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Chemie

Die Gefahr von Anschlägen

Die Nutzung von Nervengiften außerhalb von Kriegen

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden chemische Waffen nur noch in einzelnen regionalen Konflikten eingesetzt. Traurige Berühmtheit erlangte Sarin zum Beispiel im Jahr 1988, als der irakische Präsident Saddam Hussein damit kurdische Minderheiten umbringen ließ. Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist der Einsatz von Giftgas im syrischen Bürgerkrieg. Besonders besorgniserregend: Nicht nur die Truppen Assads setzten Chlorgas und Sarin ein, sondern auch der IS.

In militärischen Konflikten mögen chemische Waffen keine besondere Rolle mehr spielen. Allerdings ist die Sorge berechtigt, dass diese in Bürgerkriegen gegen Zivilisten eingesetzt werden oder dass Terroristen Chemiewaffen für einen Anschlag nutzen könnten.

Sekte stellt Sarin selbst her

Dass diese nicht ungerechtfertigt ist, zeigte sich aber nicht erst durch den IS, sondern schon lange vorher: Der Giftgasanschlag der Aum-Sekte mit Sarin auf die U-Bahn von Tokio am 20. März 1995 forderte 13 Todesopfer, mehr als 1.000 Menschen wurden verletzt.

Der Giftgas-Anschlag der Aum-Sekte in Tokio ist eine der bekanntesten terroristischen Attacken, bei der Sarin eingesetzt wurden. © Name /CC-by-sa 3.0

Dabei hinterlegten einige Sektenmitglieder selbst hergestelltes Sarin in mit Zeitung umwickelten Kunststoffbeuteln in der U-Bahn und stachen mehrmals mit einem Regenschirm in diese, bevor sie die U-Bahn verließen. Die austretenden Dämpfe konnten sich so in den U-Bahnen und Bahnhöfen verbreiten. Glück im Unglück: Hätten die Täter reineres Sarin hergestellt und eine effektivere Methode genutzt, um das Nervengift zu verteilen, hätte die Zahl der Toten wesentlich höher ausfallen können.

Geheimakte Nowitschok

Doch das ist nicht der einzige Fall aus der jüngeren Vergangenheit, bei dem ein chemischer Kampfstoff bei einem Anschlag eingesetzt wurde.. Im März 2018 wurde der russische Ex-Agent Sergej Skripal und seine Tochter in Salisbury bewusstlos aufgefunden. Untersuchungen ergaben, dass beide mit dem hochtoxischen Nervengift Nowitschok vergiftet worden waren.

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Nowitschok zählt zu den Nervenkampfstoffen, die wie Sarin das Enzym Acetylcholinesterase hemmen. © Name /CC-by-sa 3.0

Bei den Giften der Nowitschok-Reihe, die in den 1980er Jahren in der Sowjetunion entwickelt wurden, handelt es sich um die tödlichsten bekannten Nervengifte. Ähnlich wie Sarin hemmt auch Nowitschok das in den Synapsen des Nervensystems aktive Enzym Acetylcholinesterase – und dies irreversibel. Dadurch führt es zu Krämpfen, der Lähmung aller Muskelfunktionen einschließlich des Herzens und der Atmung und schließlich zum Tod. Auch wenn die aufgenommene Dosis gering ist, sind die verursachten Schäden und Spätfolgen dennoch oft nicht mehr reversibel.

Da die Entwicklung der Nowitschok-Nervengifte ein sehr spezielles Knowhow erfordert, führte die Spur der möglichen Täter nach Russland. Hinzu kam, dass dort möglicherweise ein politisches Interesse an einer Ermordung des Ex-Agenten bestand. Ob das Novitschok jedoch tatsächlich aus Russland stammt und wer den Anschlag beauftragt hat, ist bis heute umstritten.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Chemiewaffen
Der unsichtbare Tod

Das Grauen des Ersten Weltkriegs
Wie Fritz Haber lernte, das Chlorgas zu lieben

Tödlicher Angriff auf Lunge, Haut und Nerven
Buntschießen mit Maskenbrechern

Tödliches Erbe
Sarin und andere Chemiewaffen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs

Die Gefahr von Anschlägen
Die Nutzung von Nervengiften außerhalb von Kriegen

Verbot der Entwicklung und Herstellung
Internationale Vereinbarungen zur chemischen Abrüstung

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