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Frage: Warum fassen wir uns bei Schmerzen unwillkürlich an die wehtuende Stelle?

Wissenswert

Hier schmerzt es plötzlich © Clipdealer

Autsch! Wenn wir uns stoßen oder durch eine falsche Bewegung einen Muskel zerren, merken wir das sofort. Als erste Reaktion auf diesen Schmerz fassen wir uns instinktiv dahin, wo es weh tut. Mit der Hand reiben wir leicht über die verletzte Stelle, als wollten wir den Schmerz wegstreicheln. Aber warum tun wir das? Und kann diese Berührung tatsächlich den Schmerz dämpfen?

„Ja“, sagt Line Löken von der Universität Göteborg. Tatsächlich könne das sanfte Streichen über die Haut gegen akute Schmerzen helfen. Denn die Nervensignale, die durch diese Berührung ausgelöst werden, dämpfen die Schmerzsignale. Der Grund dafür: „Die Signale des Streichelns haben ihre eigene direkte Route ins Gehirn“, erklärt die Forscherin. Die langsamen, sich wiederholenden Berührungen würden nicht wie normale Tastreize weitergegeben, sondern vielmehr wie ein bestimmter Typ von Schmerzreizen. Und dadurch machten sie diesen Konkurrenz.

Die Leitung für die Streicheleinheiten besteht aus speziellen Nervenfasern, den sogenannten C-Fasern, wie Löken erläutert. Diese dünnen Nervenstränge besitzen keine Markscheide und leiten daher Signale nur langsam. Die Enden dieser Fasern sitzen in allen behaarten Hautpartien unsers Körpers. Jede C-Faser sammelt jeweils die Signale aus etwa einem Quadratzentimeter Haut und gibt sie an das Gehirn weiter.

Schnelle und langsame Route für den Schmerzreiz

Wie aber funktioniert das Schmerz-Wegstreicheln nun konkret? Stoßen wir uns, schlagen als erstes die Schmerzsensoren in der Haut Alarm. Dieses Schmerzsignal wird nun über zwei verschiedene Leitungen ans Gehirn gemeldet. Besonders schnelle Nervenfasern sorgen dafür, dass wir die Verletzung sofort bemerken – als stechenden Anfangsschmerz. Diese schnelle Warnung ermöglicht es uns beispielsweise, die Hand von einer heißen Herdplatte wegzuziehen, bevor Schlimmeres passiert. Oder auch, uns reflexartig mit der Hand über die Stelle zu reiben, an der wir uns gestoßen haben.

Gleichzeitig wird das Schmerzsignal aber auch über die langsamere C-Faser ausgesendet, wie die Forscherin erklärt. Kommt es im Gehirn an, erzeugt es den dumpfen nachklingenden Schmerz. Reiben wir uns nun mit der Hand über die schmerzende Stelle, werden über die gleiche Leitung auch die positiven „Streichelsignale“ gesendet. „Diese werden nicht geblockt, selbst wenn das Gehirn gleichzeitig Schmerzsignale von der gleichen Stelle empfängt“, sagt Löken. Stattdessen sei es umgekehrt: Die Streichelsignale blockierten den Schmerzreiz.

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Selbst-Berührung ist am effektivsten

Das Wegstreicheln scheint übrigens am besten zu funktionieren, wenn wir uns selbst berühren. Darauf zumindest deuten Ergebnisse von britischen Forschern hin. Sie hatten getestet, wie stark Probanden einen Hitzeschmerz am Finger empfanden, wenn sie entweder selbst ihre Hand berührten oder es ein anderer tat. Den stärksten Effekt, eine Schmerzminderung um 64 Prozent, stellten sie nur dann fest, wenn der Proband seine Hand selbst anfasste.

„Wie stark wir Schmerz empfinden hängt nicht nur von den Signalen ab, die das Gehirn erreichen, sondern auch davon, wie das Gehirn diese Signale in sein Körperbild einfügt“, erklärt Patrick Haggard vom University College London. Die Selbstberührung helfe dem Gehirn offenbar dabei, die Informationen aus dem betroffenen Körperteil besser zuzuordnen und zu integrieren. Und das wiederum scheine dazu beizutragen, den Schmerz bei Berührung zu dämpfen.

12.09.2012 – NPO

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