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Technik

Instabiles Edelmetall: Wie Platin korrodiert

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Internationales Forschungsteam zeigt erstmals Auflösung von Platinkatalysatoren auf atomarer Ebene.

Seit mehr als einem halben Jahrhundert gilt Platin als einer der besten Katalysatoren für die Reduktion von Sauerstoff zu Wasser, eine der Schlüsselreaktionen an den Elektroden von Brennstoffzellen. Es ist jedoch schwierig, den Katalysator über einen längeren Zeitraum reaktiv und stabil genug zu halten, um Wasserstofftechnologien flächendeckend in Fahrzeugen einsetzen zu können. Grund hierfür ist vor allem, dass sich die Platinpartikel auf den Elektroden mit der Zeit auflösen. Einem internationalen Forschungsteam unter Leitung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) ist es jetzt gelungen, diesen Auflösungsprozess auf atomarer Ebene darzustellen. Die Erkenntnisse über die einzelnen Atombewegungen könnten dazu beitragen, die Stabilität von Platinkatalysatoren in Zukunft zu verbessern. Ihre Ergebnisse wurden heute (24. August) in der Fachzeitschrift Nature Catalysis veröffentlicht.

„Wir wollten herausfinden, warum und wie sich das Platin auflöst“, sagt Olaf Magnussen, Professor für Festkörperphysik an der CAU und Leiter des Forschungsteams. „Mit unseren Untersuchungen haben wir ein Bild auf atomarer Ebene gewonnen, um diesen Vorgang zu erklären.“ Beteiligt waren außer den Kieler Forschenden auch Arbeitsgruppen der europäischen Synchrotronstrahlungsquelle ESRF (European Synchrotron Radiation Facility), der Universität Victoria in Kanada, der Universität Barcelona und des Forschungszentrums Jülich.

An der ESRF-Beamline ID31 in Grenoble, Frankreich, untersuchte das Forschungsteam verschiedene Facetten von Platinelektroden in Elektrolytlösung mit extrem intensiver Röntgenstrahlung. Auf diese Weise fanden sie heraus, wie sich die Atome während der Oxidationsprozesse an der Platinoberfläche anordnen sowie bewegen und wie sich dadurch das Platin auflöst. „Mit diesem Wissen ist es vorstellbar, gezielt Nanopartikel mit bestimmter Form und Oberflächenanordnung zu entwickeln, um so die Stabilität des Katalysators zu verbessern“, erklärt Dr. Jakub Drnec, Wissenschaftler an der Beamline ID31 und Mitautor der Studie. „Wenn wir die Bewegung der Atome kennen, können wir spezielle Additive einsetzen, um unerwünschte Atombewegungen zu unterdrücken“, so Drnec weiter.

Übertragbarkeit auf technologische Anwendungen

Die Ergebnisse lassen sich in technologische Anwendungen übertragen, weil die Experimente unter elektrochemischen Bedingungen stattfanden, ähnlich wie in echten Brennstoffzellen. „Während der Oxidation verändert sich die Platinoberfläche der Elektroden sehr schnell. Das zu messen, war nur möglich durch eine neue, sehr schnelle Technik zur Charakterisierung der Oberflächenstruktur“, erklärt Timo Fuchs, Doktorand an der CAU und Erstautor der Studie. Diese Methode, die sogenannte Hochenergie-Oberflächenröntgenbeugung, wurde an der ESRF von dem Forscherteam mitentwickelt. „Es ist die einzige Technik, die die Bewegung von Atomen unter solchen Bedingungen abbilden kann – das konnten wir hier zum ersten Mal zeigen“, fügt Fuchs hinzu.

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Um diese Auflösungsprozesse zu verstehen, wurden parallel zu den Röntgenexperimenten hochempfindliche Messungen am Forschungszentrum Jülich und aufwendige Computersimulationen an der Universität Barcelona durchgeführt. „Nur eine solche Kombination verschiedener Charakterisierungstechniken und theoretischer Berechnungen liefert ein vollständiges Bild davon, wie sich Atome in einem Platinkatalysator auf der Nanoebene verhalten“, sagt Dr. Federico Calle-Vallejo von der Universität Barcelona, der für die Simulationen verantwortlich war.

Im nächsten Schritt möchte das Forschungsteam die Mechanismen der Platinauflösung noch detaillierter erforschen, zum Beispiel indem sie Platinfacetten untersuchen, die Ecken und Kanten von Katalysepartikeln repräsentieren. Auf dieser Basis könnten dann in Zukunft Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gezielt langlebigere Katalysatoren entwickeln. (Nature Catalysis, 2020; doi: 10.1038/s41929-020-0497-y)

Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

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