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Technik

Erfolgreiche Andock-Experimente unter Weltraumbedingungen

Technische Universität Braunschweig

Die Internationale Raumstation ISS hat Astrobees – kleine fliegende Roboter – an Bord. Für Experimente wurden diese Astrobees mit einem Docking-Mechanismus ausgestattet. Dieser Mechanismus basiert auf Materialien mit Gecko-Effekt und soll helfen, Objekte im All zu greifen und so beispielsweise Weltraumschrott zu beseitigen. Im Dezember 2020 konnte der Docking-Mechanismus, entwickelt an der Technischen Universität Braunschweig in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM), erfolgreich im All demonstriert werden.

Erstmalig konnte der Docking-Mechanismus unter Weltraumbedingungen durchgeführt werden: auf der ISS am 28. Dezember 2020 von US-Astronaut Victor Glover und noch ein zweites Mal am 18. Januar 2021 von seiner Kollegin Shannon Walker. Beide demonstrierten, wie zwei Astrobee-Roboter, einer davon ausgestattet mit gecko-inspirierten Materialien, automatisch aneinander andocken. Die gecko-inspirierten Haftmaterialien wurden vom INM in Saarbrücken zur Verfügung gestellt. Die Astrobees sind eine Entwicklung der NASA. Das Experiment verantwortete das Institut für Raumfahrtsysteme (IRAS) der TU Braunschweig im Rahmen des Projekts REGGAE (REduced Gravity Gecko Adhesion docking Experiments).

Herausforderung: Freischwebende und nicht-kooperative Objekte

Die Gecko-Technologie, inspiriert von der Fähigkeit des Echsenfußes zum kontrolliertem Haften und Ablösen, wird für das automatisierte Handling, beispielsweise beim Sortieren und Verpacken in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Deren Einsatz für Raumfahrtanwendungen ist jedoch noch weitgehend unerforscht. Eine Herausforderung liegt darin zu zeigen, dass man mit Gecko-Haftmaterialien auch freischwebende, fliegende Objekte „greifen“ kann. Im All kommt erschwerend hinzu, dass sich Zielobjekte nicht kooperativ verhalten und meistens taumeln, keine Signale senden oder Lage und Position nicht regeln können.

Der neue Ansatz der TU Braunschweig unterscheidet sich von vorherigen Experimenten darin, dass das Docking nicht manuell, sondern automatisiert realisiert wurde. Die nötigen Kräfte zum Aktivieren der Adhäsionskräfte entstehen durch die Geschwindigkeitsregelung des aktiven Satelliten. Ein passiver Ausrichtmechanismus korrigiert kleine Winkelfehler und dämpft den Stoß beim Kontakt mit dem frei schwebenden Objekt ab. In den Experimenten konnten zudem verschiedene Gecko-Haftmaterialien an verschiedenen Oberflächen getestet werden, die typischerweise beim Bau von Satelliten Verwendung finden: Acrylglas bei Solarpanelen, Multilayer Insulation (MLI) als Wärmedämmmaterial und Aluminium für die Außenhaut.

Durch den passiven und zugleich kompakten Aufbau lässt sich der Dockingmechanismus auch auf kleinen Plattformen wie CubeSats (ein Standard für kostengünstige Kleinsatelliten) implementieren. Der Einsatz auf CubeSats bedeutet erhebliche Kostenersparnisse. Eine typische Anwendung wäre das Einfangen von Weltraummüll.

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Anwendung: Einfangen von Weltraumschrott

Tausende Tonnen Weltraumschrott umkreisen derzeit die Erde. Solche funktionslosen Weltraumrückstände, wie sie wissenschaftlich genannt werden, sind ein immer größer werdendes Problem in der Raumfahrt, da von ihnen große Gefahr ausgeht. Bereits zentimetergroße Teile können bei einer Kollision großen Schaden an Satelliten und Raumstationen verursachen. Um Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten, muss der Weltraumschrott beseitigt werden. Das Institut für Raumfahrtsystem der TU Braunschweig untersucht hierzu den Einsatz von Gecko-Haftmaterialien für einen Andock- bzw. Greif-Mechanismus mit Blick auf deren Tauglichkeit für diese spezielle Anwendung. Entwickelt werden die Materialien am INM, mit dem die Braunschweiger Forscherinnen und Forscher bereits im Rahmen des ESA-Projektes „Gecko“ Materialien für die Raumfahrt-Anwendung evaluiert hatten. In Kooperation mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) wurden die Materialien auf einem Luftlagertisch getestet, bevor an der TU Braunschweig mit ELISSA eine eigene Forschungsanlage zur Satellitensimulation gebaut wurde.

Wie sich die Rückstände im All verhalten, analysieren die Braunschweiger Forscherinnen und Forscher in einem Modell, dem sogenannten Meteoroid and Space Debris Terrestrial Environment Reference Modell – kurz: das MASTER-Modell. Dieses wird mithilfe der am Institut entwickelten Software DOCTOR visualisiert.

Quelle: Technische Universität Braunschweig

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