auch als Traumschlaf bekannt.

  • Albträume: Nicht alle träumen während dieser Zeitspanne etwas Schönes – die hohe Aktivität der Amygdala während eines Albtraums kann zu wiederholt bedrohlich wirkenden und Angst einflößenden Träumen führen. Als Teil des limbischen Systems ist die Amygdala gemeinsam mit dem Hippocampus für Emotionen verantwortlich. Die Resultate verschiedenster Gefühlsregungen während des Schlafs werden auch von der Traumdeutung erforscht – noch immer ist nicht beweisbar, ob und welche Bedeutung ihnen zukommt. Fest steht, dass der sogenannte Mandelkern Ausgangspunkt für die Entstehung von Panikzuständen ist und sich Albtraum-Patienten noch lange nach dem Aufwachen an das im Traum Erlebte erinnern können. So real fühlen sich Albträume für viele an, dass sie ihre Angst teils über eine lange Zeit nicht verlieren, Stimmungsschwankungen unterliegen und mit kognitiven Verhaltensproblemen und Tagesmüdigkeit zu kämpfen haben. Während bis zu 50 Prozent aller Kinder Phasen mit Alpträumen durchleben, diese sich aber mit dem Älterwerden im Normalfall von alleine wieder einstellen, wird erwachsenen Betroffenen eine frühzeitige Behandlung empfohlen. Auch ein Erwecken aus einem Albtraum durch Nahestehende kann positive Effekte zeigen.
  • Schlaflähmung: Von einer Schlaflähmung Betroffene sind direkt nach dem Erwachen trotz klaren Verstandes für einige Minuten nicht in der Lage zu sprechen oder bewusste Bewegungen auszuführen, die Atmung ist nicht zu spüren. Die auch als Schlafparalyse bezeichnete Schlafstörung ist körperlich ungefährlich, kann bei Patienten allerdings Angstzustände mit langwierigen psychischen Folgen auslösen. Durch Lärm oder kräftige Berührungen lässt sich der Zustand in Einzelfällen vorzeitig beenden.
  • REM-Schlaf-Verhaltensstörung: Bei einer REM-Schlaf-Verhaltensstörung bleiben die Muskeln unbewusst aktiv, Betroffene treten oder schlagen um sich. Auch ein Zittern oder Zucken der Beine sowie die Ausführung bestimmter Gesten werden häufig beobachtet. Bei chronischen Verläufen wird eine medikamentöse Behandlung empfohlen.

Die Ursachenforschung steht noch am Anfang

Bei Parasomnien handelt es sich nicht nur um gelegentliche Einschlafstörungen bei Vollmond oder unruhigen Schlaf aufgrund privater Stresssituationen. Die Entstehung der vielfältigen Krankheitsbilder ist bislang allerdings noch weitestgehend ungeklärt. Dies liegt zum einen an der relativ neuen Nutzung von Schlaflaboren, zum anderen an einem beobachteten anderen Schlafverhalten von Patienten zu Hause und unter medizinischer Aufsicht. Einig ist sich die Wissenschaft darüber, dass bei Kindern eine Reifestörung im Gehirn zu Parasomnien führt, die sich im Normalfall als harmlos erweist. Bei Erwachsenen legen wissenschaftliche Studien gesellschaftliche Aspekte ebenso zugrunde wie eine erhöhte Aktivität des für die Sinneswahrnehmung zuständigen Bereichs im Großhirn. Bei wiederholtem Auftreten von Schlafstörungen werden zur Verhinderung einer langfristigen Gesundheitsschwächung ärztliche Untersuchungen angeraten. So können seelische Folgen ebenso therapiert wie Unfälle oder Verletzungen durch unkontrollierte Handlungen vermieden werden.

Symbolbild Diagnose
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Wer erstellt die Diagnose?

Für eine genaue Diagnose sich häufender Albträume, Schlaflähmungen oder anderer nächtlicher Verhaltensauffälligkeiten können zunächst der Hausarzt, aber auch bereits gezielt Neurologen, Spezialisten für Schlafstörungen aufgesucht werden. Die Konsultation von Psychotherapeuten oder Psychiatern erfolgt in der Regel als zweiter Schritt, eine Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen kann die Erstellung einer gezielten Diagnose begünstigen. In jedem Fall wird der aufgesuchte Mediziner seine Diagnose mit einer Befragung des Patienten beginnen, in der vor allem bestehende körperliche oder psychische Grunderkrankungen, die Einnahme von Medikamenten oder möglicher Alkohol- oder Drogenkonsum wichtige Anhaltspunkte liefern setzen können.

Der Anamnese folgt in der Regel eine ambulante organische Untersuchung in einem Schlaflabor unter ärztlicher Aufsicht. Mit dieser auch als Polysomnographie bekannten Messung zuvor bestimmter Parameter lässt sich die zunächst gestellte Diagnose bestätigen oder verwerfen. Festgestellt werden überdurchschnittlich heftige motorische Aktivitäten, Augenbewegungen sowie Sprachauffälligkeiten. Bei Verdacht auf einen kontinuierlichen Verlust von Nervenzellen im Gehirn geben Computer- und Magnetresonanztomografien weiteren Aufschluss.

Mögliche Behandlungswege

Die Behandlungen von Parasomnien sind so vielfältig wie ihre Erscheinungsformen – nicht zuletzt, weil sie über ein eigenständiges Krankheitsbild hinaus auch Hinweise auf davon getrennt zu betrachtende Leiden geben können. Grundsätzlich teilen sich die vorgeschlagenen Behandlungen in die Vergabe von Medikamenten und psychotherapeutische Heilmethoden. Zu den besonders häufig verschriebenen Arzneimitteln zählt das Beruhigungsmittel Clonazepam. Aufgrund einer fehlenden langfristig präventiven Wirkung muss es zur Verhinderung von Rückfällen allerdings dauerhaft kurz vor dem Schlafengehen eingenommen werden. Als Alternative wird von einigen Ärzten auf den Wirkstoff Melatonin zurückgegriffen. Das Hormon regelt den Tag-Nacht-Rhythmus und mahnt den Körper zur Ruhe.

Nur wenige Schlafstörungen erfordern Therapien

Trotz unschöner Nebenwirkungen für die Betroffenen regeln sich Schlafstörungen in den meisten Fällen nach einiger Zeit wieder von selbst. Maximal fünf Prozent aller Betroffenen leiden an chronischen und gesundheitsgefährdenden Parasomnien, die ausschließlich in diesen Fällen therapiert werden sollten.

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