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Technik

Affenbeobachtungsstation im Leipziger Zoo setzt auf Gesichtserkennung

Fraunhofer Gesellschaft

Mit der Erkennungssoftware können alle Mitglieder der großen Schimpansengruppe im Leipziger Zoo live per Kamera identifiziert werden. © Zoo Leipzig

Am 23. März 2016 wird im Leipziger Zoo die neu installierte interaktive Affenbeobachtungsstation der Öffentlichkeit vorgestellt. Mit Hilfe der intelligenten Fraunhofer-Gesichtserkennungstechnologie werden die Schimpansen im Pongoland zukünftig automatisch identifiziert und die Besucher können Informationen zu den einzelnen Affen abrufen.

Natascha ist 35 Jahre alt, weiblich und ihr Erkennungszeichen sind helle Flecken an Ober- und Unterlippe – und ein markanter weißer Kinnbart. Natascha ist eine der Affendamen im Pongoland im Leipziger Zoo, die mit der neuen Erkennungsstation »visuell« eingefangen werden kann. Schnell erfährt der Besucher weiter, dass Natascha eng mit Dorien befreundet und die Mutter von Frodo ist und dass sie seit 2001 im Leipziger Zoo zu Hause ist.

Mit Hilfe einer einfachen Richtungsnavigation kann eine schwenkbare Kamera im Gehege bewegt werden. Auf dem Bildschirm der Beobachtungsstation werden dann alle erkannten Schimpansen mit einem Rahmen um das Gesicht markiert und deren Name angezeigt. Dann kann sich der Besucher zu jedem Tier Informationen anzeigen lassen.

Die Technologie

Das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT in Ilmenau war im Projekt für die Identifikation der Affen zuständig. Dafür wurde eine Videoerkennungssoftware mit Gesichtsmerkmalen der Affen trainiert. Anhand verschiedener individueller Texturmerkmale des Affengesichts wie Faltenmuster unter den Augen oder spezifischer Farbgebung erfolgt eine eindeutige Zuordnung jedes einzelnen Schimpansen. Die Erkennungstechnologie ist bis zu einem gewissen Winkel tolerant gegenüber der Gesichtsposition. Beide Augen müssen als »Positionsmarken« für die danach folgende Auswertung und Identifikation erkennbar sein.

Für die Erkennung und Zuordnung jedes einzelnen Schimpansen musste das Erkennungssystem angelernt werden. Nach einer kurzen Trainingsphase mit 20 bis 30 Bildern pro Individuum und einem gewissen Grad an Variation (Winkel und Lichtverhältnisse) erkennt das System jetzt jeden einzelnen der 17 Affen im Gehege. Kommt ein neues Tier dazu, kann das System schnell und unkompliziert mit neuen Trainingsdaten gefüttert werden.

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Nicht ganz einfach

Im Rahmen des Projekts gab es verschiedene Herausforderungen, denen sich Alexander Loos, Projektverantwortlicher am Fraunhofer IDMT, stellen musste: »Im Gegensatz zu Menschen kooperieren Affen nicht, sie sitzen nicht still wenn sie sollen und schauen auch selten frontal in die Kamera. Eine weitere Herausforderung war, dass die Erkennung auch in unterschiedlichen Beleuchtungssituationen und bei schnellen Bewegungen zuverlässig funktionieren muss. Da Schimpansen sehr verspielt sind, hatten wir die Aufgabe, eine robuste Gesichtserkennung auch dann zu gewährleisten, wenn die Gesichter zum Teil durch Spielzeug, Stricke, Stöcke oder sonstige Materialien verdeckt sind.«

Die Lernstation ist das Ergebnis der gemeinsamen Entwicklungsarbeit des Zoo Leipzigs, des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie und der Fraunhofer-Institute IDMT und IIS. Gefördert wurde das einjährige Projekt von der Klaus Tschira Stiftung in Heidelberg.

(Fraunhofer Gesellschaft, 23.03.2016 – NPO)

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