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Physik

Optisch erzeugte Antimaterie – Labormodell für astrophysikalische Jets

Max-Planck-Institut für Kernphysik

Erstmals ist es gelungen, hochrelativistische Positronen als gebündelten, dichten und ultrakurzen Strahl mit einem Laser herzustellen. Der Positronenstrahl breitet sich zusammen mit einem Elektronenstrahl und Gammastrahlung aus. Dieser kombinierte Strahl ähnelt astrophysikalischen Jets, die sich nun mit einer recht handlichen Apparatur im Labor studieren lassen. Physiker des MPI für Kernphysik haben mit quantendynamischen Rechnungen das Experiment begleitet und erklärt.

Antimaterie ist in vielen Bereichen der modernen Physik von großer Bedeutung: So ist noch ungeklärt, warum das beobachtbare Universum fast nur aus Materie besteht. Zugleich gehen Astrophysiker davon aus, dass Antimaterie eine wesentliche Rolle in vielen hochenergetischen Prozessen im Kosmos spielt. Der spektakulärste davon ist wohl die Erzeugung sogenannter Jets, gebündelte Teilchenstrahlen, die von extrem massiven Objekten wie Schwarzen Löchern oder Quasaren ausgehen und weit ins All hinaus reichen.

Dichte Strahlen relativistischer Positronen (den Antiteilchen der Elektronen) für die Elementarteilchenphysik werden bisher in großen Beschleunigeranlagen erzeugt. Auf ultrarelativistische Geschwindigkeiten beschleunigte Elektronen werden auf ein festes Target aus einem schweren Element geschossen. Die dabei entstehenden Positronen werden in einem Speicherring gesammelt und auf die gewünschte Energie beschleunigt. Das ist aufwändig und teuer.

Elektronen lassen sich aber auch mit starken Lasern aus Atomen freisetzen und über sehr kurze Distanzen stark beschleunigen. In einem Experiment, das nun Physiker von der Queen’s University of Belfast und der University of Michigan am Center for Ultrafast Optical Science in Michigan aufgebaut haben, trifft ein laserbeschleunigter Elektronenstrahl auf ein Schwermetallplättchen. Darin werden Elektronen und Positronen sowie Gammaquanten erzeugt, die mit dem ursprünglichen Elektronenstrahl davonfliegen. Ein nachfolgender Magnet lenkt Elektronen und Positronen in entgegengesetzte Richtungen ab und auf Detektoren, wo sie registriert werden. Wie Antonino Di Piazza und Christoph Keitel vom MPI für Kernphysik gezeigt haben, können die Ergebnisse des Experiments im Rahmen der Quantenelektrodynamik erklärt werden. „Damit konnten wir auch die experimentellen Bedingungen gut abschätzen, die Positronenstrahlen mit den gewünschten Eigenschaften liefern“, erläutert Antonino Di Piazza. Tatsächlich gelang es den Wissenschaftlern aus Belfast und Michigan, ultrarelativistische Positronenstrahlen zu erzeugen, die wie der Laser gepulst, eng gebündelt und dicht sind, wobei die Strahlqualitäten von Positronen und Elektronen sehr ähnlich sind.

Der kombinierte Strahl erinnert an astrophysikalische Jets, die mit Gammastrahlen-Ausbrüchen verbunden sind, und eignet sich als Labormodell dafür. Mit einer kompakten und vergleichsweise kostengünstigen Apparatur eröffnet sich somit die Möglichkeit, diese kosmischen Phänomene, die den Astrophysikern trotz intensiver Beobachtung und Modellierung noch immer Rätsel aufgeben, zumindest in dem durch den Laser eingeschränkten Parameterbereich direkt im Labor zu studieren.

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(Phys. Rev. Lett., 2013; doi: 10.1103/PhysRevLett.110.255002)

(Max-Planck-Institut für Kernphysik, 21.06.2013 – KSA)

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