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Medizintechnik

Optimierter Skischlitten für Paralympic-Sportler

Karlsruher Institut für Technologie

Bei den Paralympics kommende Woche in Sotschi kommt ein neuartiger, biomechanisch und reibungstechnisch optimierter Skischlitten zum Einsatz. Entwickelt wurde das Hochleistungs-Sportgerät am MikroTribologie Centrum, einer Kooperation des Karlsruher Instituts für Technologie mit dem Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik. Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt „Snowstorm“ könnten künftig auch dem Freizeitsport gehbehinderter Menschen zugute kommen.

Der Ski-Athlet Martin Fleig geht bei den Paralympics in Sotschi mit einem neuentwickelten Skischlitten in den Wettkampf, der passgenau auf die individuellen Bedürfnisse des mehrfachen Deutschen Meisters im Biathlon und Langlauf zugeschnitten ist. Mithilfe biomechanischer Bewegungsanalysen wurde die Sitzposition ermittelt, in der der Sportler seine Kraft optimal einsetzen kann. Der seit seiner Geburt gehbehinderte 24-jährige Leistungssportler kniet in dem aus Metall gefertigten Skischlitten und stößt sich mit den Skistöcken ab.

Leicht und stabil

Die Form des Schlittens wurde mit 3D-Scannern und rechnergestütztem Design entwickelt. „Die Anpassung des Sitzes an den Körper ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg, wenn der Schlitten ein Teil des Körpers ist, verbinden sich maximaler Kraftfluss und Fahrkomfort“, sagt Professor Matthias Scherge, Leiter des MikroTribologie Centrums in Pfinztal bei Karlsruhe. Scherge befasst sich als Experte für Tribologie mit Reibung, Verschleiß und Schmierung. Er lehrt am Institut für Angewandte Materialien – Zuverlässigkeit von Bauteilen und Systemen (IAM-ZBS) des Karlsruher Instituts für Technologie KIT und koordiniert das Forschungsprojekt „Snowstorm“.

Gerade für die Kombinationssportart Biathlon, bei der der Sportler sich in einer komplexen Drehbewegung zum Schießen hinlegt und kraftvoll wieder in die Sitzposition hebt, „muss der Schlitten zugleich leicht und stabil sein“, sagt Scherge.

Da die beiden fest an den Schlitten montierten Ski keine Skating-Bewegung ermöglichen, sind an ihren Schliff besondere Herausforderungen gestellt. Neben der Leistungsfähigkeit des Athleten und seines Geräts sei das Wechselspiel von Schnee und Ski wichtig für die Gleitgeschwindigkeit in der Loipe, betont Scherge. Temperatur, Feuchtigkeit und Form der Schneekörner beeinflussen das Gleiten der Ski auf dem hauchdünnen Wasserfilm. Im Vorfeld der Wettkämpfe haben die „Snowstorm“-Forscher vor Ort in Sotschi eine Vielzahl von Daten zu Schnee, Strecke und Wetter erhoben. Die auf der Auswertung basierenden Modelle tragen dazu bei, das Paralympic Ski-Team Nordisch für den Wettkampf wissenschaftlich fundiert bei Wachsauswahl, Skischliff und -bearbeitung zu unterstützen.

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Vision: Barrierefreies Skifahren

An „Snowstorm“ ist ein Konsortium aus Wissenschaft und Industrie beteiligt. Zu den Projektpartnern gehören neben dem KIT und der Fraunhofer-Gesellschaft unter anderem das Sportinstitut der Universität Freiburg sowie vorwiegend baden-württembergische Messgeräte-Hersteller, Feinmechanik-Unternehmen und Skiwachs-Spezialisten. Das Institut für Meteorologie und Klimaforschung am KIT stellt den Athleten die für das Präparieren ihrer Ski wichtigen Wetterprognosen für Sotschi bis zu 72 Stunden im Voraus und mehrmals täglich aktualisiert zur Verfügung. „Wir wollen auch zeigen, dass Behinderte sich in den Schnee trauen können“, sagt Scherge. Er hält es für denkbar, dass eine einfache Version des Skischlittens künftig für den Breitensport von Gehbehinderten gebaut wird. „Meine Vision ist barrierefreies Skifahren zum Beispiel im Schwarzwald“, so der Wissenschaftler.

Link zum Blog des Projekts Snowstorm

(Karlsruher Institut für Technologie, 27.02.2014 – AKR)

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