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Biologie

Manche Proteine reisen funktionstüchtig

Forscher entschlüsseln, wie Eiweiße in der Zelle gelenkt werden

Signalsteuerung beim peroxisomalen Proteinimport von PTS1- und PTS2-Proteinen. PTS1-Proteine werden vom Importrezeptor Pex5p in der Zellflüssigkeit erkannt, gebunden und an den Dockingkomplex der peroxisomalen Membran dirigiert. PTS2-Proteine werden zunächst vonm Importrezeptor Pex7p erkannt, dann erfolgt die Anbindung des Ko-Rezeptors Pex18p, der die Signalsteuerung an den Dockingkomplex ermöglicht. An der peroxisomalen Membran konvergieren die beiden Importwege. © RUB

Proteine werden oft von ihrem Herstellungsort in der Zelle über größere Distanzen an ihren späteren Wirkungsort transportiert. Eine Sonderbehandlung genießen dabei jedoch die Eiweiße, die später in Peroxisomen, bestimmten Zellorganellen, tätig werden: Anders als andere Proteine werden sie fix und fertig in gefaltetem und damit funktionsfähigem Zustand befördert. Wie dieser Transportprozess genau funktioniert, haben Bochumer Forscher jetzt im Fachjournal „Traffic“ enthüllt.

Proteine müssen von ihrem Herstellungsort bis zu ihrem Zielort innerhalb einer Zelle oft größere Distanzen und nicht selten sogar mechanische Barrieren wie Lipidmembranen überwinden. Fehlsortierungen von Proteinen führen häufig zum Funktionsverlust ganzer Zellorganellen, und häufig sogar zum Ausbruch von Krankheiten.

Mittlerweile sind zahlreiche Transportwege für Eiweiße bekannt. Dabei werden die Proteine in einem ungefalteten, das heißt inaktiven Zustand an ihr Zielorganell befördert – erst die Faltung des Proteins bestimmt seine Funktion. Am Ziel angelangt, werden sie von einem spezifischen Rezeptor erkannt und in das Zielorganell aufgenommen. Erst nach der Aufnahme erreichen sie dann ihren funktionellen Faltungszustand und treten in Wechselwirkungen mit anderen Proteinen.

Peroxisomale Proteine reisen im Verbund

Eine Ausnahme scheinen Proteine zu sein, die für die Peroxisomen bestimmt sind. Peroxisomen sind Zellorganellen, die eine Vielzahl von Stoffwechselaufgaben in der Zelle übernehmen. Sie enthalten über 50 verschiedene funktionelle Eiweiße (Enzyme), deren Zusammensetzung sehr variabel den jeweiligen Bedürfnissen des Organismus angepasst werden kann.

Ein wesentliches Charakteristikum von Peroxisomen ist die räumliche Abschottung von Stoffwechselwegen, bei denen das giftige Wasserstoffperoxid entsteht, dessen Beseitigung eine Hauptaufgabe der Peroxisomen ist. Peroxisomale Proteine gelangen komplett fertig im gefalteten Zustand und häufig sogar im Verbund mit anderen peroxisomalen Proteinen an ihr Ziel.

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Fatale Fehlsortierungen

Fehlsortierungen peroxisomaler Proteine haben fatale Folgen: Sie verursachen tödliche Krankheitsverläufe schon im frühen Kindesalter. Schon deshalb beschäftigt sich das Team um Professor Ralf Erdmann und Wolfgang Schliebs von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) mit der Erforschung der Transportwege ins Peroxisom.

Eine wesentliche Frage dabei lautet: Wie finden neu synthetisierte Proteine den Weg an die Membran der Peroxisomen und welche Rolle spielen dabei Rezeptoren? Diese Erkennungseinheiten befinden sich teils frei in der Zellflüssigkeit, teils sind sie an die Membran gebunden, teils handelt es sich um so genannte Ko-Rezeptoren.

Lotsen bringen Transportkomplexe ans Ziel

In ihrer aktuellen Studie konnten die Forscher erstmals eine hierarchische Reihenfolge der frühen Ereignisse des Proteinimports in die Peroxisomen zeigen. „Unseren Erkenntnissen zufolge bilden peroxisomale Proteine in der Zellflüssigkeit zunächst mit löslichen Rezeptoren einen Komplex“, erklärt Erdmann. „Erst danach findet die Anbindung der Ko-Rezeptoren statt. Diese enthalten alle notwendigen Zielinformationen und bringen den Rezeptor/Cargo-Komplex zur peroxisomalen Membran.“

Wenn der Komplex an der Membran angedockt hat, zerfällt er wieder in die einzelnen Bestandteile und die peroxisomalen Proteine werden ins Peroxisom transportiert. „Mit dieser Arbeit konnten wir zum ersten Mal zeigen, dass die Spezifität des Proteintransportes in Peroxisomen nicht erst am Ziel entschieden, sondern bereits in der Zellflüssigkeit festgelegt wird“, so Erdmann.

(idw – Ruhr-Universität Bochum, 03.06.2009 – DLO)

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