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Forscher / Entdecker

Der Himmelscomputer

Aufbau des Antikythera-Mechanismus

Als Taucher im Jahr 1901 diesen Fund aus dem Wrack von Antikythera bergen, scheint er alles andere als spannend oder wertvoll: Es handelt sich nur um einen unförmigen Klumpen aus stark korrodiertem Metall und verkrustetem Sediment. Das unscheinbare Gebilde mit der Inventarnummer X 15087 landet daher wie viele der Antikythera-Fundstücke erst einmal in einem Lagerraum des Nationalen Archäologiemuseums in Athen.

Antikythera-Fragment A
Das größte Fragment des Antikythera-Mechanismus. © Marsyas/CC-by-sa 3.0

Peilhilfe und Astrolabium?

Doch im Mai 1902 bekommen die eingelagerten Funde aus Antikythera prominenten Besuch: Spiridos Stais, hochrangiger Kulturpolitiker und Cousin des Museumsdirektors, sieht sich die Ergebnisse der Bergungsexpedition an – und entdeckt etwas Ungewöhnliches am Fundobjekt X 15087. Ihm fällt auf, dass die Oberfläche des korrodierten Klumpens an einigen Stellen Reste von Inschriften zu tragen scheint. Zudem ähneln einige der Metallobjekte Zahnrädern.

Nähere Untersuchungen lassen darauf schließen, dass es sich bei diesem Fund um ein mechanisches Anzeigegerät handelt – möglicherweise eine Art Astrolabium, wie 1905 der Münchener Philologe Albert Rehm vermutet. Mit einem solchen Hilfsmittel ließ sich die Position von Planeten und Sternen darstellen, gleichzeitig diente es als Peilhilfe beispielsweise bei der Navigation auf See. Einige schwache Markierungen auf dem Objekt scheinen zu dieser Nutzung zu passen. Doch die Verkrustungen und die starke Korrosion des Metalls machen es unmöglich, in das Innere des Apparats zu schauen, ohne das Fundstück zu zerstören.

Tierkreis, Mondphasen und Sterne

Erst rund 50 Jahre später gewinnen Forscher einen ersten Einblick in das Innere des „Mechanismus von Antikythera“, wie das mysteriöse Objekt inzwischen genannt wird. Der Wissenschaftshistoriker Derek de Solla Price durchleuchtet den Fund und weitere inzwischen vom Meeresgrund hinaufgebrachte Komponenten des Apparats mittels Röntgen- und Gammastrahlen. Sie enthüllen erstmals das ungewöhnlich komplexe Innenleben des Mechanismus und machen weitere Inschriften sichtbar.

De Solla Price
Derke de Solla Price mit einer auf seinen Scan basierenden Rekonstruktion des Antikythera-Mechanismus. © Artistsmarket/ gemeinfrei

Demnach besitzt der Mechanismus drei runde Hauptzifferblätter, eines vorne, zwei übereinander angeordnet auf der Rückseite. Auf der vorderen Anzeige sind die Reste eines Sonnenkalenders erkennbar, der die Wanderung der Sonne durch die mit babylonischen Symbolen gekennzeichneten Tierkreiszeichen zeigt. Gleichzeitig sind Tages und Monatsnamen des ägyptischen Kalenders angegeben. In einem beweglichen Innenkreis sind zudem griechische Sternzeichen aufgereiht. Dessen nicht genug, zeigen die Scans auch Reste eines Mondphasenkalenders, sowie Inschriften, die die Planeten Mars und Venus erwähnen.

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Ein „Computer“ für astrologische Berechnungen?

Price schließt daraus, dass die Vorderseite einen Anzeiger für astronomisch oder astrologische relevante Konstellationen von Sonne, Mond und Planeten darstellen könnte – eine Art astrologischen Himmelscomputer. „Man könnte ihn in der Hand gehalten und mit einer Kurbel an der Seite bedient haben, so dass er wie eine Art Computer arbeitete, wahrscheinlich für astrologische Berechnungen“, schreibt der Forscher 1959 in einem Artikel.

Welchem Zweck die beiden Zifferblätter auf der Rückseite dienen, kann Price jedoch mangels Auflösung seiner Aufnahmen nicht eindeutig feststellen…

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Der Antikythera-Mechanismus
Rätsel um die "Himmelsmaschine" der Antike

Eine "Titanic" der Antike
Die Entdeckung des Wracks von Antikythera

Der Himmelscomputer
Aufbau des Antikythera-Mechanismus

Mehr als nur ein Planetarium
Das komplexeste Gerät der Antike

Wozu diente die "Himmelsmaschine"?
Werkzeug, Lehrmittel oder einfach Schaustück?

Wer erschuf den Mechanismus?
Drei Kandidaten und viele offene Fragen

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