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Astronomie

Raumschiff Cassini erreicht Phoebe

Erste genaue Kartierung geplant

So könnte die Oberfläche von Phoebe aussehen © NASA

Zwanzig Tage vor der Ankunft der amerikanisch- europäischen Planetenmission Cassini/Huygens am Ringplaneten Saturn wird die Raumsonde am Freitagabend, dem 11. Juni 2004, um 21.33 Uhr MESZ den äußeren Mond Phoebe passieren. Dabei wird das Raumschiff mit einer Geschwindigkeit von rund 21.500 Kilometer pro Stunde in nur zweitausend Kilometer Entfernung an dem etwa 220 Kilometer großen Trabanten vorbeifliegen.

Mit seinen Fernerkundungsinstrumenten wird es Bilder aufnehmen und Messungen durchführen, die alle bisherigen Daten des kleinen Mondes um viele Größenordnungen an Qualität übertreffen werden. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof wird an den Phoebe-Beobachtungen teilnehmen und einen Teil der am Wochenende zur Erde übertragenen Daten wissenschaftlich auswerten. Zunächst sollen erste genaue Karten des kleinen Mondes erstellt werden, anschließend eine detaillierte wissenschaftliche Analyse der Oberflächen und Strukturen erfolgen.

In der Nacht zum 1. Juli 2004 wird das Raumschiffgespann an seinem Ziel, dem Saturn, ankommen und in eine Umlaufbahn einschwenken. Innerhalb der nächsten vier Jahre solle es bei rund mindestens 78 nahen Vorbeiflügen den Gasplaneten, seine Ringe und Monde genauestens erforschen. Die an Cassini angedockte europäische Huygens-Sonde soll an Weihnachten 2004 abgetrennt werden und am 14. Januar 2005 auf Titan landen, um den größten Saturnmond zu erforschen. Größer als der Erdmond, ist Titan der einzige Planetenmond in unserem Sonnensystem mit einer Atmosphäre. Diese scheint noch in einem sehr ursprünglichen Zustand zu sein, wie er möglicherweise vor viereinhalb Milliarden Jahren auf der Erde herrschte. Dies macht Titan für die Wissenschaftler besonders interessant macht.

Einzige Chance beim Anflug

Nach fast sieben Jahren Reisezeit und nunmehr dreieinhalb Milliarden Kilometer zurückgelegter Strecke ist der Vorbeiflug an Phoebe das bislang wichtigste wissenschaftliche Vorhaben der Cassini/Huygens- Mission. Phoebe, ein halbwegs kugelförmiger Körper mit Durchmessern zwischen 210 und 230 Kilometern, kreist mit einer Umlaufperiode von 550 Tagen in etwa 13 Millionen Kilometer Entfernung um den Saturn. Wegen dieser großen Distanz hat Cassini nur im Anflug an den Ringplaneten die Möglichkeit zu genauen Beobachtungen des Mondes, der sich zudem fast in der Ringebene um Saturn bewegt – wäre dies nicht der Fall, könnte aus bahntechnischen Gründen dieser spektakuläre Nahvorbeiflug gar nicht erst erfolgen.

Die Ankunft Cassinis am Saturn wurde nicht zuletzt wegen einer möglichst nahen Passage an Phoebe auf den 1. Juli 2004 gelegt. Die Bahn des Mondes wird gegenwärtig noch durch die Analyse von Anflugbildern präzisiert – vermutlich wird der Moment der größten Annäherung an Phoebe (2.063 Kilometer) am Freitag um 21:33 Uhr und 37 Sekunden (MESZ) stattfinden. Damit Phoebe, der sich in neuneinhalb Stunden einmal um seine eigene Achse dreht, von allen Seiten möglichst umfassend fotografiert werden kann, sind bereits den ganzen Freitag vor dem Vorbeiflug die Instrumente angeschaltet.

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Danach wird das Raumschiff um 180 Grad gedreht, so dass „im Blick zurück“ bis Samstagmittag weitere Daten aufgenommen werden können. Insgesamt werden Messungen von mehr als zwei Rotationen des Mondes durchgeführt. Die Übertragung aller Daten an die 70-Meter-Antennen des „Deep Space Network“ der NASA findet unmittelbar danach statt. Die mit Lichtgeschwindigkeit übertragenen Signale werden für die Strecke von der Cassini-Sonde zur Erde rund 83 Minuten benötigen, da Saturn gegenwärtig 1,5 Milliarden Kilometer von der Erde entfernt ist.

Eingefangen oder originär?

Die Aufnahmen des Spektrometers VIMS (Visual and Infrared Mapping Spectrometer) ermöglichen die Analyse der chemischen und mineralogischen Zusammensetzung der Phoebe-Oberfläche. „Diese Untersuchungen“, so Dr. Jaumann, „könnten die Frage klären, ob Phoebe ein von der Schwerkraft des Saturn ‚eingefangener‘ Asteroid mit noch unveränderter Zusammensetzung ist, also kein originärer Saturnmond. Das vermuten wir, weil es nach bisherigem Kenntnisstand so aussieht, als ob wir es hier mit einem chemisch sehr primitiven, kohlenstoffhaltigen Körper zu tun haben, dessen Bestandteile im solaren Urnebel kondensierten.“

Am DLR erfolgte ein Teil der sekundengenauen Beobachtungsplanung für VIMS mit dem Ziel, eine vollständige Abdeckung des Mondes mit Spektralmessungen in hoher Auflösung zu erreichen. Die räumliche Auflösung der Spektrometerdaten wird unter einem Kilometer pro Datenpunkt liegen und dies in 352 unterschiedlichen, sehr engen Spektralkanälen in den Wellenlängen zwischen 350 und 5000 Nanometer (millionstel Millimeter). Damit will die VIMS-Gruppe von Dr. Jaumann kartographisch präzise globale „Spektralkarten“ des Mondes erstellen, aus denen die chemisch-mineralogische Zusammensetzung der Oberfläche herausgelesen werden kann.

Bilder in Echtfarben und in sehr hoher Auflösung wird die Kamera ISS (Imaging Sub System) an Bord von Cassini liefern. In Berlin-Adlershof sollen mit diesen hochauflösenden Bildern genaue topographische Karten von Phoebe erstellt werden. Die bisher einzigen existierenden Bilder des steinernen Winzlings stammen vom Vorbeiflug der amerikanischen Raumsonde Voyager 2 in zwei Millionen Kilometer Entfernung im September 1981 und zeigen den Trabanten mit gerade mal elf Pixeln Durchmesser, die kaum Strukturen erkennen lassen – Cassini wird also zweitausendmal bessere Bilder aufnehmen.

(DLR, 09.06.2004 – NPO)

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