Anzeige
Anthropogeographie

Die Spanier und das Gold

Wie der Mythos von El Dorado entstand

Schon als die ersten spanischen Eroberer nach Südamerika kommen, staunen sie über das viele Gold der Einheimischen. Denn die auf den ersten Blick „primitiven Wilden“ besitzen teilweise prachtvollen goldenen Schmuck und in ihren Tempeln stehen goldene Statuen und Gefäße. Viele dieser Objekte sind zudem erstaunlich kunstvoll gearbeitet.

Inka-Vogel
Bei der Eroberung des Inka-Reichs erbeuteten die Spanien zahlreiche Goldobjekte wie diese Vogelfigur – doch das reichte ihnen nicht. © Simon Burchell/ CC-by-sa 3.0

Ein goldener Herrscher und sein Reich

Merkwürdig nur: Die einheimische Bevölkerung scheint diesen Schätzen kaum Bedeutung beizumessen. Der materielle Wert des Goldes ist ihnen offenbar nicht bewusst. Den Konquistadoren dagegen gehen förmlich die Augen über – und ihre Gier ist geweckt. Umso faszinierter sind sie, als ihnen Gerüchte über einen „goldenen Herrscher“ und sein von Gold und anderen Schätzen starrendes Reich zu Ohren kommen.

Dieser von den Spaniern als „El Dorado – der Goldene“ bezeichnete Ort soll irgendwo jenseits des Amazonas-Tieflands an einem Gewässer liegen. Denn der Sage nach badet der über und über mit Gold bedeckte Herrscher täglich in diesem Gewässer und opfert dort den Göttern Edelsteine und Gold. Das Problem nur: Bisher haben die Spanier kaum eine Vorstellung von der Geografie Südamerikas, geschweige denn eine Idee, wo El Dorado liegen könnte.

Erste Eroberungsfeldzüge führen die Konquistadoren vor allem in das heutige Mexiko und vor dort aus nach Süden in das Reich der Inkas. Auch einige Küstengebiete werden von Expeditionen durchstreift. Immer wieder finden sie dabei wertvolle Goldobjekte – hören aber auch von noch reicheren Schätzen irgendwo im Landesinneren. Über Jahrzehnte wird der Mythos von El Dorado zur treibenden Kraft hinter den Erkundungszügen der Spanier.

Pizarros Expedition ins Tiefland

Im Jahr 1540 weckt die Geschichte von El Dorado die Aufmerksamkeit von Gonzalo Pizarro, dem jüngeren Halbbruder des berüchtigten Konquistadors Francisco Pizarro. Nachdem dieser das Reich der Inka in Peru erobert und zerschlagen hat, macht er seinen Halbbruder zum Gouverneur der Provinz Quito. Dort hört Gonzalo Pizarro von Einheimischen eine verheißungsvolle Geschichte: Weit im Osten soll es ein Tal geben, in dem es Gold und das begehrte Gewürz Zimt in rauen Mengen gibt.

Anzeige

Pizarro zögert nicht lange und rüstet eine Expedition aus: Mit 340 spanischen Soldaten und 4.000 einheimischen Helfern zieht er von den Höhen der Anden hinunter in den Dschungel des Tieflands. Doch der Treck erweist sich als Fiasko. Das unwegsame Gelände, die Hitze und die Strapazen schwächen die spanischen Truppen und machen sie krank. Hinzu kommen ständige Angriffe durch die Bewohner des Regenwalds. Als die Expedition nach monatelangem Herumirren endlich an einen großen Fluss gelangt, ist ein Großteil der Soldaten und einheimischen Begleiter tot.

Bau der San Pedro
Pizarro lässt das Schiff San Pedro bauen, um den Fluss zu erkunden. © historisch

Amazonas statt EL Dorado

Pizarro kehrt nach Quito zurück, um mehr Männer und Material zu organisieren. Zuvor aber gibt er seinem Leutnant Francisco de Orellana den Befehl, gemeinsam mit einigen verbliebenen Soldaten auf dem Fluss weiter Richtung Osten vorzustoßen – weiter auf der Suche nach El Dorado. Auf einem mithilfe der Einheimischen gebauten Schiff fahren Orellana und seine Männer monatelang unter Hunger und Entbehrungen den Fluss hinab. Am 26. August 1542 schließlich erreichen sie ein gewaltiges Delta: die Mündung des Amazonas.

Orellana wird damit der erste Europäer, der den Amazonas einmal von West nach Ost befahren hat. El Dorado aber findet auch er nicht. Nach Pizarro und Orellana versuchen noch mehrere spanische Konquistadoren ihr Glück und stoßen in das Amazonas-Tiefland vor – vergebens. Noch immer bleibt unklar, wo genau das sagenumwobene Goldreich überhaupt liegen soll.

  1. zurück
  2. 1
  3. |
  4. 2
  5. |
  6. 3
  7. |
  8. 4
  9. |
  10. 5
  11. |
  12. 6
  13. |
  14. weiter
Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Mythos El Dorado
Auf der Suche nach dem sagenhaften Goldland

Die Spanier und das Gold
Wie der Mythos von El Dorado entstand

Ein englischer Seefahrer sucht El Dorado
Sir Walter Raleigh und das Goldland von Guayana

Die Suche nach dem Parime-See
Alexander von Humboldts Expedition

Das Gold der Muisca
Ein Goldreich im Hochland Kolumbiens

Das goldene Floß
Ein Initiations-Ritus als Ursprung von El Dorado?

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Anden: Kupferverarbeitung begann früher als gedacht
Schon vor 2700 Jahren schmolzen die frühen Kulturen Südamerikas Kupfererze

Nazca-Indianer bauten bereits Eisenerz ab
Archäologen entdecken erste Eisenerzmine aus der Zeit vor der spanischen Eroberung

Spanische Eroberer waren Umweltverschmutzer
Gier nach Silber hinterließ Schwermetalle sogar auf entfernten Andengipfeln

Untergang der Inkas veränderte die Landschaft
Folgen der spanischen Eroberung sind an der peruanischen Küste ablesbar

Dossiers zum Thema