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Medizin

Klebstoff dichtet Blutgefäße ab

Peptid-Moleküle stärken Zusammenhalt zwischen lebenswichtigen Haftproteinen

Das an der Universität Würzburg entwickelte Tandem-Peptid (Bildmitte) "verklebt" zwei VE-Cadherin-Haftproteine miteinander. Auf diese Weise dichtet es durchlässig gewordene Blutgefäße ab. © Wolfgang-Moritz Heupel

Entzündungen machen Blutgefäße undicht: Blutflüssigkeit tritt ins Gewebe aus, und das kann schwere Komplikationen nach sich ziehen. Würzburger Forscher haben jetzt eine Art molekularen Klebstoff entwickelt, der allzu durchlässige Blutgefäße abdichtet.

Blutgefäße sind innen mit einer einschichtigen Lage von Zellen ausgekleidet. An ihrer Oberfläche tragen diese Zellen spezielle Haftproteine, mit denen sie sich eng aneinanderschweißen. Im Normalfall sorgt das für eine perfekte Abdichtung der Blutgefäße.

VE-Cadherin als Haftprotein

Das wichtigste Haftprotein ist das so genannte VE-Cadherin. Bei verschiedenen krankhaften Zuständen kann es destabilisiert werden – etwa bei einer Sepsis, wenn sich Bakterien in die Blutbahn vorgearbeitet haben und den ganzen Körper überschwemmen. Diese Infektion löst entzündliche Prozesse aus, und dadurch tun sich in der Abdichtung der Blutgefäße Lücken auf. Blutflüssigkeit tritt aus, lebensgefährliche Organschwellungen und Blutungen im Gewebe können die Folgen sein.

Bislang gibt es kein Mittel, um allzu durchlässige Blutgefäße abzudichten. Dabei wäre das sehr hilfreich, etwa bei der Behandlung von Patienten mit Wasser in der Lunge oder mit allergisch bedingten Organschwellungen.

Kleine Peptide sorgen für Zusammenhalt

Ein Schritt in diese Richtung ist Forschern vom Institut für Anatomie und Zellbiologie der Universität Würzburg gelungen: Sie haben kleine Peptid-Moleküle entwickelt, die den Zusammenhalt zwischen den lebenswichtigen VE-Cadherin-Haftproteinen stärken. Das stabilisiert die Abdichtung von Blutgefäßen gegenüber entzündlichen Reizen.

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Wie die Peptid-Moleküle wirken? Wie Klebstoff: Sie verbrücken die Haftproteine miteinander, weil sie nach dem Vorbild der Struktur konstruiert sind, mit deren Hilfe sich die VE-Cadherine eng aneinanderschweißen. Ihre vernetzende Wirkung entfalten sie als hintereinander angeordnete Tandempeptide – ähnlich wie ein Pflaster mit zwei klebrigen Enden.

Einsatz am Menschen noch in der Ferne

„Diese Ergebnisse eröffnen neue Ansätze zur Behandlung der krankhaft gesteigerten Durchlässigkeit von Blutgefäßen“, sagt Professor Detlev Drenckhahn im Fachblatt „Journal of Cell Science“. Bis zu einem möglichen Einsatz am Menschen sei es aber noch ein langer Weg. Denn dafür eignen sich die Moleküle in ihrer derzeitigen Form nicht.

Einem Menschen Peptide zu verabreichen, ist den Worten von Drenckhahn zufolge immer schwierig – denn dabei sei mit unerwarteten Immunreaktionen zu rechnen. Der nächste Schritt der Würzburger Forscher besteht nun darin, andere Moleküle zu finden, die den Peptiden in Struktur und Wirkung ähneln.

Wolfgang-Moritz Heupel, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Würzburg, zeigt den Scan-Kopf eines Rasterkraftmikroskops. Unter anderem mit diesem Gerät ist der Nachweis gelungen, dass speziell konstruierte Peptid-Moleküle die gewünschte Wirkung zeigen: Sie kleben VE-Cadherin-Moleküle aneinander. © Robert Emmerich

Erfolgreiche Kooperation

Kooperiert haben die Wissenschaftler um Drenckhahn, Wolfgang-Moritz Heupel und Jens Waschke vom Institut für Anatomie und Zellbiologie im Rahmen ihrer Studie mit dem Strukturbiologen Thomas Müller vom Biozentrum, der die Peptid-Moleküle am Computer entworfen hat. Mit der Chemikerin Athina Hübner, dem Mediziner Nicolas Schlegel und weiteren Mitarbeitern des Anatomischen Instituts wurden die Peptid-Moleküle anschließend in verschiedenen Systemen getestet.

Die Wirksamkeit der neuartigen Moleküle konnten die Wissenschaftler mittels Rasterkraftmikroskopie an isolierten VE-Cadherin-Haftproteinen und auch im lebenden Organismus zeigen: Injiziert man Mäusen den schützenden Klebstoff in die Blutgefäße, so bricht deren Abdichtung bei einem experimentell erzeugten Entzündungsreiz nicht mehr zusammen.

(idw – Universität Würzburg, 14.05.2009 – DLO)

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