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Medizin

Wie entlockt man den Schwämmen ihre Wirkstoffgeheimnisse?

Neue Methode isoliert entscheidende DNA in nur zwei Schritten

Meeresschwämme © NOAA

Schwämme gelten als aussichtsreiche Kandidaten für neue Arzneimittel aus dem Meer. Doch wie lassen sich ihre teilweise von Symbionten produzierten Wirkstoffe identifzieren und isolieren ohne sämtliche Schwämme abzuernten? Bonner Forscher haben nun eine Methode entwickelt, mit der in wenigen Schritten die entscheidende Information aus den Meeresbewohnern extrahiert werden kann.

Die Meere beherbergen die größte Artenvielfalt der Erde. Sie sind daher auch von Bedeutung bei der Suche nach neuen Wirkstoffen zur Arzneimittelgewinnung. Die wichtigste Quelle stellen dabei derzeit marine Schwämme dar. Denn sie produzieren toxische Substanzen zur Verteidigung gegen natürliche Feinde. Eine dieser Substanzen ist Psymberin, ein Wirkstoff, der zur Tumorbekämpfung genutzt werden kann. Für die pharmakologische Nutzung ist allerdings eine Menge notwendig, die über die natürlich vorhandene Menge hinausgeht.

Die Arbeitsgruppe von Professor Jörn Piel von der Universität Bonn interessiert sich für Methoden, mit denen solche Wirkstoffe unter Schonung natürlicher Ressourcen produziert werden können. Viele der Substanzen werden von bakteriellen Symbionten produziert. Diese konnten aber außerhalb ihres Wirtes bisher nicht kultiviert werden. Die Bonner Forscher wandten daher einen Trick an: „Unsere Strategie beruht darauf, Gene, die für die Produktion von Wirkstoffen verantwortlich sind, aus der Gesamt-DNA des Schwamms zu isolieren“, erklärt Piel das Vorgehen seiner Arbeitsgruppe. „Dabei sind dann auch die Erbanlagen der Bakterien, die diese Substanzen im Schwamm produzieren.“

Von dem Institute of Water & Atmospheric Research in Neu Seeland und dem Department of Chemistry and Biochemistry in Santa Cruz bekam die Bonner Arbeitsgruppe die notwendigen Schwämme zur Verfügung gestellt. Doch auch diese Methode stellte die Forschergruppe zunächst vor erhebliche Probleme: „Die Problematik lag in der außerordentlich hohen genetischen Komplexität der Schwämme, da diese hunderte verschiedener bakterieller Arten enthalten können“, so der Bonner Wissenschaftler.

Gensiolierung in nur zwei Arbeitsschritten

Doch nun konnten die Forscher eine Methode entwickeln, mit der dieses Problem für die Wirkstoffklasse der komplexen Polyketide gelöst werden konnte. Polyketide sind Naturstoffe, die in Schwämmen besonders häufig biologische Aktivität zeigen und somit für eine pharmakologische Nutzung geeignet sind. Zu dieser Klasse gehört auch die Antitumorsubstanz Psymberin. Die Wissenschaftler isolierten zunächst die Gesamt-DNA des Schwamms und seiner Symbionten.

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Anschließend entfernten sie daraus die Sequenzen, die nicht zur Biosynthese der Polyketide beitragen. Vergleichende Studien an verschiedenen Schwämmen hatten dazu im Vorfeld die nötigen Hinweise ergeben. Die so verringerte Menge der Erbanlagen konnte nun mit diversen Gen-Datenbank abgeglichen und genauer untersucht werden.

Wenige Gramm Schwamm reichen für die Wirkstoffentwicklung

Dabei zeigte sich, dass durch diese Methode tatsächlich in nur zwei Arbeitsschritten die entscheidende Gen-Sequenz isoliert werden konnte. Das war bisher aufgrund der hohen Komplexität der Gesamt-DNA nicht möglich. Die so gewonnen Gene könnten nun in kultivierbare Bakterien übertragen werden. Damit würden im Idealfall nur wenige Gramm eines Schwamms ausreichen, um einen beliebigen Schwamm-Wirkstoff in großen Mengen zu produzieren.

Damit haben die Bonner Forscher die Grundlage für eine systematische Suche nach wirkstoffproduzierenden Genen geschaffen. So könnte eine allgemeine Lösung des Versorgungsproblems für pharmakologische Naturstoffe erreicht sein. Der letzte Schritt dafür ist die Ausprägung der gewonnenen Gene in kultivierbaren Laborbakterien, an dem die Bonner Wissenschaftler bereits arbeiten.

(Universität Bonn, 29.05.2009 – NPO)

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