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Energie

Erneuerbare Energien: Bergpanorama mit Windrad unerwünscht

Karlsruher Institut für Technologie

Ob Alpenvorland, Mittelgebirge oder Meeresküste – in den schönsten Landschaften Deutschlands stößt der Windkraftausbau häufig auf Ablehnung. Was genau das für die Energiewende bedeutet, das haben Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gemeinsam mit Partnern aus Großbritannien und Dänemark untersucht.

Für die Energiewende in Deutschland hat die Windenergie eine herausragende Bedeutung – mit aktuell rund 24 Prozent ist ihr Anteil an der Gesamtbruttostromerzeugung gemäß dem Statistischen Bundesamt deutlich höher als der aller anderen erneuerbaren Energien. „Damit wir unsere Klimaziele erreichen, ist es wichtig, diese Kapazitäten noch weiter auszubauen und möglichst viel Kohlestrom zu ersetzen“, sagt Professor Wolf Fichtner vom Institut für Industriebetriebslehre und Industrielle Produktion (IIP) des KIT. „In den landschaftlich schönen Regionen wird das allerdings von vielen abgelehnt.“ Was das genau für die Kosten der Energiewende und für die CO2-Bilanz von Deutschlands Gemeinden bedeutet, das hat ein Team am KIT gemeinsam mit Forschenden der University of Aberdeen sowie der Technical University of Denmark berechnet.

Die Ablehnung der Windenergie beziffern

Grundlage für die Berechnungen ist eine Datenbank, in der Tausende von Probandinnen und Probanden die Schönheit deutscher Landschaften nach standardisierten Kriterien bewertet haben. „Für Großbritannien wurde bereits nachgewiesen, dass die Ablehnung des Windkraftausbaus in Gemeinden in schönen Landschaften signifikant höher ist als in Gemeinden mit weniger schönen Landschaften“, sagt Max Kleinebrahm vom IIP. „Folgt man dem für Deutschland und ersetzt den qualitativen Faktor einer ablehnenden Haltung durch ein windkraftloses Entwicklungsszenario, dann kann man die zu erwartenden Mehrkosten eines Verzichts auf Windturbinen genau projizieren.“ Als Maßstab habe ihnen dabei ein weiteres techno-ökonomisch optimiertes Szenario für den Energiesystemumbau gedient, der mit lokaler Windkraft erfolge.

Durchgeführt wurde dieser Vergleich für 11 131 Gemeinden in Deutschland perspektivisch bis zum Jahr 2050. Bei einem Verzicht auf den Ausbau der Windenergieerzeugung in den schönsten Landschaften könnte die Stromerzeugung innerhalb einzelner Gemeinden demnach zusätzliche Kosten von bis zu sieben Cent pro Kilowattstunde verursachen, während die CO2-Emissionen im Vergleich zum Windkraftszenario um bis zu 200 Gramm pro Kilowattstunde steigen könnten. „Statt Windenergie müssten dann eben andere Formen der erneuerbaren Energiegewinnung wie die Solarenergie oder Bioenergie stärker ausgebaut werden“, sagt Jann Michael Weinand (IIP), einer der Hauptautoren der Studie. „Bei der Solarenergie entstehen aber höhere Systemintegrationskosten, die für einen Großteil des Aufpreises verantwortlich sind.“ Ganz ersetzen ließe sich die Windenergie für eine lokale Stromerzeugung auch nur in ganz wenigen Fällen. Meist müsse stattdessen Strom importiert werden, was zu den vergleichsweise hohen CO2-Emissionen führe.

Partizipation als Lösungsangebot

Für den grundsätzlichen Zielkonflikt zwischen Landschaftsschutz und klimafreundlicher Stromerzeugung mit Windturbinen können die beteiligten Forschenden keine schnelle Lösung bieten. Ihre Studie verstehen sie aber durchaus als Beitrag zu einem möglichen Ausgleich. „Wir wollen die notwendigen Daten zur Verfügung stellen, damit die Verantwortlichen vor Ort wissensbasierte Entscheidungen treffen können“, sagt Fichtner. Um ein noch tieferes Verständnis der Wechselwirkungen zwischen lokalen Windkraftwiderständen, landschaftlicher Schönheit und den Gesamtsystemauswirkungen zu erreichen, seien außerdem weitere Analysen geplant. (Patterns, 2021; doi: 10.1016/j.patter.2021.100301)

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Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

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