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Medizin

Krankheitsverursacher: Antibiotika-Therapie

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Die Entstehung Antibiotika-resistenter Keime kann durch herkömmliche Antibiotika-Therapien beschleunigt werden. Zu diesem Ergebnis kommen Kieler und englische Wissenschaftler in einer heute veröffentlichten Studie.

Antibiotika-Resistenzen treten mit zunehmender Häufigkeit bei verschiedensten Krankheitserregern auf. Sie stellen eine enorme Gefahr für die Bevölkerung dar, da die resistenten Keime kaum noch bekämpft werden können. Wie lässt sich dieses Problem in den Griff bekommen? Dieser Frage sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) in Zusammenarbeit mit Kollegen von der Universität Exeter, England, nachgegangen. Wie heute, 23. März, in der Fachzeitschrift PLoS Biology veröffentlicht, stellen die gewonnenen Ergebnisse eine der gängigsten Behandlungsstrategien in Frage: die Kombinationstherapie.

Die Arbeitsgruppen um die Kieler Professoren Hinrich Schulenburg und Philip Rosenstiel untersuchten zusammen mit einem englischen Team um Professor Robert Beardmore diesen Therapieansatz, bei dem zwei oder mehr Antibiotika in Kombination eingesetzt werden, um die Effizienz zu erhöhen. Die neu veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass dies zu einer unvorhergesehenen Beschleunigung der Resistenzentstehung führen kann.

Für die Studie wurde die Resistenzentstehung mittels Evolutionsexperimenten unter kontrollierten Laborbedingungen untersucht. Hierbei wurden Krankheitskeime mit unterschiedlichen Antibiotika und deren Kombination zusammengebracht. Die Resultate zeigten Erstaunliches: „Wir wurden komplett von der Geschwindigkeit, mit der Resistenzen neu entstanden, überrascht“, erläutert Schulenburg, Leiter der Studie an der CAU. Die Resistenzen traten dabei vor allem bei den Behandlungsformen auf, die derzeit als besonders effizient gelten, nämlich den Kombinationstherapien.

Wie entstehen diese Resistenzen und warum sind Kombinationstherapien so anfällig? Die anschließende vollständige genomische Untersuchung der eingesetzten Keime brachte einen ungewöhnlichen Evolutionsmechanismus ans Licht: Die schnelle Resistenzbildung entstand durch die Duplikation von speziellen Genomabschnitten, in denen eine Vielzahl von Resistenzgenen liegen. „Das ist das Prinzip ‚Viel hilft viel’“, erklärt Dr. Gunther Jansen, der die genomischen Analysen vorgenommen hat. „Je mehr Resistenzgene im Genom vorhanden sind, desto höher die Resistenz.“

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Zusätzliche mathematische Berechnungen bestätigen, dass Resistenzen bei der Kombinationstherapie generell besonders schnell auftreten können. „Langfristig gesehen ist daher der Einsatz nur eines einzigen Antibiotikums effizienter“, schlussfolgert Beardmore, Leiter der Studie in Exeter. In etablierten medizinischen Betrachtungen werden Therapien in der Regel mithilfe von Kurzzeitexperimenten in effizient oder nicht-effizient eingestuft. „Evolution, also die Fähigkeit der Krankheitskeime, sich anzupassen, wird dabei ignoriert“, so Schulenburg weiter. „Das ist offensichtlich ein Fehler.“

Die Arbeitsgruppen aus Kiel und Exeter bauen derzeit den entwickelten Versuchsansatz weiter aus, um gezielt die Effizienz von unterschiedlichen Antibiotika-Therapien zu untersuchen. Sie erhoffen sich darüber weitere Hinweise, wie Behandlungsstrategien bei Menschen in der Zukunft optimiert werden können.

(Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, 24.04.2013 – KSA)

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